Warten (Psychologie)
Allgemeine Psychologie
Warum Warten aggressiv macht, und welche Denkweise dagegen hilft
24.02.2020 Niemand wartet gerne auf andere und Warten kann deshalb aggressiv machen. Eine im Journal of Organizational Behavior veröffentlichte psychologische Studie zeigt nun, dass unsere Reaktionen auf das Warten steuerbar sind, um Aggressionen zu reduzieren, die potenziell aus dem Warten resultieren können.
Wir verbringen einen Teil unseres täglichen Lebens mit Warten, und leider kann die Wartezeit aggressive Tendenzen schüren, sagt Dorit Efrat-Treister von der Ben-Gurion University of the Negev. Die Studie untersuchte deshalb die Beziehung zwischen Wartezeit, wahrgenommener Wartezeit und aggressiven Tendenzen aus einer Perspektive der konstruktiven Ebene.
Konstruktives und abstraktes Denken
Die konstruktive Ebene bezieht sich darauf, wie abstrakt oder konkret Menschen die Welt um sie herum wahrnehmen, verstehen und interpretieren.
Bild: pixabay
Im Allgemeinen führt abstraktes Denken zu besseren Ergebnissen, wie z.B. mehr Kreativität, einer breiteren Sichtweise und einem größeren Verständnis. In der aktuellen Studie zeigen die Forscher Michael Daniels und Sandra Robinson jedoch, dass abstraktes Denken auch in Stresssituationen, wie zum Beispiel beim Warten, zu unerwünschten psychologischen Ergebnissen führen kann.
Wenn man zum Beispiel auf jemanden wartet, der sich bei einem Termin verspätet, dann denkt man besser konstruktiv, z.B. in der Annahme, dass er im Stau stecken geblieben ist, als abstrakt: dass er einen nicht respektiert, sagt Efrat-Treister.
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Wenn jemand zu spät anruft, könnte man vielleicht abstrakt denken und annehmen, er missachtet einen (und die Zeit, die man beim Warten verbringt), wodurch Aggressionen entstehen können. Aber nimmt man an, er hätte die Nummer verlegt, oder dass er von einem anderen Anruf abgehalten wurde, wird man nicht so wütend.
Empfundene Wartezeit, Aggressivität abhängig von abstrakter Denkweise
In den psychologischen Experimenten arrangierten die Forscher Meetings von Teilnehmern in einem Labor, und allen wurde gesagt, dass der jeweilige Partner zu spät kommen würde. Sie saßen in getrennten Räumen und warteten jeweils 30 Sekunden, fünf Minuten oder 10 Minuten.
Teilnehmer, die zum abstrakten Denken angeregt wurden, empfanden die Wartezeit psychologisch als länger und reagierten aggressiver als diejenigen, die zum konstruktiven Denken angeregt wurden.
Generation Y und Z entwickelten hohes Ausmaß an Aggressionen
Die Teilnehmer der Generation Y (Generation, die im Zeitraum der frühen 1980er bis zu den späten 1990er Jahren geboren wurde) und Z (Nachfolger der Generation Y – überwiegend diejenigen, die zwischen 1997 bis 2012 geboren wurden) hatten eine besonders schwierige Zeit im Experiment ohne ihr Smartphone und begannen, auf die Schreibtische zu schlagen oder zu zappeln, und berichteten selbst über ein hohes Maß an Aggression, nachdem sie auch nur kurze Zeit gewartet hatten.
Die Wissenschaftler konnten so zeigen, dass der Grad der Abstraktheit beeinflusst, wie lange oder kurz man die tatsächliche Wartezeit wahrnimmt. Daher kann auch die Wahrnehmung der Wartezeit beeinflusst und so die Aggression bewältigt werden, schließt Efrat-Treister.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Organizational Behavior – https://doi.org/10.1002/job.2433