Unsere Emotionen prägen unsere Wahrnehmung
11.04.2018 Unser emotionaler Zustand in einem bestimmten Moment kann beeinflussen, was wir wahrnehmen / sehen laut den in Psychological Science veröffentlichten Ergebnissen einer aktuellen Studie.
Konstruktion der Wahrnehmung
Wir erkennen Informationen in der Welt nicht passiv und reagieren dann darauf – wir konstruieren Wahrnehmungen der Welt als Architekten unserer eigenen Erfahrung.
Unsere affektiven Gefühle sind ein entscheidender Faktor für die Erfahrung, die wir machen, erklären die Psychologen.
Das heißt, wir lernen die Welt nicht nur durch unsere äußeren Sinne kennen – wir sehen die Welt anders, wenn wir uns emotional gut oder schlecht fühlen.
Beeinflussung durch emotionale Stimmung
In früheren Studien fanden Erika Siegel vom Fachbereich Psychologie der Universität California, San Francisco und Kollegen heraus, dass die Beeinflussung der emotionalen Stimmung von Menschen außerhalb der bewussten Wahrnehmung ihre ersten Eindrücke von neutralen Gesichtern verschiebt, wodurch Gesichter mehr oder weniger sympathisch, vertrauenswürdig und zuverlässig wirkten.
In dieser Studie wollten sie untersuchen, ob die Veränderung der emotionalen Befindlichkeit der Teilnehmer außerhalb der bewussten Wahrnehmung tatsächlich beeinflussen könnte, wie sie neutrale Gesichter sehen.
Die Psychologen präsentierten den Teilnehmern Stimuli, ohne dass diese es wussten.
Sieh die Welt positiv, wenn sie lächelt
In einem Experiment wurde dem dominanten Auge von 43 Probanden eine Reihe blinkender Bilder vorgeführt, die sich zwischen einem pixeligen Bild und einem neutralen Gesicht abwechselten.
Bild: Camembert cracheur (pixabay)
Gleichzeitig wurde ein kontrastarmes Bild eines lächelnden, finsteren oder neutralen Gesichts dem nicht dominanten Auge präsentiert – normalerweise wird dieses Bild durch den Reiz des dominierenden Auges unterdrückt und die Teilnehmer nehmen es nicht bewusst wahr.
Am Ende jedes Versuches erschien eine Reihe von fünf Gesichtern und die Teilnehmer wählten dasjenige aus, das am besten zu dem Gesicht passte, das sie während der Studie gesehen hatten.
Das dem dominanten Auge der Teilnehmer präsentierte Gesicht war immer neutral. Aber die Probanden wählten eher lächelnde Gesichter, wenn das Bild, das außerhalb ihrer Wahrnehmung präsentiert wurde, eine lächelnde Person zeigte – im Gegensatz dazu, wenn neutrale oder finstere Gesichter gezeigt wurden.
In einem zweiten Experiment versuchten die Forscher, objektiv die Wahrnehmung zu erfassen und baten die Teilnehmer, die emotionale Orientierung des unterdrückten Gesichts zu erraten.
Diejenigen Probanden, die es richtig einschätzten (also besser als auf Zufallsniveau), wurden in den nachfolgenden Analysen nicht mehr berücksichtigt. Wiederum zeigten die Ergebnisse, dass die nicht gesehenen positiven Gesichter die Wahrnehmung des sichtbaren neutralen Gesichts veränderten.
Mentale von unseren emotionalen Erfahrungen durchdrungende Repräsentation der Welt
Siegel und Kollegen bemerken, dass ihre Ergebnisse weite, reale Auswirkungen haben könnten, die von alltäglichen zwischenmenschlichen Beziehungen bis hin zu Situationen mit schwerwiegenderen Folgen reichten, wie wenn z.B. ein Richter beurteilen muss, ob ein Angeklagter Reue zeigt.
Letztlich liefern diese Experimente einen weiteren Beleg dafür, dass das, was wir sehen, keine direkte Spiegelung der Welt ist, sondern eine mentale Repräsentation der Welt, die von unseren emotionalen Erfahrungen durchdrungen ist.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität California, San Francisco; Psychological Science (2018). DOI: 10.1177/0956797617741718
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