Extraversion, Extrovertiertheit (Psychologie, Psyche)

Extraversion, Extrovertiertheit
(Psychologie, Psyche)

Persönlichkeitspsychologie

Definition

Das Persönlichkeitsmerkmal der Extraversion (umgangssprachlich auch Extroversion) verhält sich komplementär bzw. gegensätzlich zur Introversion, wobei beide zusammen eine zentrale Dimension menschlicher Persönlichkeitstheorien bilden.

Die Begriffe wurden durch Carl Jung populär, obwohl sowohl das populäre Verständnis und die psychologische Nutzung sich mittlerweile von seiner ursprünglichen Absicht unterscheiden. Extraversion neigt dazu, sich im nach außen gerichtetem, gesprächigem, energetischem Verhalten zu manifestieren, während Introversion sich in zurückhaltenderen Verhaltensweisen und mit sich selbst verbrachter Zeit manifestiert. Praktisch alle Persönlichkeitsmodelle umfassen diese Konzepte in verschiedenen Formen.

Sind Extravertierte ausschließlich proaktive Teamplayer?

23.10.2016 Bislang wurde immer angenommen, dass extravertierte Persönlichkeiten grundsätzlich einen Vorteil für Gruppen- bzw. teambasierte Arbeit mit sich bringen.

Eine neue im Fachblatt Journal of Organizational Behavior veröffentlichte Studie eines internationalen Forscherteams legt aber nahe, dass Extrovertierte (fachlich: Extravertierte) auch Konflikte und Stress in der Gruppe vergrößern können.

teamwork
Bild: ArtsyBee

Während man lange annahm, dass Extravertierte ausschließlich zum Vorteil von gruppenbasierter Arbeit wären, war es doch unklar, was genau dieser Nutzen wäre oder wie extravertierte Personen diesen Vorteil erlangen.

Positiver Einfluss, proaktive Teamplayer

Die neue Studie zeigt, dass Extravertierte tatsächlich ein Team und dessen Mitglieder zu mehr Energie verhelfen – energetischere Beziehungen knüpfen – können, wenn sich die Gruppe über ihre Ziele und den Weg dahin einig ist.

Infolgedessen werden sie als proaktive Teamplayer wahrgenommen – zum Beispiel, indem sie neue Ideen vorschlagen oder Vorschläge für Verbesserungen anbieten.

Negativer Einfluss bei Unstimmigkeiten

Gibt es jedoch in der Gruppe Konflikte, scheint sich dieser Vorteil umzukehren.

Extravertierte bringen dann weniger Energie ins Team und werden auch weniger als proaktiv wahrgenommen. In diesen Situationen können sie Ideen in einer dominanten, unnachgiebigen oder sogar aggressiven Weise versuchen durchzusetzen, wodurch die Konflikte innerhalb des Teams verlängert werden können.

In der Studie wurden 27 Projekt-Teams bei ihrer Bildung, Maximalleistung und nachdem sie aufgelöst wurden von den Forschern beobachtet.

Die Gruppen sollten über Konflikte und über die Häufigkeit der Kommunikation und der zwischen den Teammitgliedern während der dreieinhalb-monatigen Projektzeit gebildeten Beziehungen berichten.

Studienleiterin Prof. Alexandra Gerbasi vom Fachbereich für Psychologie sagte, dass bei den Veränderungen in den Organisationsstrukturen hin zu einer immer mehr zusammenarbeitenden, teambasierten Arbeit es oft angenommen wurde, dass Extravertierte immer auch einen Vorteil für die Gruppenarbeit mit sich bringen.

Die Befunde legen aber nahe, dass dies nur gilt, solange es Einvernehmen in der Gruppe gibt. Gibt es Konflikte, schreien die Extravertierten am lautesten, und zeigen eine weniger wünschenswerte und unproduktive Seite ihrer Extraversion, sagte die Psychologin.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Center for Creative Leadership in North Carolina, Erasmus University, Grenoble Ecole de Management, Cornell University, Journal of Organizational Behavior, DOI: 10.1002/job.2087; Okt. 2016

Persönlichkeit, Einkommen und kompensatorischer Konsum: Geringverdienende Extrovertierte geben mehr für Statusgüter aus

23.08.2017 Menschen, die extravertiert (im allgemeinen Sprachgebrauch auch extrovertiert genannt) und ein niedriges Einkommen haben, kaufen sich mehr Luxusgüter (s.a. Psychologie des Luxus) als ihre introvertierten Gegenstücke, um das Gefühl eines niedrigen finanziellen Status zu kompensieren.

Menschen mit einem niedrigen Einkommen fühlen sich oft in der Gesellschaft sozial zurückgesetzt und opfern einen höheren Prozentsatz ihres Geldes für Waren und Dienstleistungen, die einen hohen Status haben.

Finanzielle Probleme durch inadäquaten Lebensstil

Die Psychologen Joe Gladstone und Blaine Landis vom University College London konnten zeigen, dass die Persönlichkeit ein wichtiger Faktor dabei ist, wie die Menschen auf das Leben mit begrenzten Ressourcen reagieren. Es wird durch die Befunde klarer, warum Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsprofilen sich wahrscheinlicher in finanzielle Probleme bringen.

kaufen-frau
Bild: Vera Kratochvil

Bisherige Forschungsarbeiten konnten zeigen, dass geselligere und mehr “aus sich herausgehende” Menschen eher um ihren sozialen Status besorgt sind als andere. Die neue psychologische Studie zeigt, dass extravertierte Menschen mit einem niedrigeren Einkommen proportional mehr für Statusgüter ausgeben als introvertierte Personen auf dem gleichen Einkommensniveau.

Introvertierte passten ihre Ausgaben eher ihren Einnahmen an

Bei höheren Einkommen verringerte sich der Unterschied bei den Ausgaben, da introvertierte Menschen dann auch mehr Statusgüter kaufen.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit einer in Großbritannien ansässigen multinationalen Bank durchgeführt. Die Kunden wurden gefragt, ob sie einen Standard-Persönlichkeitsfragebogen abschließen und sich damit einverstanden erklären, dass ihre Antworten anonym für Forschungszwecke mit den Daten ihrer Banktransaktionen verwendet werden.

Die Studie analysierte Tausende von Transaktionen von 718 Kunden über 12 Monate. Die Ergebnisse berücksichtigten andere Faktoren, die die Ausgabengewohnheiten beeinflussen könnten, wie Alter, Geschlecht, Beschäftigungsstatus, und ob die Kunden Kinder hatten. Die Bargeldausgaben wurden ebenfalls berücksichtigt.

Die Daten der einzelnen Personen wurden in einer Reihe von Ausgabenkategorien von 1 (sehr niedriger Status) bis 5 (sehr hoher Status) eingestuft. High-Status-Kategorien (d.h. diejenigen mit durchschnittlichen Scores von 4 oder 5) beinhalteten z.B. Flugreisen ins Ausland, Golfspielen, Elektronikartikel und Kunstinstitutionen, während Low-Status-Kategorien (d.h. diejenigen mit durchschnittlichen Scores von 2 oder 1) z.B. Discounter waren.

Die psychologischen Befunde machen klar, dass eine extravertierte Persönlichkeit für Einkommensschwache ein Antrieb darstellt, mehr Luxusgüter zu kaufen, und zwar höchstwahrscheinlich deshalb, um einen wahrgenommenen niedrigen sozialen Status zu kompensieren, der von Introvertierten als nicht so stark empfunden wird, sagte Landis.

Weitere Forschungen sind nötig, schreiben die Psychologen, um herauszufinden, ob die Beziehung kausal ist, und ob die Ergebnisse repräsentativ für die Bevölkerung sind.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University College London; Aug. 2017

Weitere News-/Forschungsartikel