Der Glaube an Wunder (Psychologie)

Der Glaube an Wunder (Psychologie)

Religionspsychologie / Spiritualität

Menschen, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlen, glauben eher an Wunder

23.08.2020 Menschen, deren Existenz / Leben bedroht ist – einschließlich wirtschaftlicher und politischer Instabilität – scheinen eher an Wunder zu glauben bzw. sie zu erleben laut einer in Review of Religious Research veröffentlichten sozialpsychologischen Studie.

Zwar haben viele Sozialpsychologen die Auswirkungen religiöser Erfahrungen untersucht, doch was eine Person zu Wundererfahrungen bringt, wurde bisher wenig beachtet, sagt Studienautor Ed Eschler von der Baylor-Universität.

Eschler untersuchte die Häufigkeit von “erlebten” Wundern in Lateinamerika anhand von Daten aus einer Umfrage des Pew Research Center 2013 über religiöse Überzeugungen und Erfahrungen. Es wurden die Daten von 15.400 Befragten aus 16 Ländern analysiert.

Definition von Wunder in der Studie

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Bild: OpenClipart-Vectors

Für die Studie definierte er Wunder als jede Erfahrung, bei der eine Person glaubt, dass ein Ereignis oder ein Ausgang von übernatürlichen Einflüssen beeinflusst wurde.

Es ist verlockend, an Wunder im biblischen Maßstab zu denken: Moses, der das Rote Meer teilt, und Jesus, der den Blinden das Augenlicht wiedergibt, sagte Eschler. Wenn ich jedoch nicht die falschen Zeitungen gelesen habe, schließt dieses Denken die gelebten Erfahrungen der meisten Menschen aus.

Es gibt die gesellschaftliche Annahme, dass wohlhabende und gebildete Menschen wissenschaftliche, “rationalere” Erklärungen für diese Ereignisse bevorzugen, sagt er. Es gibt jedoch immer mehr Anzeichen dafür, dass es mehr mit der Sicherheit zu tun hat, die wohlhabendere und gebildete Menschen besitzen: Personen, die weniger existenzielle Bedrohungen erleben, verlassen sich eher nicht auf religiöse Erklärungen von Ereignissen.

Wer erlebt eher Wunder?

Dr. Eschler untersuchte, inwieweit das Erleben von Wundern mit Bildung, sozioökonomischen Status, finanzieller Unsicherheit, kulturellem Traditionalismus und verschiedenen religiösen Variablen zusammenhing.

  • Er stellte fest, dass Bildung und sozioökonomischer Status wenig mit der Zahl der erlebten Wunder korreliert waren;
  • dagegen gab es einen positiven Zusammenhang zwischen Wundererfahrungen und finanzieller Unsicherheit.
  • Außerdem glaubten mehr Protestanten als Katholiken, dass sie göttliche Erscheinungen erlebt hatten.

Dies legt nahe, dass sowohl die religiöse Sozialisation als auch die existentielle Bedrohung erklären, warum Menschen Wunder erleben, sagt der Autor.

Eschler fand heraus, dass am ehesten eine ältere, schwarze, pfingstlich-protestantische Frau mit stark vertretenen traditionellen sozialen und religiösen Überzeugungen ein Wunder erlebt, die sich über ihre finanzielle Zukunft unsicher ist – einschließlich der Probleme, Gesundheitsversorgung, Kleidung oder Lebensmittel zu bezahlen.

Das Gegenteil gilt für eine junge, weiß/mestizistische Katholikin mit weniger traditionellen sozialen und religiösen Überzeugungen, die finanziell abgesichert ist. Aber jede Gruppe hat Mitglieder, die Wunder erlebt haben.

Die Wohlhabendsten und Gebildesten werden mit großer Wahrscheinlichkeit Wunder erfahren, wenn ihr Leben unsicher wird oder bedroht ist, schließt Eschler.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Review of Religious Research – DOI: 10.1007/s13644-020-00419-w