Misshandlung in der Kindheit und in der Folge auftretende Entzündungen
18.10.2020 Eine in Developmental Psychobiology veröffentlichte Studie zeigt, dass in der Kindheit misshandelte Mädchen in jungen Jahren höhere Entzündungswerte zeigen als misshandelte Jungen oder Kinder, die keinen Missbrauch erlebt haben.
Dieser Befund kann chronische psychische und körperliche Gesundheitsprobleme in der Mitte des Lebens prognostizieren, schreiben die Forschenden.
Die von der Psychologin Katherine Ehrlich geleitete Studie ist die erste, die den Zusammenhang zwischen Misshandlung und minder schweren Entzündungen in der Kindheit untersuchte, sagen die Studienautoren.
Entzündungen und chronische Krankheiten
Entzündungen spielen eine Rolle bei vielen chronischen Krankheiten – Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Fettleibigkeit – sowie bei den Folgen für die psychische Gesundheit, und die Ergebnisse legen nahe, dass der Zusammenhang zwischen Misshandlung und Entzündung nicht stillsteht, bevor er im Erwachsenenalter auftritt. Stattdessen zeigt die Studie, dass traumatische Erfahrungen eine viel unmittelbarere Auswirkung haben.
Zu den Teilnehmern der Studie gehörten 155 Kinder im Alter von 8-12 Jahren aus einkommensschwachen Verhältnissen, die an einem einwöchigen Tagescamp teilnahmen. Die Stichprobe war rassisch divers und umfasste misshandelte und nicht misshandelte Kinder.
Misshandlungserfahrungen
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Die Forscher erfassten detaillierte Informationen über die Exposition der Kinder gegenüber Misshandlung, indem sie die Aufzeichnungen des Department of Human Services über Misshandlungserfahrungen in Familien verwendeten.
Zu den dokumentierten Erfahrungen der Kinder gehörten Vernachlässigung (55%), emotionale Misshandlung (67%), körperliche Misshandlung (35%) und sexueller Missbrauch (8%). Viele Kinder erlebten mehr als eine Art von Misshandlung, und 35 % der Kinder erlebten Misshandlungen über mehrere Entwicklungsphasen hinweg.
Das Team maß fünf Biomarker für geringgradige Entzündungen anhand von nicht-nüchternen Blutproben der Kinder.
Mädchen zeigten höhere Werte bei den Entzündungsmarkern
Die Ergebnisse zeigten, dass Misshandlung in der Kindheit – bei Mädchen – mit einem höheren Grad an niedriggradigen Entzündungen in der späten Kindheit assoziiert war.
Mädchen, die über mehrere Phasen missbraucht worden waren oder mehreren Arten von Misshandlungen ausgesetzt waren, wiesen die höchsten Entzündungswerte auf.
Das größte Risiko für erhöhte Entzündungen bestand bei Mädchen, die früh im Leben – vor dem 5. Lebensjahr – misshandelt worden waren.
Bei den Jungen in der Studie spiegelte sich die Misshandlungserfahrung nicht in höheren Entzündungswerten wider, aber Psychologin Katherine B. Ehrlich von der University of Georgia warnte davor, hierzu frühzeitig Schlußfolgerungen zu ziehen, ohne zusätzliche, auf Jungen ausgerichtete Forschungsarbeiten – denn die Unterschiede könnten auf die verschobenen Entwicklungen zwischen den Geschlechtern zurückzuführen sein.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Developmental Psychobiology (2020). DOI: 10.1002/dev.22031