Störung des Sozialverhaltens (Gehirn)

Störung des Sozialverhaltens (Gehirn)

Verhaltenspsychologie – Verhaltensstörungen

Studie untersuchte die Gehirnvernetzung von jungen Menschen mit Sozialverhaltensstörung

03.05.2018 Eine im Fachblatt Social Cognitive and Affective Neuroscience veröffentlichte Studie hat untersucht, warum junge Menschen mit den schwersten Formen antisozialen Verhaltens Probleme haben, ihre Emotionen zu kontrollieren und zu regulieren, und dadurch anfälliger für Ängste oder Depressionen sein könnten.

Die Studie untersuchte mit Hilfe von bildgebenden Verfahren die Gehirne junger Menschen mit einer Störung des Sozialverhaltens – gekennzeichnet durch z.B. Symptome wie Ungehorsam, Streiten oder Tyrannisieren, häufige oder schwere Wutausbrüche, Grausamkeit gegenüber anderen Menschen oder Tieren, Destruktivität gegenüber Eigentum, Zündeln, häufiges Lügen, Schulschwänzen, sowie körperliche Gewalt und Waffengebrauch in extremeren Fällen.

Forscher der Universitäten Bath, Cambridge und des California Institute of Technology wollten mehr über die Vernetzung des Gehirns bei Jugendlichen mit diesen Verhaltensstörungen erfahren und die Konnektivität mit der Schwere der Verhaltensstörung und den “psychopathischen Eigenschaften” verbinden – welche mit Defiziten bei Schuld, Reue und Empathie verbunden sind.

Die Amygdala und ihre Verbindungen

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Bild: Eine der beiden Amygdalae

Durch funktionelle MRT-Untersuchungen von jungen Menschen mit einer Störung des Sozialverhaltens sowie sich normal entwickelnden Teenagern analysierte das Team die Amygdala – einen wichtigen Teil des Gehirns, der für das Verständnis der Emotionen anderer wichtig ist – und wie sie mit anderen Teilen des Gehirns kommuniziert.

Frühere Studien des Forscherteams zeigten, dass Jugendliche mit diesen Verhaltensstörungen Probleme haben, wütende und traurige Gesichtsausdrücke (Mimik) zu erkennen, und so war der Zweck dieses Experiments, herauszufinden, was auf der Ebene des Gehirns schief läuft, das dies erklären könnte.

Sie fanden heraus, dass Jugendliche mit einer Sozialverhaltensstörung deutlich geringere Amygdala-Reaktionen auf wütende und traurige Gesichter zeigten.

Patienten mit Amygdala-Schäden zeigen eine Reihe von Problemen, wie das Erkennen der Emotionen anderer, und angesichts der Ähnlichkeiten im Verhalten zwischen diesen Patienten und Jugendlichen mit einer Störung des Sozialverhaltens hatten Wissenschaftler zuvor angenommen, dass die Amygdala in irgendeiner Weise beschädigt oder gestört sein könnte.

Verbindung zwischen der Amygdala und dem präfrontalen Cortex

Als die Forscher die Verbindung zwischen der Amygdala und dem präfrontalen Cortex des Gehirns – der Region, die für die Entscheidungsfindung und Verhaltenshemmung verantwortlich ist – analysierten, fanden sie überraschende Hinweise, die erklären könnten, warum bestimmte Gruppen von Jugendlichen mit Verhaltensstörungen Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu kontrollieren.

Im Gegensatz zu früheren Annahmen zeigten Jugendliche mit sozialer Verhaltensstörung und hohen psychopathischen Merkmalen eine normale Konnektivität zwischen der Amygdala und dem präfrontalen Cortex, während die Teilnehmer nur mit einer Störung des Sozialverhaltens eine anormale Konnektivität zwischen diesen Hirnarealen zeigten.

Dr. Graeme Fairchild vom Fachbereich Psychologie der Universität Bath erklärt: Diese Ergebnisse mögen erklären, warum junge Menschen mit Verhaltensstörungen, aber ohne psychopathische Eigenschaften, Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu kontrollieren – besonders die starken negativen Emotionen wie Wut.

Psychische Probleme

Die Teile des Gehirns, die normalerweise an der Regulation der emotionalen Teile des Gehirns beteiligt sind, scheinen bei Jugendlichen mit einer sozialen Verhaltensstörung weniger dazu in der Lage zu sein.

Im Laufe der Zeit könnte dies dazu führen, dass sie komorbide psychische Störungen wie Depressionen oder Ängste entwickeln, während Jugendliche mit psychopathischen Merkmalen vor der Entwicklung solcher Probleme geschützt sein könnten.

Diese Studie zeigt, dass es wichtige Unterschiede zwischen Jugendlichen mit hohen und niedrigen psychopathischen Merkmalen in der Vernetzung des Gehirns geben kann, schreiben die Autoren.

Psychologische Behandlungen

Die Ergebnisse könnten klinische Auswirkungen haben, denn sie deuten darauf hin, dass psychologische Behandlungen, die die Fähigkeiten zur Emotionsregulation verbessern, bei Jugendlichen mit einer alleinigen Störung des Sozialverhaltens wahrscheinlich effektiver sind als in der psychopathischen Untergruppe, schreiben die Psychologen.

Das Wissenschaftlerteam hofft nun, ihre Befunde können zu gezielteren Interventionen für diese unzureichend erforschte und oft missverstandene Störung führen, um den Betroffenen und ihren Familien besser zu helfen.

Dabei könnten Neurofeedback-Methoden zum Einsatz kommen, die junge Menschen darin trainieren, die Aktivität in bestimmten Teilen ihres Gehirns mittels MRT zu kontrollieren, schließen die Psychologen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Social Cognitive and Affective Neuroscience (2018). DOI: 10.1093/scan/nsy019

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