Trypophobie – Angst vor Löchern

Trypophobie – Angst vor Löchern – Angststörungen – Weitere Phobien in der Phobieliste

Alte Angst vor giftigen Tieren?

03.09.2013 Was haben Lotosblumen, Seifenblasen und Luftschokolade gemeinsam? Sie erscheinen harmlos, sogar angenehm, aber jedes dieser Dinge ist ein Auslöser für Trypophobiker – Menschen, mit einer Angst vor Löchern.

Anhäufung von Löchern

Für Trypophobiker kann der Anblick eines Löcher-Clusters in verschiedenen Formationen intensive, unangenehme viszerale Reaktionen verursachen.

Eine neue Forschungsstudie der psychologischen Wissenschaftlern Geoff Cole und Arnold Wilkins von der Universität von Essex legt nahe, dass Trypophobie als Folge eines spezifischen visuellen Merkmals auftreten kann, welches sich auch bei mehreren giftigen Tieren zeigt.

Diese Befunde könnten zeigen, dass es einen alten evolutionären Teil des Gehirns geben könnte, das den Leuten sagt, dass sie ein giftiges Tier ansehen, sagt Cole.

Studie zur Trypophobie

Cole und Wilkins fragten sich, ob es ein allen trypophobischen Objekten gemeinsames spezifisches visuelles Merkmal geben könnte.

Trypophobie - Angst vor Löchern
Blaugeringelter Krake; Quelle: Wiki, Jens Petersen

Sie verglichen 76 Abbildungen trypophobischer Objekte mit 76 Kontrollabbildungen von nicht mit Trypophobie verbundenen Löchern. Nach der Normierung verschiedener Merkmale der Abbildungen stellten die Forscher fest, dass die trypophobischen Objekte einen relativ hohen Kontrast bei den mittleren räumlichen Häufigkeiten im Vergleich mit den Kontrollabbildungen hatten.

Warum könnte dieses einzigartige visuelle Merkmal zu solchen aversiven Reaktionen führen? Ein Trypophobiker lieferte Cole einen Anhaltspunkt: Er hatte ein Tier gesehen, welches eine trypophobische Reaktion auslöste.
Das betreffende Tier, der Blaugeringelte Krake ist eines der giftigsten Tiere der Welt, was Cole einen kleinen Heureka-Moment erfahren ließ.

Evolutionäre Angst vor giftigen Tieren

Cole und Wilkins analysierten Abbildungen verschiedener giftiger Tiere: Blaugeringelter Krake, Gelber Mittelmeerskorpion, Königskobra und andere giftige Schlangen und Spinnen; und sie fanden, dass diese auch diese visuelle Eigenheit vorwiesen.

Angesichts dessen vermuten die Forscher, dass Trypophobie eine evolutionäre Basis haben könnte: Löcher-Cluster wären aversiv, weil sie zufällig ein visuelles Merkmal mit Tieren teilen, die Menschen aus Überlebensgründen zu meiden gelernt haben.

Wir denken, dass jeder unbewusste trypophobische Tendenzen hat, sagt Cole. Wir stellten fest, dass Personen ohne diese Phobie trypophobische Abbildungen trotzdem als weniger angenehm empfinden als andere Bilder.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Essex, Sept. 2013

Die Angst vor Kaffee-Blasen, Löchern im Schwamm kann tiefsitzende Abneigung gegen Parasiten sein

11.07.2017 Manche Menschen haben eine intensive Abneigung und Angst, wenn sie Anhäufungen annähernd kreisförmiger Formen sehen, wie die Blasen in einer Tasse Kaffee oder die Löcher in einem Schwamm.

Nun haben Psychologen der Universität Kent festgestellt, dass die Angststörung – bekannt als Trypophobie – eine übertriebene Reaktion sein kann, die mit einer tiefsitzenden Angst vor Parasiten und Infektionskrankheiten verbunden ist.

Evolutionäre Angst vor giftigen Tieren?

Frühere Erklärungen für die Erkrankung legten nahe, dass die Menschen evolutionär prädisponiert sind, um auf Cluster von runden Formen zu reagieren, da diese Formen auch bei giftigen Tieren, wie bei einigen Schlangen und dem blaugeringelten Kraken zu sehen sind.

Löcher im Schwamm
Bild: Löcher im Schwamm – Robfoto (pixabay)

Die aktuelle in Cognition and Emotion veröffentlichte Forschungsarbeit von Tom Kupfer vom Fachbereich Psychologie deutet darauf hin, dass die Phobie stattdessen evolutionär mit Infektionskrankheiten und Parasitismus in Zusammenhang stehen könnte, die zu einer übertriebenen Empfindlichkeit gegenüber runden Formen führt.

Angst vor Infektionskrankheiten, Parasiten

Die Psychologen stellten fest, dass viele Infektionskrankheiten zu Ansammlungen von runden Formen auf der Haut führen: Pocken, Masern, Röteln, Fleckfieber, Scharlachfieber etc. Ähnlich führen viele Ektoparasiten wie Krätze, Zecken und Dasselfliegen auch zu Clustern kreisförmiger Gebilde auf der Haut.

Die Studie untersuchte über 300 Menschen aus Trypophobie-Selbsthilfegruppen. Eine Vergleichsgruppe von rund 300 Universitätsstudenten ohne Trypophobie nahm ebenfalls teil. Beide Gruppen sahen sich sechzehn Bilder mit Ansammlungen von Löchern bzw. Kreisen an. Diese stellten alle echte Objekte dar.

Acht waren Bilder von Clustern, die sich auf kranke Körperteile bezogen (z.B. kreisförmige Symptome von Hautausschlägen auf einer Brust, Pocken-Narben auf der Hand, eine Ansammlung von Zecken).

Die anderen acht Clusterbilder hatten keine krankheitsrelevanten Eigenschaften (z.B. gebohrte Löcher in einer Mauer, die Samenhülsen einer Lotusblume).

Übergeneralisierte Reaktion

Beide Gruppen berichteten, dass die krankheitsrelevanten Clusterbilder unangenehmer waren, aber während die Kontrollgruppe die neutralen Bilder mit Anhäufungen dunkler Löcher oder Kreise nicht als unangenehm empfand, empfand die trypophobe Gruppe sie als sehr unangenehm und angsteinflößend.

Dieser Befund unterstützt die Annahme, dass Trypophobiker eine dermaßen übergeneralisierte Reaktion erleben, dass sogar ein Bild von Blasen in einer Tasse Kaffee oder die Löcher in einer Wand – ähnlich wie ein Cluster von Zecken oder Läsionen – Abneigung und phobische Reaktion auslösen kann.

Die bisherige Forschung dazu hat gezeigt, dass die Funktion der Emotion Ekel darin besteht, Quellen einer möglichen Infektion zu vermeiden, so dass die Forscher annahmen, dass – im Gegensatz zu den meisten Phobien (z.B. Schlangenphobie, Höhenangst, Hundephobie), die vor allem eine intensive Angst beinhalten – Menschen mit Trypophobie überwiegend einen intensiven Ekel erleben.

Eher Ekel als Angst

Sie fragten die teilnehmenden Trypophobiker nach deren Gefühlen, während sie Bilder mit den Clustern betrachteten. Die Analyse dieser Antworten ergab, dass die Mehrheit der Teilnehmer mit Trypophobie Ekel oder Ekel-verbundene Gefühle wie Übelkeit oder den Drang zu erbrechen hatten – selbst bei den krankheitsirrelevanten Cluster-Bildern wie einem Schwamm oder Blasen. Nur wenige der Betroffenen berichteten über Gefühle von Angst oder angstverknüpfte Gefühle.

Zusätzlich zu Ekelgefühlen berichteten trypophobe Personen häufig über Gefühle wie Haut-Juckreiz, Hautkribbeln oder sogar über das Gefühl von Bazillen oder Insekten auf der Haut.

Diese Hautreaktion legt nahe, dass Menschen mit Trypophobie Cluster-Stimuli wahrnehmen können, als wären sie Hinweise auf Ektoparasiten, die sogar zu dem Gefühl führen können, als ob man befallen ist.

Insgesamt zeigten die Befunde, dass, obwohl Trypophobie als „Angst vor Löchern“ beschrieben wurde, sie präziser als eine überwiegend ekelbasierende Abneigung gegen Cluster von kreisförmigen Objekten charakterisiert werden würde.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Kent, Cognition and Emotion – DOI: 10.1080/02699931.2017.1345721; Juli 2017

Weitere News aus der Forschung

  • Aversion gegenüber löchrigen Strukturen beruht auf Ekel und nicht auf Angst.
    zum Artikel

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


Aus Lesbarkeitsgründen bitte Punkt und Komma nicht vergessen. Vermeiden Sie unangemessene Sprache, Werbung, themenfremde Inhalte. Danke.