Was im Gehirn passiert, wenn es eine Diskrepanz zwischen Erwartung und Erleben gibt
18.06.2018 Eine im Fachblatt Nature Communications veröffentlichte Hirnstudie beschreibt die Rolle des menschlichen Mittelhirns (Mesencephalon) bei der ‚Identitätserwartung‘.
Wann immer es eine Diskrepanz zwischen dem gibt, was wir erwarten, und dem, was wir tatsächlich erleben, muss unser Gehirn den Fehler registrieren und unsere Erwartungen aktualisieren. Diese sich ändernden Erwartungen sind grundlegend für die Entscheidungsfindung.
Rolle des Mittelhirns
Bild: Mittelhirn (Gray)
Frühere Forschungen haben die Rolle des Mittelhirns beim Lernen über Präferenzen identifiziert. Die aktuelle von James D. Howard und Thorsten Kahnt von der Northwestern Universität durchgeführte Studie erforschte die Rolle des Mesencephalons bei der Kodierung von Identitätsfehlern und wie diese verwendet werden, um die Erwartungen im orbitofrontalen Cortex zu aktualisieren.
Die Forscher nehmen an, dass diese Identitätsfehler von Dopamin-Neuronen kodiert werden, weil diese Neuronen auch Fehler kodieren, die sich auf unsere Präferenzen beziehen. Vermutlich wird Dopamin am Axon-Terminal des Neurons im orbitofrontalen Cortex freigesetzt, wo es die Identitätsinformationen aktualisiert.
Um unterschiedliche Identitäten der Ergebnisse zu schaffen, verwendeten die Wissenschaftler Gerüche, die süßen und herzhaften Speisen entsprachen.
Veränderung der Identität
Hungrige Teilnehmer lernten durch wiederholtes Beobachten von Paaren Verknüpfungen zwischen visuellen Reizen und diesen Nahrungsgerüchen.
Unerwartet für den Teilnehmer wurde nach einiger Zeit von den Forschern die Identität des zu erwartenden Geruchs geändert.
Sie präsentierten einen anderen Essensgeruch (z.B. Schmorbraten), nachdem die Teilnehmer einen visuellen Reiz gesehen hatten, der zuvor mit einem anderen Geruch (z.B. Karamell) gepaart war.
Erhöhte Aktivität im Mittelhirn
Die Daten der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) zeigten, dass beim Auftreten eines unerwarteten Geruchs die Aktivität im Mittelhirn zunahm.
Darüber hinaus zeigte die Studie, dass zum Zeitpunkt der Präsentation des visuellen Reizes Muster der fMRT-Aktivität im orbitofrontalen Cortex die Identität des zu erwartenden Geruchs kodierten.
Aktualisierung der Erwartung
Nachdem sich der Zusammenhang zwischen Reiz und Geruch geändert hatte, änderten sich diese „Identitätserwartungen“ entsprechend.
Weitere Analysen zeigten, dass sich die Identitätserwartungen im orbitofrontalen Cortex proportional zur Größe der Reaktionen im Mesencephalon veränderten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Nature Communications, 2018; 9 (1) DOI: 10.1038/s41467-018-04055-5
Weitere News aus der Forschung dazu
- Rolle der Erwartungen bei Gestaltung der subjektiven Realität. Positive Erwartungen erleichtern die Belohnungsverarbeitung und negative Erwartungen fördern die Schmerzverarbeitung; asymmetrischer Placebo-Effekt als Reaktion auf scharfes Essen