Fett und Psyche / Gehirn
Gesundheitspsychologie – Stoffwechsel
Fett: News und Forschungsartikel, die sich mit den Auswirkungen der Fette auf das Gehirn und die Psyche (und umgekehrt) beschäftigen.
Kann unser Gehirn den Körper dazu bringen, mehr Fett zu verbrennen?
18.01.2015 Durch die Ausschüttung zweier Hormone reguliert das Gehirn das Körperfett. Forscher könnten einen effektiven Weg gefunden haben, in diese Mechanismen einzugreifen und so Fettleibigkeit – durch die Umwandlung von weißen in braunes Fett – entgegenzuwirken.
Zwei auf den Fettstoffwechsel wirkende Hormone
Professor Tony Tiganis und Kollegen von der australischen Monash Universität haben einen molekularen Mechanismus offengelegt, der zwei Hormone beinhaltet:
- Leptin, ein in Fettzellen produzierter Appetithemmer, und
- Insulin, in der Bauchspeicheldrüse generiert als Reaktion auf einen steigende Blutzuckerspiegel.
Bild: OctoMocto (Wiki)
Die Studie der Wissenschaftler zeigt, dass die beiden Hormone zusammen auf eine Gruppe von Neuronen im Gehirn wirken, um die Verbrennung des Körperfetts über das Nervensystem zu stimulieren.
Hormone informieren Gehirn
Diese Hormone, sagt Tiganis in der Zeitschrift Cell, geben dem Gehirn ein umfassendes Bild des Körperfetts. Weil Leptin von Fettzellen produziert wird, kann es dadurch die vorhandenen Fettreserven messen – je mehr Fett, desto mehr Leptin. Wobei Insulin Auskunft über die zukünftigen Fettreserven gibt, denn der Glucosespiegel steigt an, wenn wir essen.
Adipozyten – weißes und braunes Fett
Fett bei erwachsenen Menschen wird normalerweise in Adipozyten gespeichert, spezialisierte Zellen, die weißes Fett enthalten. Aber um den Hals und die Schultern herum gibt es eine zweite Form von Fettzellen: sogenannte braune Adipozyten. Anstatt Fett zu speichern, können diese Zellen dazu gebracht werden, es zu verbrennen.
Das Forscherteam entdeckte, dass Leptin und Insulin mit Proopiomelanocortin (POMC) Neuronen im Hypothalamus des Gehirns interagieren. Sie bringen sie dazu, Signale über das Nervensystem zu senden, um die Umwandlung von weißem Fett in braunes zu fördern. Dies führt zu einer Verbrennung überschüssigen Fetts.
Stärkere Fettverbrennung vom Gehirn gesteuert
Im Labor konnten die Forscher zeigen, dass der Prozess in diesen Neuronen von Enzymen namens Phosphatasen reguliert wird, welche die Hormone hemmen können. Wurde das Niveau dieser Hemmstoffe reduziert, nahmen die braunen Fettzellen und das Verbrennen von Fett zu.
Tiganis sagte, dass dieser fundamentale Prozess normalerweise dazu dient, das Körpergewicht beizubehalten, aber bei diätinduzierter Fettleibigkeit geht dieser Mechanismus schief.
Möglicherweise können wir Menschen helfen, ihr Gewicht zu kontrollieren, wenn wir diese beiden Enzyme regulieren. Ein Mittel zu entwickeln, um weißes in braunes Fett umzuwandeln, ist eine sehr aufregende neue Möglichkeit für die Einleitung eines Gewichtsverlusts. Aber es dürfte keine leichte Aufgabe sein, und jede potentielle Therapie ist ein langer Weg, sagte er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Monash Universität; Garron T. Dodd, Stephanie Decherf, Kim Loh, Stephanie E. Simonds, Florian Wiede, Eglantine Balland, Troy L. Merry, Heike Münzberg, Zhong-Yin Zhang, Barbara B. Kahn, Benjamin G. Neel, Kendra K. Bence, Zane B. Andrews, Michael A. Cowley, Tony Tiganis. Leptin and Insulin Act on POMC Neurons to Promote the Browning of White Fat. Cell, 2015; 160 (1-2): 88 DOI: 10.1016/j.cell.2014.12.022; Jan. 2015
Soziale Unterlegenheitsgefühle steigern den Appetit auf Fettes
22.12.2016 Eine in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie hat herausgefunden, dass Menschen, die sich sozioökonomisch unterlegen fühlen, ein größeres Verlangen nach fetter, kalorienreicher Nahrung haben.
Niedriges Einkommen = eher Übergewicht
Frühere Forschungsarbeiten zeigten bereits, dass Menschen am unteren Ende der Einkommensleiter eher zu Übergewicht neigen als jene mit einem höheren Einkommensstatus; aber warum ist dies so?
Bild: skeeze
Die Psychologen Bobby Cheon und Ying-Yi Hong von der Universität Hong Kong kommen in jeder von ihren vier Experimenten zum Schluss, dass Gefühle der sozialen Minderwertigkeit zu einem erhöhten Konsum von Nahrung und insbesondere fettreicher Nahrung führt.
In den Experimenten sollten sich die Teilnehmer ihren Rang, Platz auf der sozioökonomischen Leiter vorstellen; einigen wurde gesagt, dass sie sich ihren Platz in der Nähe der untersten Sprosse – also als sozioökonomisches Schlusslicht – vorstellen sollten. Andere sollten sich mittig oder ganz oben einstufen.
Anschließend wurden sie zu ihrem Verlangen nach Nahrungsmitteln an einem imaginären Buffet befragt und welche Arten von Lebensmitteln sie gern essen würden. In einem der Experimente durften sich die Teilnehmer tatsächlich an einem realen Buffet bedienen.
Fetthaltigeres für die Unterprivilegierten
Diejenigen, die sich selbst auf einer niedrigen ökonomischen Stufe der sozialen Leiter imaginierten, aßen nicht nur in der Vorstellung – am viruellen Buffet – mehr, sondern bedienten sich tatsächlich auch mehr am realen Speisentisch.
Und sie sehnten sich nicht nur nach fetthaltigeren Speisen, sie aßen auch mehr davon im Vergleich zu den anderen Freiwilligen der imaginierten mittleren und höheren Einkommensstufen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass es häufig Gefühle der Unterlegenheit sind, die wirtschaftlich benachteiligte Menschen dazu veranlassen, ungesunde Nahrungsmittel zu essen, was wiederum zur Gewichtszunahme führt, schreiben die Forscher.
Evolutionspsychologischer Erklärungsansatz
Die Wissenschaftler erklären die Befunde vor allem evolutionspsychologisch: In einer Zeit, in der es keine verlässlichen Nahrungsquellen gab, war es sinnvoll, mehr und fetthaltiger zu essen. Denn dies half (hilft) in mageren Zeiten am besten über die Runden zu kommen.
Psychische und physiologische Appetit-regulierende Systeme im Gehirn können also auch auf subjektive Gefühle der Deprivation wichtiger Ressourcen außerhalb der Ernährung (wie z.B. sozialer Status) reagieren, schließen die Psychologen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Hong Kong, Proceedings of the National Academy of Sciences – DOI: 10.1073/pnas.1607330114; Dez. 2016
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