Antisoziale Bestrafung
Sozialpsychologie
Warum zuweilen die Kooperativsten und Vorbildlichsten antisozial bestraft werden – besonders am Arbeitsplatz
22.07.2018 Manchmal lohnt es sich nicht, sich vorbildlich zu verhalten oder besonders kooperativ zu sein laut einer im Fachmagazin Psychological Science veröffentlichten Studie.
Sehr kooperative und großzügige Menschen können Hass und eine ‚antisoziale Bestrafung“ auf sich ziehen, vor allem unter Wettbewerbsbedingungen – wie am Arbeitsplatz.
Altruistische Bestrafung
Dies steht im Gegensatz zur altruistischen Bestrafung, in der nicht-kooperatives Verhalten – wie z.B. das von Trittbrettfahrern – unter eigenen Verlusten bestraft wird.
Meistens mögen wir die sozialen und verträglichen Mitarbeiter – die Guten. Wir mögen es, wenn die bösen Jungs ihre Strafe bekommen, und wenn nicht-kooperative Menschen bestraft werden, sagt Psychologie-Professor Pat Barclay von der Universität Guelph.
Tief im Menschen verankertes psychologisches Muster?
Aber manchmal sind es gerade die sehr kooperativen Mitarbeiter, die bestraft werden. Dieses psychologische Muster – die sogenannte antisoziale Bestrafung – konnte in jeder von den Forschern untersuchten Kultur beobachtet werden, schreibt er.
Bild: Marco Lachmann-Anke
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Die Wissenschaftler stellten fest, dass kooperatives Verhalten am häufigsten in Gruppen bestraft wird, deren Mitglieder miteinander konkurrieren. Dies war sogar der Fall, wenn die Bestrafung oder Herabsetzung des ‚Gutmenschen‘ den Nutzen für die gesamte Gruppe, einschließlich des Bestrafers, minderte.
Allerdings – ohne Wettbewerb – wurde die Zusammenarbeit erhöht, so die Studie.
Misstrauisch, eifersüchtig oder feindlich gegenüber denen zu sein, die sich besser, großzügiger, netter oder kooperativer als wir verhalten, scheint tief in der Psyche der Menschen verankert zu sein, sagte Barclay.
Welche psychologischen Mechanismen
Welche psychologischen Mechanismen spielen bei der antisozialen Bestrafung eine Rolle?
Anthropologische Belege über egalitäre Jäger-Sammler-Gesellschaften legen nahe, dass ein ähnliches soziales Phänomen exzellente Jäger daran hindert, die Gruppe zu dominieren, sagt der Psychologe.
In vielen dieser Gesellschaften verteidigen sie ihre Gleichstellung, indem sie jemanden zu Fall bringen, der die Dinge möglicherweise sehr viel besser als alle anderen meistern könnte, sagte er.
Damit man selbst nicht schlechter dasteht
In einer Organisation / in einem Unternehmen sieht das dann so aus: „Hey, du arbeitest zu hart und lässt den Rest von uns schlecht aussehen“. In einigen Organisationen sind die Leute dafür bekannt, dass sie überwachen, wie hart andere arbeiten, um sicherzustellen, dass niemand die Messlatte höher legt als erwartet, schreibt der Psychologe.
Die gleiche soziale Gruppendynamik könne sich auf Maßnahmen zum Schutz der Umwelt auswirken, was sowohl individuelles als auch kooperatives Handeln zum Wohle aller erfordere, fügte er hinzu.
Menschen, die nichts für die Umwelt tun, könnten in einem schlechten Licht erscheinen, und greifen stattdessen die Motive von Umweltschützern an – was einer antisozialen Bestrafung gleichkomme.
Es ist ein Weg, diesen Menschen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, sie kleinzuhalten und sie daran zu hindern, bei ihren Versuchen, die Umwelt zu schützen oder soziale Ungleichheit zu bekämpfen, besser auszusehen als man selbst, sagte Barclay.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychological Science – http://dx.doi.org/10.1177/0956797617752642