Cyberchondrie ist die unbegründete übersteigerte Angst vor Krankheiten auf der Grundlage der Überprüfung von Suchergebnissen und Online-Literatur.
Kognitive Verhaltenstherapie hilft Cyberchondrikern
08.09.2017 Eine speziell entwickelte Form der Psychotherapie kann Patienten mit einer besonderen Form der Krankheitsangst helfen – der Cyberchondrie, die durch das ‚Googlen‘ der Symptome ihrer (vermeintlichen) Krankheit angetrieben wird.
Schätzungen zufolge hat bis zu einem Fünftel der Menschen, die in medizinischen Kliniken behandelt werden, eine abnormale Krankheitsangst (auch Pathophobie genannt), die durch die Online-Symptomrecherche mit Hilfe von Internet-Suchmaschinen wie Google oder Bing noch verstärkt wird und zu dem Begriff Cyberchondrie (Kofferwort aus Cyber und Hypochondrie) geführt hat.
Nur etwa jeder zehnte Patient mit Krankheitsangst wird auch damit diagnostiziert, wobei viele ihre Symptome mit früheren medizinischen Problemen wie Herzinfarkten in Verbindung bringen und davon überzeugt sind, dass sie weiter gefährdet sind.
KVT gegen schwerste Angstzustände
Bild: Splitshire
In der aktuellen Studie wurden insgesamt 444 Hypochonder aus fünf englischen Krankenhäusern aufgenommen.
Sie wurden mit schwersten Angstzuständen – mit mehr als 20 Punkten auf dem Health Anxiety Inventory (HAI) – klassifiziert und erhielten randomisiert durchschnittlich sechs 60-minütige Sitzungen von kognitiver Verhaltenstherapie gegen Krankheitsangst (CBT-HA) oder eine Weiterbehandlung in der Klinik mit Informationen, die ihren Ärzten mitgeteilt wurden, dass anormale Angstzustände festgestellt wurden.
CBT-HA hilft den Patienten, ihre Gedanken in Frage zu stellen und zu erkennen, wie ihre Angstzustände aufrecht erhalten werden. Die Therapie hilft ihnen, sich zu beruhigen und ihren Körper nicht übermäßig zu kontrollieren, sowie ihre Symptome nicht online zu überprüfen.
Dies wird durch Verhaltensexperimente unterstützt, die neue Denkweisen erproben und neue, weniger bedrohliche Alternativen für ihre Ängste anbieten.
Linderung der Symptome
Nach einem Jahr hatte sich der Zustand der Patienten mit Cyberchondrie, die CBT-HA erhielten, im Vergleich zur Standardpflege von schwer auf mittelschwer verbessert, wobei sich auch die Symptome von Angst und Depression verbesserten. Die Differenz verringerte sich im Laufe der Zeit, blieb aber nach fünf Jahren moderat.
Die Behandlung wurde von Krankenschwestern durchgeführt, wobei diese mindestens ebenso gut wie Psychologen und Ärzte die Symptome lindern konnten, berichten die Studienautoren im Fachblatt Health Technology Assessment. Die Patienten in kardiologischen Kliniken zeigten nach fünf Jahren die grösste Reduktion der HAI-Werte im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Langfristig wirksam und kosteneffektiv
Die Todesfälle waren in beiden Gruppen ähnlich, wobei die der Standardversorgung zugeteilten Patienten früher starben, was darauf hindeutet, dass kognitive Verhaltenstherapie gegen Hypochondrie nicht dazu führte, dass schwere lebensbedrohliche Krankheiten nicht erkannt werden konnten.
Das Team stellte außerdem fest, dass der Nutzen von CBT-HA nach fünf Jahren anhielt und die Kosten der Behandlung durch die Einsparungen im Gesundheitswesen mehr als ausgeglichen wurden.
Professor Peter Tyrer vom Imperial College sagte, CBT-HA ermögliche Therapeuten ohne Vorerfahrung eine relativ einfache Ausbildung. Es hat daher das Potenzial, unter entsprechender Aufsicht in der allgemeinen Krankenhausumgebung bei Hypochondrie bzw. Cyberchondrie eingesetzt zu werden.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Imperial College; Health Technology Assessment – dx.doi.org/10.3310/hta21500; Sept. 2017
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