Forensische Schriftuntersuchung, Schriftvergleichung
Definition
Forensische Schriftuntersuchung oder Schriftvergleichung (nicht zu verwechseln mit der Graphologie oder charakterologischen Schriftdeutung, bei der von der Handschrift auf die Persönlichkeit geschlossen wird) ist die Analyse der physischen Eigenschaften und Muster einer Handschrift, wobei die Schriftanalytiker anhand dieser Eigenheiten versuchen, den Urheber einer in Frage stehenden Handschrift zu identifizieren.
In der forensischen Wissenschaft dient die Untersuchung / Prüfung der Dokumente in erster Linie dazu, ein verdächtiges oder fragwürdiges Dokument mit wissenschaftlichen Verfahren und Methoden zu bewerten. Belege sollen Änderungen, die Besitzkette, die Beschädigung des Dokuments, Fälschung, Herkunft, Echtheit oder andere Fragen nachweisen können.
Als synonyme oder ähnliche Begriffe für die forensische Schriftvergleichung werden auch forensische Handschriftenuntersuchung, Schriftexpertise, Schriftsachverständigengutachten, Schriftuntersuchung, Schriftanalyse und Handschriftenanalyse.
Kann der Schriftanalyse von forensischen Handschrift-Experten vor Gericht vertraut werden?
19.04.2018 Forensische Handschrift-Spezialisten werden oft vor Gericht zur sogenannten Schriftvergleichung (Definition) eingesetzt: Sie analysieren einige handgeschriebener Zeilen, um zu bezeugen bzw. festzustellen, ob eine bestimmte Person einen Satz geschrieben hat.
Wissenschaftliche und forensische Institutionen fordern diese Handschriftexperten auch zunehmend auf, die Wahrscheinlichkeit anzugeben, mit der eine bestimmte Eigenschaft einer Handschrift auftritt.
Laut einer neuen im Fachblatt Springer’s Psychonomic Bulletin & Review veröffentlichten Studie raten die Forscher nun den Gerichten, einen vorsichtigeren Ansatz zu wählen, wenn sie erfahrungsbasierte Wahrscheinlichkeiten als Beweismittel verwenden.
Häufigkeit bestimmter Merkmale einer Handschrift
Kristy Martire von der Universität New South Wales und ihre Kollegen untersuchten, ob forensische Schriftanalytiker in der forensischen Handschriftenvergleichung die Häufigkeit bestimmter Merkmale einer Handschrift besser einschätzen können als Laien.
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Dazu rekrutierten sie achtzehn gerichtlich praktizierende Handschriftenspezialisten (acht aus den USA) und 77 Personen (36 aus den USA) ohne vorherige Ausbildung oder Erfahrung in der Handschriftanalyse. Die Nicht-US-Bürger kamen aus Australien, Kanada, den Niederlanden, Südafrika und Deutschland.
Alle Teilnehmer erhielten handschriftliche Proben aus einer kürzlich gesammelten Datenbank von Handschriftmerkmalen, die noch nicht öffentlich zugänglich waren. Die Stichproben stammen aus einer vom US National Institute of Justice finanzierten Datenbank, die nun zur statistischen Abschätzung der Häufigkeiten von Handschriftmerkmalen in einer für die erwachsene US-Bevölkerung repräsentativen Stichprobe verwendet wird.
Anhand dieser Datenbank konnten sie die Leistungen von Experten und Laien sowie US-Teilnehmern und Menschen aus anderen Teilen der Welt vergleichen.
Vergleich mit Laien und Genauigkeit
Die Forscher fanden heraus, dass die Handschriftexperten in der Einschätzung, wie oft bestimmte Handschriftmerkmale in der Schrift in der allgemeinen Bevölkerung vorkommen, nur geringfügig besser waren als Laien bzw. Neulinge auf dem Gebiet; und die Experten waren auch nicht in der Lage, Ergebnisse mit absoluter Genauigkeit zu liefern.
Allerdings spiegelten die Einschätzungen der Handschriftexperten ein gewisses Maß an Wissen und Können wider, schreiben die Forscher.
Sehr hohe Fehlerquote
Die Ergebnisse zeigten, dass die US-Experten bei der Einschätzung der Häufigkeit von Merkmalen in Handschriftproben besser waren als ihre Kollegen aus anderen Teilen der Welt.
Die Gesamtfehlerquote selbst für die Experten war aber so hoch, dass in Frage gestellt werden sollte, ob ihre Einschätzungen für die Präsentation vor Gericht ausreichend vertrauenswürdig sind, schreibt Martire.
Die Wissenschaftler schlagen einen vorsichtigeren Ansatz vor, bevor die Verwendung von Wahrscheinlichkeiten aufgrund von Erfahrungswerten für forensische Zwecke in der Zukunft befürwortet wird.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität New South Wales; Psychonomic Bulletin & Review DOI: 10.3758/s13423-018-1448-3