Aschenputtel-Effekt (Psychologie)

Definition

In der Evolutionspsychologie ist der Aschenputtel-Effekt (engl. Cinderella effect) das Phänomen einer höheren Auftretensrate verschiedener Formen von Kindesmisshandlungen, Mord und Misshandlung durch Stiefeltern im Vergleich zu den biologischen Eltern. Seinen Namen hat das Phänomen von der Märchenfigur Aschenputtel.

Evolutionspsychologen beschreiben die Wirkung als Nebenprodukt einer Wahrnehmungsverzerrung gegenüber Verwandten und eines Konflikts zwischen reproduktiven Partnern von Investitionen in junge Menschen, die nicht aus Beziehungen mit einem Partner hervorgingen. Es gibt sowohl unterstützende Belege für diese psychologische Theorie als auch Kritik daran.

Kindsmord kann eher durch Alter als durch Aschenputtel-Effekt erklärt werden

24.09.2018 Langjährige Annahmen, dass Stiefväter viel wahrscheinlicher für den Tod von Kindern verantwortlich sind als genetische Eltern wird von einer neuen im Fachblatt Journal of Experimental Psychology: General publizierten psychologischen Studie in Frage gestellt.

Etwa 20 Kinder werden jedes Jahr in England und Wales von ihren Vätern getötet – und Stiefväter werden in einem Viertel dieser Fälle als Täter registriert. Während also nur sehr wenige Stiefeltern eine Bedrohung für ihre Kinder darstellen, sind die Zahlen immer noch höher, als man angesichts des relativ geringen Anteils von Kindern mit Stiefvätern erwarten würde.

Unterschiede wahrscheinlich aufgrund biologischer Beziehung

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Bild: Gerd Altmann

Die Ergebnisse einer neuen Studie unter der Leitung von Psychologen der Universität East Anglia deuten jedoch darauf hin, dass die Unterschiede bei der Rate der Kindermorde durch Stiefväter und genetische Väter wesentlich geringer sind als von früheren Forschungsbefunden behauptet, und dass diese Unterschiede wahrscheinlich nicht durch eine biologische Beziehung erklärt werden können.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das relative Alter der Väter, die an diesen Verbrechen beteiligt sind, bedeutender als die biologische Verwandtschaft ist.

Die Forscher überprüften Daten aus dem UK Home Office Homicide Index zwischen 2000 und 2015 und verglichen sie mit detaillierten Bevölkerungsdaten aus drei großen Umfragen für den gleichen Zeitraum.

Der Aschenputteleffekt

Der Aschenputtel-Effekt ist eine Theorie, die erstmals in der Psychologie in den 1970er Jahren auftauchte, und die einen direkten Zusammenhang zwischen Stief-Beziehungen und Kindesmissbrauch oder Mord nahelegt.

Psychologen, die die Theorie unterstützen, behaupten, dass Stiefväter keinen genetischen Grund haben, elterliche Ressourcen in ein Kind zu investieren, mit dem sie nicht biologisch verwandt sind, und so sind sie eher bereit, diese Kinder zu misshandeln, zu missbrauchen oder sogar zu töten.

Kindsmord

Aber frühere Studien zu Kindsmord betrachteten nur die Zahlen von Kindern im Alter zwischen 0 und 5 Jahren. Die aktuelle Studie erweiterte die Altersspanne auf Kinder im Alter zwischen 0 und 17 Jahren und fand nur einen geringen Unterschied zwischen der Mordrate von Stiefvätern und genetischen Vätern.

Das Forscherteam betrachtete auch das Alter der an Kindermorden beteiligten Väter, ein Aspekt, der in früheren Studien ebenfalls nicht berücksichtigt wurde.

Väter jüngeren Alters

Sie fanden heraus, dass die meisten wegen dieser Verbrechen verurteilten Männer relativ jung waren, und das galt sowohl für Stiefväter als auch für genetisch verwandte Väter.

Im Allgemeinen deuten die Daten darauf hin, dass jüngere Väter ihre Kinder eher missbrauchen oder töten als ältere Väter, unabhängig davon, ob sie Stiefväter sind, sagte Studienleiter Dr. Gavin Nobes.

Außerdem zeigen die Bevölkerungsumfragen, dass Stiefväter im Durchschnitt viel jünger sind als genetische Väter. Das bedeutet, dass der Aschenputtel-Effekt zumindest teilweise durch die relative Jugend der Stiefväter erklärt werden kann, statt durch die biologische Verwandtschaft.

Mögliche Gründe

Es gibt viele mögliche Gründe für den Zusammenhang zwischen dem elterlichen Alter und der Misshandlung von Kindern: Junge Eltern sind eher einkommensschwach, vielleicht mit einer geringeren Bildung ausgestattet und möglicherweise weniger gut gerüstet, um den Stress der Elternschaft zu bewältigen, schreiben die Psychologen.

Ein weiterer Grund, warum der Aschenputtel-Effekt weiterhin Aufmerksamkeit erregt, ist, dass Personen, die Gewalt gegen Kinder ausüben, manchmal als „Stiefvater“ registriert werden, auch wenn sie es nicht sind. Viele können kurzfristige oder gelegentliche Partner der Mutter sein, ohne signifikante Beziehung zum Kind, und nicht einmal mit ihnen zusammen leben, schließen die Wissenschaftler.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Experimental Psychology: General – doi.org/10.1037/xge0000492

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