ADHS: Erziehung
Erziehungsverhalten in ADHS-Familien
06.03.2017 Laut einer Studie der Goethe-Universität Frankfurt am Main konnte bei Eltern von Kindern mit ADHS ein unangemessenes Erziehungsverhalten beobachtet werden.
In der Forschungsarbeit wurden Eltern von Kindern mit und ohne ADHS zu ihrem Erziehungsverhalten befragt.
So wurde erfasst, ob es eher ein negatives oder positives emotionales Familienklima gab (wurde mehr gelobt oder kritisiert, wie intensiv war das Verhältnis), ob die Erziehung konsequent bzw. konsistent war und ob körperlich bestraft wurde. Die Kinder waren bei der Datenerhebung im Alter zwischen 7 und 13 Jahren, wobei 31 mit ADHS diagnostiziert worden waren und 53 nicht.
Bild: Patrice Audet
Bereits in früheren Forschungsarbeiten konnten Wissenschaftler häufiger Chaos im Haushalt, ein ‚inadäquates Erziehungsverhalten‘ und ein negatives emotionales Familienleben in betroffenen Familien beobachten.
Die Psychologin und Studienautorin Dr. Andrea Wirth sagte: „Wir sind davon ausgegangen, dass die Eltern von Kindern mit ADHS es wegen der Symptome ihrer Kinder schwer haben, Strukturen und Routinen aufrecht zu erhalten. Das Haushaltschaos beeinträchtigt wiederum das emotionalen Klima und das Elternverhalten“.
In der aktuellen Studie konnte bestätigt werden, dass die Eltern in Familien mit ADHS eher inadäquat erzogen, häufiger kritisierten und über ein größeres Chaos im Haushalt berichteten als die Kontroll-Eltern.
Bessere Eltern-Kind-Beziehung
Jedoch bewerteten die Eltern aus der ADHS-Gruppe die Bindung zu ihrem Kind als positiver im Vergleich zu den Eltern der Kontrollgruppe laut der im Fachmagazin Journal of Attention Disorders veröffentlichten Studie.
Den Grund sehen die Psychologen darin, dass einige der Eltern über die Teilnahme an Therapien für ihre Kinder die Eltern-Kind-Bindung verbesserten. Diesen Effekt von pharmazeutischen wie auch verhaltenstherapeutischen Behandlungen konnten frühere Forschungsarbeiten bereits belegen.
Die Analyse der Daten zeigte, dass Haushaltschaos „so etwas wie ein Mechanismus zu sein [scheint], durch den die Symptome der Kinder mit ADHS sich negativ auf das Erziehungsverhalten der Eltern auswirken“, sagte Wirth. Doch es wirkt sich scheinbar nicht auf das emotionale Familienklima aus, was im Gegensatz zu vorherigen Forschungsarbeiten steht, in denen eine Verknüpfung zwischen inadäquatem Erziehungsverhalten und Emotionen festgestellt werden konnte.
Mehr Ordnung in das Familienleben bringen
„Ein sehr chaotischer und unstrukturierter Haushalt, der durch die ADHS-Symptomatik der Kinder mitbedingt ist, erschwert es den Eltern, autoritativ zu erziehen. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass die Eltern trotz des herrschenden Chaos ihre Kinder mögen, positiv über sie sprechen und es genießen, Zeit mit ihnen zu verbringen“, sagte die padägogische Psychologin.
Die Studienautorin empfiehlt, das Leben in der Familie zu ordnen, Routinen und Rituale auszuarbeiten und die Alltagsorganisation zu verbessern. Als Beispiele nennt sie: Medien während der Hausaufgaben auszuschalten und diese allein in einem ruhigen Zimmer zu machen, Telefongespräche in geschlossenen Räumen zu führen, Besuche nur zu festgelegten Terminen zuzulassen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Goethe-Universität, Journal of Attention Disorders – doi:10.1177/1087054717692881; März 2017
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