Abhängige/Süchtige reagieren weniger sensitiv bei Belohnungserwartung
16.02.2017 Es ist für abhängige Menschen oft schwerer festzustellen, wann sie eine Belohnung erwarten können (Belohnungserwartung, Belohnungsantizipation). Dieses Lernproblem könnte vielleicht erklären, warum sie anfälliger für Süchte sind und größere Probleme haben, die Abhängigkeit zu beenden.
Verarbeitung von Belohnungen
Menschen mit einer Sucht verarbeiten Belohnungen im Gehirn anders als Menschen ohne Süchte. Ob dies mit einem ‚zu viel‘ oder ‚zu wenig‘ Aktivität im Gehirn zusammenhängt, ist eine offene Frage.
Bild: George Hodan
Tatsächlich zeigen frühere Forschungsarbeiten widersprüchliche Ergebnisse. Um eine zuverlässige Antwort zu bekommen, haben die Forscher Arnt Schellekens, Guillaume Sescousse und Maartje Luijten von der Radboud Universität 25 Hirnstudien mit über 1.200 Teilnehmern – mit und ohne eine Abhängigkeit von verschiedenen Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Kokain, aber auch pathologische Spieler – zur Sensitivität des Belohnungssystems im Gehirn untersucht.
Über die Analyse der Gehirnscans haben sie einen wichtigen Unterschied bei der Gehirnaktivität zwischen der Belohnungserwartung und dem Erhalt einer Belohnung entdeckt.
Sensitivität des Belohnungssystems im Gehirn
Im Vergleich zu nichtabhängigen Personen zeigten die Teilnehmer mit Substanzabhängigkeit oder Spielsucht eine schwächere Gehirnreaktion auf die Vorwegnahme von Geldbelohnungen in den Studien.
Es gab weniger Gehirnaktivität im Striatum, einem Kerngebiet des Belohnungssystems im Gehirn, was darauf hinweist, dass sie sich nicht allzu viel von der Belohnung versprechen, sagte Schellekens im Fachblatt JAMA Psychiatry.
Außerdem zeigte das ventrale Striatum von substanzabhängigen Personen eine stärkere Reaktion auf das Erhalten der Belohnung, wohingegen das dorsale Striatum bei Spielabhängigen eine schwächere Reaktion beim Belohnungserhalt im Vergleich zu den Kontrollen zeigte.
Die erhöhte Reaktion wird häufig interpretiert als größere Überraschung auf die erhaltene Belohnung, könnte tatsächlich aber aus niedrigeren Erwartungen folgen, sagte Schellekens. Diese Wirkung wurde nicht bei pathologischen Spielern beobachtet.
Lernprobleme
Belohnungsstimuli bilden einen wichtigen Faktor im Lernverhalten. Die Forscher interpretieren ihre Ergebnisse als ein Anzeichen dafür, dass Lernprobleme grundlegend bei der Bildung von Abhängigkeit mitwirken.
Weil die Verarbeitung der Belohnungen gestört wird, können diese Patienten nicht lernen, wann sie tatsächlich eine (finanzielle) Belohnung erwarten können. Dies kann erklären, warum sie scheitern, wenn es darum geht, nicht Drogen zu nehmen oder nicht zu spielen.
Weitere Forschungsarbeiten sollten untersuchen, ob es möglich ist, diese Lernprozesse durch – zum Beispiel – psychologische Behandlungen oder Medikamente zu beeinflussen, schließen die Wissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Radboud Universität, JAMA Psychiatry – DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2016.3084; Feb. 2017