Musik und Traurigkeit

Wie Musik Traurigkeit hervorruft

16.07.2018 Musik kann verschiedene Emotionen transportieren bzw. beim Hörer hervorrufen. Aber die Details, wie diese Verbindung zwischen Performance und Emotion funktioniert, sind weitgehend rätselhaft.

Eine neue im Fachblatt Music Perception veröffentlichte Studie beleuchtet, wie ein Komponist Traurigkeit in ein Orchesterstück oder andere Musikwerke bringen kann.

Das Soloinstrument

Der Solist erweist sich als ein wichtiges Element, zeigt eine musikpsychologische Forschungsarbeit von Niels Chr. Hansen von der Ohio State Universität. Orchestrale Passagen mit traurigen Charakteristika sind doppelt so häufig mit Soli besetzt.

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Bild: Gerd Altmann

Komponisten treffen kreative Entscheidungen über ihre Stücke auf der Grundlage einer Vielzahl von Faktoren, aber einer der möglichen Gründe für Solos kann sein, dass sie Gefühle der Isolation, Einsamkeit oder Verletzlichkeit vermitteln, sagte Hansen.

Hansen und Studienkoautor Musikprofessor David Huron untersuchten mit psychologischen Methoden diese musikalisch-emotionale Verbindung, um die Theorie hinter dem Einsatz des Soloinstruments in einer Orchesterkomposition besser zu verstehen.

Die Forscher charakterisierten 330 zufällig ausgewählte Ausschnitte als Soli oder nicht Soli und analysierten dann unabhängig dieselben Passagen auf der Grundlage von sieben musikalischen Merkmalen, die zuvor mit traurigen Affekten verbunden waren.

Musikalische mit Traurigkeit verbundene Merkmale

Dazu gehören Modus (Verwendung von Dur- oder Moll-Tonart), Tempo, Dynamik, Artikulation, rhythmische Tonverbindung, relative Tonhöhe und Tonumfang.

Passagen, die als traurig / entspannt charakterisiert wurden, enthielten doppelt so wahrscheinlich – 74 Prozent, verglichen mit 37 Prozent der nicht-traurigen Ausschnitte – eine Solo-Performance.

Diesen Vergleich verfolgten die Forscher mit einer weiteren statistischen Analyse, um festzustellen, ob die sieben „traurigen“ Faktoren die Wahrscheinlichkeit eines Solos vorhersagen können.

Als Ganzes taten sie das. Aber als die Musiktheoretiker die Faktoren trennten, prognostizierten nur zwei unabhängig voneinander die Wahrscheinlichkeit eines Solos in der musikalischen Passage voraus – Legato-Artikulation (d.h. die Töne sind sanft, ‚glatt‘ und verbunden) und ruhige Dynamik.

‚Traurige‘ Instrumente

Frühere Arbeiten von Huron und Kollegen von der Ohio State ordneten Instrumente nach ihrer Fähigkeit, Traurigkeit hervorzurufen, und viele der traurigsten werden häufig in Solos in melancholischen Kompositionen aufgeführt.

Ganz oben auf der Liste: das Cello, die menschliche Stimme, die Geige, die Bratsche und das Klavier. Perkussionsinstrumente wie Tamburin und Snare Drum waren am wenigsten dafür geeignet, Traurigkeit zu vermitteln.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Music Perception: An Interdisciplinary Journal, Vol. 35 No. 5, June 2018; (pp. 540-560) DOI: 10.1525/mp.2018.35.5.540

Einfluss schöner, trauriger Musik auf die Stimmung

Eine weitere Studie untersucht den Einfluss von Musik auf die Stimmung: Warum kann schöne, aber auch als traurig wahrgenommene Musik für eine bessere Stimmung sorgen, wenn man sich schlecht fühlt.

Psychologen der Universitäten von Kent und Limerick baten 220 Menschen, sich an ein negatives emotionales Ereignis ihrer Vergangenheit zu erinnern. Anschließend sollten sie sich Musik anhören, die sie für traurig hielten.

Diese selbstgewählte traurige Musik wurde hinsichtlich der Wirkung eingeschätzt, die sie auf die Stimmung der Teilnehmer hatte, und auf die Überlegungen, die der Wahl zugrundelagen.

Die einzig erfolgreiche Strategie, die eine direkte Stimmungsaufhellung zur Folge hatte, war Musik auszuwählen, die man als schön wahrnahm. Tatsächlich war das Ziel der Teilnehmer oftmals nicht, ihr Wohlbefinden zu verbessern.

Wählten sie aber Musik aus, um bestimmte Erinnerungen auszulösen, hatte es eher eine negative Wirkung.

Dr Annemieke van den Tol sagte in der Zeitschrift Psychology of Music: „Wir entdeckten, dass die Musikwahl der Teilnehmer mit den eigenen Erwartungen der Person an das Hören der Musik verknüpft ist, und an deren Wirkung auf sich.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychology of Music / Universitäten von Kent und Limerick, Feb. 2014

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