Hilft die emotionale Kompetenz, wenn man gemobbt wird?
30.06.2020 Es ist bekannt, dass Opfer von Mobbing ein höheres Risiko für spätere gesundheitliche und psychosoziale Probleme haben können. Allerdings gibt es ein breites Spektrum von unterschiedlichen Reaktionen bei den Opfern, und einige von ihnen leiden mehr andere weniger unter den Mobbingattacken.
Nach Ansicht von Forschern impliziert dies, dass es Faktoren geben könnte, die vor einigen Folgen von Mobbing schützen könnten. In einer Studie mit über 6.000 Jugendlichen in Japan fanden sie einen starken Faktor: die sogenannte emotionale Kompetenz.
Die Suche nach Schutzfaktoren gegen die negativen Auswirkungen von Mobbing
Yuhei Urano vom Fachbereich Psychologie der Universität Tokio und Kollegen untersuchten Schutzfaktoren gegen die negativen Auswirkungen der Viktimisierung durch Cybermobbing. Für ihre Studie analysierten sie Daten von 6.403 Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren (1.925 männlich, 4.478 weiblich).
Die Erhebungen untersuchten Fälle von Cyber-Mobbing-Viktimisierung und einen Querschnitt anderer persönlicher und sozialer Informationen. Dadurch konnten die Psychologen untersuchen, ob die Fähigkeit, mit Emotionen umzugehen – was als emotionale Kompetenz bezeichnet wird – mit der Schwere der Auswirkungen des Mobbings korreliert.
Was die Forscher fanden, mag zunächst kontraintuitiv erscheinen, aber nach sorgfältiger Analyse zeigten ihre Ergebnisse, dass höhere emotionale Fähigkeiten nicht immer mit einer besseren psychischen Gesundheit verbunden sind; je nach sozialem Kontext können sie die Dinge sogar noch verschlimmern.
Emotionale Kompetenz
Es hängt von der spezifischen emotionalen Kompetenz des Individuums ab, definiert als die Fähigkeit, Emotionen zu identifizieren, zu verstehen, auszudrücken, zu regulieren und einzusetzen.
Es gibt die intrapersonale emotionale Kompetenz, die Fähigkeit, mit den eigenen Emotionen umzugehen, und die interpersonale emotionale Kompetenz, die Fähigkeit, mit den Emotionen anderer umzugehen.
Die Psychologen nahmen an, dass die intrapersonale emotionale Kompetenz eine Pufferwirkung gegen Mobbing zeigt, weil die Fähigkeit, mit den eigenen Emotionen umzugehen, bekanntlich einen positiven Einfluss auf unsere psychische Gesundheit hat.
Auf der anderen Seite sollte zwischenmenschliche emotionale Kompetenz den gegenteiligen Effekt zeigen. Denn die Fähigkeit, emotionale Zustände bei anderen zu verstehen, kann den Einzelnen dazu ermutigen, über die Absichten des Mobbers nachzudenken.
Die psychologischen Befunde
Die psychologischen Ergebnisse zeigten deutliche direkte Auswirkungen von Mobbing-Viktimisierung auf die psychische Belastung (Distress) und das Selbstwertgefühl und bestätigten die negativen Auswirkungen der Viktimisierung.
Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass eine hohe intrapersonale emotionale Kompetenz die Beziehung zwischen Mobbing-Viktimisierung und psychischem Distress schwächte, während eine hohe interpersonale emotionale Kompetenz die Beziehung stärkte.
Es gab keine signifikanten Wechselwirkungen zwischen Mobbing-Viktimisierung und emotionaler Kompetenz bei der Prognose des Selbstwertgefühls.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Adolescence (2020). DOI: 10.1016/j.adolescence.2020.02.009
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