Paartherapie zur Verbesserung des sexuellen Verlangens

Durchführbarkeit einer kognitiv-behavioralen Paartherapie bei Störungen des sexuellen Interesses und der sexuellen Erregung

Paartherapie zur Verbesserung des sexuellen Verlangens

16.07.2024 Nachlassendes sexuelles Verlangen ist die häufigste sexuelle Beeinträchtigung bei Frauen und betrifft 30 bis 40 % der weiblichen Erwachsenen. Bei 7 % bis 23 % von ihnen verursacht die Lustlosigkeit zudem erhebliche Probleme. Die Störung, die offiziell als Störung des sexuellen Interesses / der sexuellen Erregung (SAID; oder sexuelle Appetenzstörung) bezeichnet wird, wird durch spezifische diagnostische Kriterien definiert, die im DSM-5 festgelegt sind.

Obwohl geringe sexuelle Lust weit verbreitet ist und sich auf die psychische Gesundheit, das sexuelle Funktionieren und die Beziehungsqualität von Frauen und ihren Partnern auswirkt, gab es bisher nur wenige evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten.

Eine neue kognitive Verhaltenstherapie für Paare (CKVT; cognitive-behavioral couple therapy) wurde vor kurzem von Sophie Bergeron, Professorin für Psychologie an der Universität von Montreal und Inhaberin des kanadischen Forschungslehrstuhls für intime Beziehungen und sexuelles Wohlbefinden, in Zusammenarbeit mit Natalie O. Rosen von der Dalhousie University und Katrina Bouchard von der University of British Columbia erprobt und standardisiert.

Sie führten eine Machbarkeitsstudie durch, wonach die KVT für Paare zu moderaten bis signifikanten Verbesserungen bei den Hauptsymptomen der sexuellen Appetenzstörung führte, nämlich geringes dyadisches sexuelles Verlangen und sexueller Distress. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift The Journal of Sex Research veröffentlicht. Eine randomisierte klinische Studie wird im Januar 2025 beginnen, um die Ergebnisse zu validieren.

Ein Problem für beide Partner

Die von Bergeron und ihren Kollegen entwickelte Intervention zielt direkt auf den zwischenmenschlichen Charakter der mit dem verminderten sexuellen Verlangen verbundenen Probleme ab.

„Sexuelle Appetenzstörungen werden stark von zwischenmenschlichen Faktoren beeinflusst. Sie haben weniger mit biomedizinischen Aspekten zu tun als vielmehr mit der Art und Weise, wie Paare miteinander umgehen“, erklärte sie. „Das bedeutet, dass wir einen geringen Sexualtrieb als ein paarbezogenes und nicht als ein individuelles Problem begreifen müssen.

Die Intervention konzentriert sich auf Kommunikation, Akzeptanz, Offenheit und Verletzlichkeit zwischen den Partnern. Sie beginnt mit dem Aufbau eines Gefühls der Intimität innerhalb des Paares, da dies ein Schutzfaktor für das sexuelle Verlangen ist.

„Frauen berichten von einem größeren sexuellen Interesse, wenn sie sich ihrem Partner nahe fühlen und wissen, dass sie ihre Gedanken mitteilen können und ihnen mit Einfühlungsvermögen und Verständnis begegnet wird“, so Bergeron, die auch das Interdisziplinäre Forschungszentrum für Probleme in Paarbeziehungen und sexuellen Missbrauch leitet.

Die kognitive Verhaltenstherapie für Paare ermutigt die Paare, offen über Sexualität zu sprechen, was nach Ansicht der Forscherin oft eines der schwierigsten Themen für Paare ist. Die Paare lernen, ihre Bedürfnisse, Vorlieben und Bedenken zu äußern, ohne Angst zu haben, die Gefühle des anderen zu verletzen.

Die Behandlung umfasst in erster Linie angeleitete Gespräche mit einem Therapeuten, aber auch Übungen, die zu Hause durchgeführt werden können, wie z. B. Sensate-Focus-Sitzungen, die darauf abzielen, Berührungen auf eine nicht fordernde Weise wieder einzuführen.

Entstigmatisierung führt zu Besserung

Ein wichtiger Teil der Intervention besteht darin, sexuelle Mythen zu entlarven, insbesondere solche, die bei Frauen mit geringem sexuellem Appetit Schuldzuweisungen und Schuldgefühle auslösen.

„Wir arbeiten daran, die Frau von der Störung zu entkoppeln und gleichzeitig ihre Erfahrung zu normalisieren und zu entdramatisieren“, so Bergeron. „Und vor allem lenken wir den Fokus wieder auf das Vergnügen und die Qualität der sexuellen Beziehungen und nicht auf die Häufigkeit.“

Ihrer Ansicht nach scheint diese psychoedukative Komponente dazu beizutragen, die emotionale Belastung – die durch Scham und Frustration gekennzeichnet ist – zu lindern, die häufig mit einer sexuellen Appetenzstörung einhergeht.

© Psylex.de – Quellenangabe: The Journal of Sex Research (2024). DOI: 10.1080/00224499.2024.2333477

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