Freunde, Freundschaft und Narzissmus

Freunde, Freundschaft und Narzissmus

Sozialpsychologie

Forschung/Newsartikel zur Freundschaft: Entstehung, Erhaltung, Ende.

Einfluss von emotionaler Intelligenz und Narzissmus auf Bildung und Erhaltung von Freundschaften

Narzissten bekommen schnell neue Freunde, können sie aber nicht halten; Menschen mit emotionaler Intelligenz, Empathie finden nicht so schnell Freunde, halten sie dafür aber länger.

02.10.2016 Eine im Fachblatt Personality and Social Psychology Bulletin veröffentlichte internationale Studie unter der Leitung der polnischen Jagiellonen-Universität untersuchte, welchen Einfluss Narzissmus und emotionale Intelligenz auf die Gewinnung und Erhaltung von Freundschaften (bzw. auf die Popularität in sozialen Netzen) haben.

Dazu untersuchten die Forscher um die Psychologin Dr. Anna Z. Czarna in einer Längsschnitt-Feldstudie die Dynamik der Popularität in 15 Peer-Gruppen in zwei Wellen (N = 273). Sie erfassten Narzissmus, Emotionale Intelligenz (EI), sowie explizites und implizites Selbstwertgefühl. Darüber hinaus maßen sie die Beliebtheit an der Ausgangslinie und 3 Monate später.

Freundschaften unter dem Einfluss von Narzissmus

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Bild: Adina Voicu

Es zeigte sich, dass Teilnehmer mit hohem Narzissmus beliebt waren, aber langfristig weniger stark in der Popularität stiegen im Vergleich zu Personen mit einem niedriger ausgeprägten Narzissmus.

Teilnehmern, die höher auf der Narzissmus-Skala punkteten, erreichten schnell Bewunderung, Anerkennung und Freundschaft unter Ihresgleichen. Aber im Laufe der Zeit schafften es ihre Selbstsicherheit und Publikumswirksamkeit nicht, das Wachstum der Freundschaften auszubauen oder zu erhalten.

Emotionale Intelligenz und Freundschaften

Inzwischen bauten Personen, deren starke soziale Fähigkeiten sich still im Verlaufe der Zeit offenbarten, langsamer dafür aber festere Beziehungen auf. In einem Beliebtheitswettbewerb gewinnen die emotional Intelligenteren schließlich.

Es scheint, dass ein ruhigeres, leiseres und weniger bedürftiges Ego gekoppelt mit den Fähigkeiten zu beobachten, zu verstehen, Emotionen einzusetzen und zu kontrollieren, besser versteht, feste Beziehungen langfristig erhalten zu können, sagte Anna Czarna vom Fachbereich für Psychologie.

Die Popularität emotional intelligenterer Teilnehmer erhöhte sich kontinuierlich im Vergleich zu den weniger emotional intelligenteren Personen.

Die Auswirkungen blieben auch nach Kontrolle auf die möglichen Störfaktoren explizites und implizites Selbstwertgefühl erhalten.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Narzissmus eher nachteilig und EI vorteilhafter für die langfristige Popularität ist.

Ausprägung beider Charaktereigenschaften

Einige Narzissten haben das größte Vertrauen zu sich und besitzen auch emotionale Intelligenz – die Fähigkeit, andere zu ‚lesen‘ und entsprechend zu handeln – um Freunde langfristig zu binden.

Bei großer Ausprägung beider Charaktereigenschaften, könnte solch eine Person ein Präsidentschaftskandidat (bzw. KanzlerkandidatIn) oder manipulativer Soziopath sein, sagte die Psychologin – wobei es in der aktuellen Studie nicht viele Personen gab, die bei Narzissmus und EI zusammen hoch punkteten.

Anderen dagegen fehlt es an Charisma, Selbstbewusstsein und den Fähigkeiten, die nötig sind, um Freunde zu gewinnen. Diese Personen haben vielleicht nicht eine Spur von Narzissmus, aber sie können ebenso emotional völlig unempfänglich sein.

Aber bei den meisten von uns sind beide Persönlichkeitseigenschaften durchschnittlich ausgeprägt, sagte Czarna.

In der Studie konnte festgestellt werden, dass die beiden Charaktereigenschaften nicht invers mit einander verbunden waren.

Zeitliche Bindung der Freunde

Am schlechtesten nach den drei Monaten schnitten Teilnehmer ab, die geringe Werte bei Narzissmus und bei der emotionalen Intelligenz hatten – „eine besonders unglückliche Kombination“, sagten die Autoren.

Personen mit einem hohen Ausmaß an Narzissmus und niedriger Ausprägung bei EI waren am Anfang im Vorteil, bauten schnell einen Freundeskreis auf, auch wenn ihre mangelhaften sozialen Fähigkeiten manche der Freunde über die drei Monate nicht halten konnten.

Im Durchschnitt hatten diese sozial ungeschickten Selbstanbeter aber ebenso viele Freunde wie die Teilnehmer mit geringem Narzissmus doch hoher emotionaler Intelligenz. Diese hatten zwar am Anfang weniger Freunde, bauten die Freundschaften aber kontinuierlich aus und erhielten sie, so dass sie am Ende des Zeitraums im Freundschaftswettbewerb vorne lagen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Jagiellonen-Universität, Personality and Social Psychology Bulletin, doi: 10.1177/0146167216666265; Sept. 2016

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