Psychologische Folgen / Auswirkungen einer Quarantäne
Quarantäne und die Psyche
Eine Quarantäne kann lang anhaltende Auswirkungen auf die Psyche haben
03.03.2020 Eine in The Lancet veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass eine Quarantäne lang anhaltende psychologische Auswirkungen haben kann.
Bild: George Hodan
Als Mittel zur Kontrolle des aktuellen COVID-19-Ausbruchs werden Menschen aufgefordert, sich zu Hause oder in einer speziellen Quarantäneeinrichtung zu isolieren.
Politiker und Entscheidungsträger z.B. im Vereinigten Königreich haben erklärt, dass Quarantäneentscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Virus selbst, aber auch auf den möglichen psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Quarantäne beruhen müssen.
Die vom National Institute for Health Research (NIHR) Health Protection Research Unit (HPRU) in Emergency Preparedness and Response finanzierte neue Studie hat die Forschung über die psychologischen Folgen aufgrund früherer Krankheitsausbrüche überprüft.
Die Forscher analysierten 24 Studien aus 10 Ländern, die Menschen mit schwerem akuten Atemwegssyndrom (SARS), Ebola, H1N1-Grippe, Middle East Respiratory Syndrome (MERS) und Pferdegrippe einschlossen.
Auswirkungen auf die Psyche
Die Studie zeigte ein breites Spektrum psychologischer Auswirkungen der Quarantäne, einschließlich posttraumatischer Stresssymptome (posttraumatische Belastungsstörungen – PTBS), Depressionen, Wut- und Angstgefühle sowie Substanzmissbrauch.
Einige dieser, insbesondere posttraumatischen Stresssymptome, erwiesen sich als lang anhaltend. Psychiatrisch vorbelastete Personen und die Mitarbeiter des Gesundheitswesens litten laut der psychologischen Forschungsarbeit unter größeren psychischen Auswirkungen einer Quarantäne.
Langfristige Auswirkungen
Hauptautorin Samantha Brooks vom Institut für Psychiatrie, Psychologie und Neurowissenschaften (IoPPN) des King’s College London sagte, dass die Studie die psychischen Auswirkungen der Quarantäne belegen würde. Eine Quarantäne sei eine isolierende und oft ängstigende Erfahrung, und die Studie hätte ergeben, dass sie negative Auswirkungen auf die Psyche hat.
Die Feststellung, dass diese Folgen auch noch Monate oder Jahre später – wenn auch nur in einer kleinen Anzahl von Studien – festgestellt werden können, sei besonders besorgniserregend und zeige, dass während der Quarantäne-Planungsprozesse Maßnahmen ergriffen werden sollten, um diese psychologischen Auswirkungen zu minimieren.
Mitarbeiter des Gesundheitswesens und psychiatrisch Vorerkrankte besonders gefährdet
Die Forschungsarbeit legt nahe, dass die Mitarbeiter des Gesundheitswesens besondere Aufmerksamkeit von ihren leitenden Angestellten und Kollegen verdienen, und Personen mit bereits vorhandener schlechter psychischer Gesundheit würden während der Quarantäne zusätzliche Unterstützung benötigen, schreibt sie.
Die Forschung untersuchte die Faktoren oder Stressoren, die für das Ausmaß der psychologischen Auswirkungen der Quarantäne ausschlaggebend waren, mit dem Ziel, Empfehlungen zur Minimierung der Auswirkungen auf die Psyche zu geben.
Weitere Einflussfaktoren
Die Studie stellte fest, dass längere Quarantänen mit einer schlechteren psychischen Gesundheit einhergehen.
Weitere Einflussfaktoren für die psychologischen Auswirkungen waren der Mangel an Grundversorgungsgütern wie Nahrung, Wasser und Kleidung sowie die unzureichende Information der Gesundheitsbehörden über den Zweck der Quarantäne und die Leitlinien für die zu ergreifenden Maßnahmen.
Was die Zeit nach der Quarantäne anbelangt, so wurden finanzielle Verluste aufgrund von Arbeitsunfähigkeit und Stigmatisierung der Krankheit selbst ebenfalls mit psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht.
Freiwillige vs. Zwangsquarantäne
Bislang wurden die psychologischen Auswirkungen einer obligatorischen (gesetzlich verpflichtenden bzw. zwangsweisen) vs. freiwilligen Quarantäne verglichen, aber die Studien wiesen darauf hin, dass die Hervorhebund des altruistischen Aspekts der Quarantäne im Hinblick auf die Sicherheit anderer Menschen den Stress und die Frustration der Situation leichter erträglich machen könnte, schreiben die Studienautoren.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: The Lancet (2020). DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30460-8
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