Rache (Psychologie)

Welche Persönlichkeitsmerkmale fördern den Wunsch, sich rächen zu wollen?

06.12.2017 Menschen, die es genießen, andere zu verletzen und sie unter Schmerzen leiden zu sehen, nehmen eher Rache an denen, die ihnen Unrecht getan haben laut einer neuen im Fachblatt Aggressive Behavior publizierten Studie.

Dominierendes Persönlichkeitsmerkmal

Die Studie von Dr. David Chester – Assistenz-Professor für Psychologie der Virginia Commonwealth Universität fand heraus, dass Sadismus das dominierende Persönlichkeitsmerkmal ist, das erklärt, warum bestimmte Menschen häufiger als andere Rache üben.

Die Psychologen wollten ein Bild von der Persönlichkeit desjenigen Menschen zeichnen, der Rache sucht. Wir werden alle in unserem täglichen Leben beleidigt bzw. verletzt, aber einige von uns wollen Rache und andere nicht. Also, was für ein Mensch sucht eher Befriedigung durch Rache?

Wer verlangt eher nach Rache?

Im Kern ist es eine Person, die dazu neigt, es zu genießen.

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Bild: Gerd Altmann

Die Wissenschaftler führten drei Studien mit 673 Studenten an der Universität Kentucky unter Leitung des Psychologie-Professors Dr. C. Nathan DeWall durch, in denen die Teilnehmer Fragebögen ausfüllten, um das reale Verhalten einer Person vorherzusagen. Sie wurden gefragt, ob sie verschiedenen Aussagen zustimmen oder nicht, wie z.B. „Wer mich provoziert, verdient von mir bestraft zu werden“ und „Wenn man mir Unrecht antut, bin ich erst wieder im Reinen mit mir, wenn ich mich gerächt habe“.

Viele Menschen wollen nicht zugeben, dass sie bestimmte Eigenschaften oder Tendenzen haben, die nicht wirklich nett oder sozial erwünscht bzw. akzeptabel sind, also muss man die Fragen auf eine ganz bestimmte Art und Weise stellen, sagte Chester. Man fragt nicht direkt: Bist du ein rachsüchtiger Mensch? Niemand würde sagen, dass er / sie es ist.

Durch ein tieferes Verständnis dessen, was bestimmte Menschen dazu bewegt, Rache zu nehmen, werden Forscher in der Lage sein, Profile zu erstellen, anhand derer diejenigen identifiziert werden können, die in Zukunft am ehesten Gewalttaten begehen.

Körperliche Aggressivität und sadistische Impulse

Die Analysen zeigten wiederholt, dass Rachegelüste mit größerer physischer (aber nicht verbaler) Aggressivität, Wut und Feindseligkeit verbunden war.

Die Verbindung zwischen Rache und körperlicher Aggression wurde teilweise durch sadistische Impulse in Bezug auf den Genuss von Aggression und der Tendenz, Aggression zur Verbesserung der Stimmung zu nutzen, erklärt.

Dominanzanalysen ergaben, dass solche sadistischen Impulse die größte Varianz beim Rachesuchen erklärten.

Impulsivität und Vorsätzlichkeit

Sich rächen wollen war mit größeren impulsiven Reaktionen auf negative und positive Auswirkungen verbunden, sowie mit einer größeren Vorsätzlichkeit des Verhaltens.

Nicht jeder, der Unrecht tut, geht raus und läuft Amok an einer Schule. Nicht jeder, der Unrecht erleidet, beginnt eine Kneipenschlägerei. Aber manche Leute tun es. So ist es wirklich wichtig, herauszufinden, wer am stärksten anfällig für solche Rachetaten ist, um rechtzeitig vor solchen Vergeltungsmaßnahmen eingreifen zu können, sagte Chester.

Prävention von aggressivem Verhalten

Chester arbeitet auf dem Gebiet der Aggressionsforschung und leitet das Labor für Sozialpsychologie und Neurowissenschaften in der Abteilung für Psychologie der VCU, das darauf abzielt, unser Verständnis von gewalttätigem Verhalten zu vertiefen und die Rolle des Gehirns und der menschlichen Psychologie hinter Themen wie Rache, häuslicher Missbrauch, Psychopathen und ähnlichen Themen zu erforschen.

Unser realistisches Ziel ist es, Gewalt und aggressives Verhalten zu reduzieren. Die häufigste Form davon ist Rache, sagte Chester.

Wenn man Mörder und Terroristen und andere Gewalttäter fragt, warum sie die Gewalttaten begingen, dann lautet die Antwort häufig, dass sie nach Vergeltung für etwas suchten, was ihnen jemand angetan hatte.

Wenn wir also versuchen, die Aggression zu reduzieren, sollten wir damit beginnen, die Rachegefühle zu verringern, sagte er. Und einer der besten Wege, Rache zu reduzieren, ist, herauszufinden, wer am meisten dafür anfällig ist.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Virginia Commonwealth Universität; Aggressive Behavior – DOI: 10.17605/OSF.IO/4W95M; Dez. 2017

Kinder: Rache kommt vor Belohnung

16.09.2019 Das Prinzip der direkten Reziprozität oder des „Heimzahlens“ (in Form von Belohnung oder Rache / negativer Vergeltung) bestimmter Personen wird als wesentlicher Bestandteil des täglichen sozialen Austauschs und als Schlüsselmechanismus für die Entwicklung der Zusammenarbeit angesehen.

Kleine Kinder kennen die Norm der Reziprozität, aber es ist unklar, ob sie der Norm sowohl für die positive als auch für die negative direkte Wechselseitigkeit folgen oder ob die Reziprozität zunächst generalisiert wird, schreiben die Studienautoren.

In fünf Experimenten (330 Teilnehmer) zeigten Nadia Chernyak vom Fachbereich Psychologie der University of California, dass Kinder zwischen 4 und 8 Jahren negative direkte Reziprozität (also Rache) direkt anwandten, aber positive Reziprozität (Belohnung) generalisierten, obwohl sie sich an ‚Wohltäter‘ erinnerten.

Gezielte und generalisierte Vergeltung

Kinder, selbst die Jüngsten, ergriffen bereitwillig Vergeltungsmaßnahmen gegen Übeltäter (im Experiment: die Diebe von Stickern) und bestraften sie gezielt, um einen Aufkleber zurückzuholen. Aber seltsamerweise zeigten die Kinder keine Neigung, ihre Wohltäter (von denen sie mit Stickern beschenkt wurden) zu belohnen, wenn sie angewiesen wurden, einen Sticker zu verschenken.

Die Kinder unterstützten nicht die Norm der positiven direkten Gegenseitigkeit (also der Dankbarkeit), die für sie bis etwa 7 Jahre gilt, aber ein kurzes Sozial-Norm-Training verstärkte dieses Verhalten bei jüngeren Kindern, schreiben die Wissenschaftler in Psychological Science.

Die psychologischen Befunde deuten darauf hin, dass sich Rache früh entwickelt, während belohnendes Verhalten nur dann auf andere bestimmte Personen ausgerichtet ist, wenn die Kinder lernen und soziale Normen übernehmen, schreiben die Psychologen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychological Science – https://doi.org/10.1177/0956797619854975

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