Zur Psychologie der Doppelzüngigkeit

Doppelzüngigkeit (Doublespeak)


Die Psychologie hinter der Doppelzüngigkeit (Doublespeak): Ist es eine Lüge oder einfach nur Überredungskunst?

08.04.2021 Durch die Verwendung von Euphemismen – wie z.B. Doppelzüngigkeit – zur Meinungsbeeinflussung können Führungskräfte die Reputationskosten einer Lüge vermeiden und gleichzeitig die Menschen von ihrer Denkweise überzeugen laut einer in Cognition veröffentlichten Studie.

Forscher der University of Waterloo haben herausgefunden, dass die Verwendung von angenehmen euphemistischen Begriffen die Bewertung von Handlungen durch die Menschen in eine günstigere Richtung lenkt. Zum Beispiel, wenn man einen unangenehmen Begriff wie „Folter“ durch etwas harmloseres und semantisch angenehmeres wie „enhanced interrogation“ (erweitertes Verhör) ersetzt.

Manipulative Sprache als Werkzeug zur Irreführung der Öffentlichkeit

Wie das oft untersuchte Phänomen der ‚Fake News‘ kann manipulative Sprache als Werkzeug zur Irreführung der Öffentlichkeit dienen, und zwar nicht durch Unwahrheiten, sondern durch den strategischen Einsatz von euphemistischer Sprache (doublespeek), sagt Alexander Walker, Hauptautor der Studie und Doktorand in kognitiver Psychologie in Waterloo. Die Vermeidung objektiv falscher Behauptungen kann dem strategischen Nutzer der Sprache eine plausible Abstreitbarkeit der Unehrlichkeit verschaffen und ihn so vor den mit der Lüge verbundenen Reputationskosten schützen.

Im Rahmen einer Reihe von Studien, die sich mit der Wirksamkeit, den Folgen und den Mechanismen von Doublespeak (Doppelzüngigkeit) im psychologischen Kontext befassen, untersuchten die Forscher, ob der für Doppelzüngigkeit charakteristische Sprachgebrauch genutzt werden kann, um die Bewertung von Handlungen durch Menschen zu beeinflussen.

Strategische Manipulation von Sprache

Die Forscher identifizierten Doppelzüngigkeit als die strategische Manipulation von Sprache, um die Meinung anderer zu beeinflussen, indem man die Wahrheit auf eine Weise darstellt, die der eigenen Person zugute kommt. Zu diesem Zweck untersuchten die Forscher, ob das Ersetzen eines angenehmen Begriffs – zum Beispiel „in einer fleischverarbeitenden Produktionsstätte arbeiten“ anstelle eines semantisch verwandten, unangenehmen Begriffs wie „in einem Schlachthaus arbeiten“ – einen Einfluss darauf hat, wie die Handlungen einer Person interpretiert werden.

Die Ergebnisse der Forscher bestätigten, dass die Bewertung einer Handlung durch Menschen in vorhersehbarer, eigennütziger Weise verzerrt werden kann, wenn ein Individuum bei der Beschreibung einer Handlung strategisch mehr oder weniger angenehme Begriffe verwendet.

Unsere Studie zeigt, wie Sprache strategisch eingesetzt werden kann, um die Meinung von Menschen über Ereignisse oder Handlungen zu formen, sagte Walker. Bei einem geringeren Risiko können Menschen sprachliche Manipulationen, wie z. B. Doppelzüngigkeit, oft ohne Korrektur einsetzen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Cognition – doi.org/10.1016/j.cognition.2021.104633