Halluzination

Definition

Eine Halluzination ist eine Wahrnehmung ohne externen Stimulus, die Eigenschaften einer realen Wahrnehmung hat. Halluzinationen sind lebendige, substantielle und sich im externen objektiven Raum befindent. Sie sind keine Träume (da im Wachzustand), keine Illusionen (da nicht verzerrt oder falsch ausgelegte reale Wahrnehmung); keine Bilder und keine Pseudohalluzination, die nicht die reale Wahrnehmung imitieren. Halluzinationen sind auch keine wahnhaften „Wahrnehmungen“, bei denen einem korrekt erfassten und interpretierten Reiz (d.h. eine wirkliche Wahrnehmung) eine zusätzliche (und normalerweise absurde) Bedeutung gegeben wird.

Einteilung nach ICD-10

Sonstige Symptome, die die Sinneswahrnehmungen und das Wahrnehmungsvermögen betreffen

R44.0 Akustische H.
R44.1 Optische H.
R44.2 Sonstige H. (z.B. olfaktorische H.)
R44.3 Halluzinationen, nicht näher bezeichnet
R44.8 Sonstige und nicht näher bezeichnete Symptome, die die Sinneswahrnehmungen und das Wahrnehmungsvermögen betreffen

Halluzinationen, Wahnvorstellungen kommen häufiger vor als angenommen

Eine internationale Studie unter der Leitung von Forschern der Universität von Queensland und der Harvard Medical School hat festgestellt, dass Halluzinationen und Wahnvorstellungen bei 5,2 Prozent der Allgemeinbevölkerung auftreten.

Auftreten bei völlig gesunden Menschen

„Wir glauben normalerweise, dass nur Leute mit Psychosen Stimmen hören oder Wahnvorstellungen haben, aber wir wissen jetzt, dass auch völlig gesunde Menschen über diese Erfahrungen berichten“, sagte Forscher John McGrath in JAMA Psychiatry.

Die Wissenschaftler werteten die Daten aus Befragungen der Weltgesundheitsorganisation World Mental Health aus. Die Daten kamen aus 19 Ländern in Nord- und Südamerika, Afrika, dem Mittleren Osten, Asien, dem Südpazifik und Europa. Es waren 31.261 Erwachsene zu Vorkommen und Häufigkeit von 2 halluzinatorischen und vier wahnhaften Erfahrungen befragt worden.

Lebenszeitprävalenz (Häufigkeit auf Lebenszeit bezogen)

Die Studie ergab, dass

  • die Lebenszeitprävalenz von mindestens einem psychotischen Ereignis (PE) bei 5,8 Prozent der Befragten lag.
  • Die Lebenszeitprävalenz einer halluzinatorischen Erfahrung (HE) betrug 5,2 Prozent und
  • einer wahnhaften Erfahrung (WE) 1,3 Prozent.

PEs traten öfter bei Frauen (6,6 Prozent) als bei Männern (5 Prozent) auf und häufiger in Ländern mit mittlerem (7,2 Prozent) und hohem Einkommen (6,8 Prozent) als in Ländern mit niedrigem Einkommen (3,2 Prozent).

Wenn PEs auftraten, hatten etwa ein Drittel der Betroffenen sie nur einmal, und ein Drittel hatten zwei bis fünf Episoden.

Weiterhin fanden die Forscher ein signifikant höheres Auftreten von psychotischen Ereignissen bei Nichtverheirateten, bei Erwerbslosen und bei Personen mit einem niedrigen Einkommen.

Fragen zu Ursachen und Entwicklung

Professor McGrath sagte, dass die Ergebnisse helfen könnten, neue Forschungsarbeiten über die Ursachen dieser Symptome anzustoßen.

„Insbesondere sind wir daran interessiert, warum manche Menschen sich erholen, während andere ernsthafte Störungen wie Schizophrenie entwickeln“, sagte er.

„Wir müssen verstehen, warum sie bei einigen nur vorübergehend und bei anderen permanent auftreten. Wir können diese Erkenntnisse nutzen, um herauszufinden, ob die Mechanismen, die zu diesen Halluzinationen führen, gleich oder in den beiden Fällen unterschiedlich sind.

„Wir haben die Verbindung, zwischen dem Hören von Stimmen und der psychischen Gesundheit, neu zu überdenken – sie ist subtiler als bisher angenommen.

Eine falsche Wahrnehmung, wie irrtümlich in der Öffentlichkeit seinen eigenen Namen zu hören, ist was anderes als Halluzinationen und Wahnvorstellungen – diese sind recht detailliert: Beispielsweise das Hören von Stimmen, die sonst niemand hören kann, oder der feste Glaube, dass jemand anderes sich des eigenen Verstandes zu eigen gemacht hat, sagte McGrath.

Man sollte sich auch klar sein, dass man nicht psychisch krank ist, wenn Halluzinationen oder Wahngedanken ein- oder zweimal auftreten. Doch bei regelmäßig auftretenden Erfahrungen dieser Art, empfehlen wir, Hilfe zu suchen, schloss er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Queensland, Harvard Medical School, JAMA Psychiatry; Mai 2015

Langes einander in die Augen starren kann Halluzinationen verursachen

Der Psychologe Giovanni Caputo von der Universität Urbino hat eine Studie mit gesunden Freiwilligen durchgeführt, bei der jeweils zwei der Teilnehmer einander für einen langen Zeitraum in die Augen schauten: Tatsächlich konnten so Dissoziationen (Verfremdungssymptome) und Halluzinationen hervorgerufen werden.

Frühere Forschungsstudien haben bereits herausgefunden, dass man merkwürdige Empfindungen erfahren kann, wenn man Dinge lange anstarrt. Z.B. haben Menschen, die an der Wand Punkte für längere Zeit anschauten, über Gefühle der Verfremdung berichtet.

Und Personen, die ihre eigenen Gesichter in einem Spiegel anstarrten, berichteten über geringfügige Halluzinationen.

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Das Experiment

Caputo fragte sich also, was passiert, wenn zwei Menschen sich für lange Zeit in die Augen starrten. Dazu teilte er 40 gesunde junge Freiwillige in zwei Gruppen ein; eine diente als Kontrolle und wurde darum gebeten, eine Wand in einem schwach beleuchteten Raum für 10 Minuten anzustarren.

Die andere Gruppe wurde in Paare aufgeteilt. Diese sollten sich ebenfalls für 10 Minuten emotionslos in die Augen schauen – in einem Zimmer mit leicht gedimmten Licht, um die Gesichtsmerkmale zu verstärken. Keine der beiden Gruppen wurde erzählt, worum es im Versuch ging. Anschließend wurden die Teilnehmer befragt.

Dissoziationen

Caputo stellte in der Zeitschrift Psychiatry Research fest, dass die Teilnehmer in der Paar-Gruppe über mehr Dissoziationssymptome berichteten als die der Kontrollgruppe. Die Probanden berichteten über Realitätsverlust, Veränderungen bei der Geräusch- oder Farbwahrnehmung und über ein langsameres Verstreichen der Zeit.

Aussagen zu den Halluzinationen

Interessanter waren die Antworten zu den Halluzinationen: 90 Prozent der Paare berichteten, dass sie Veränderungen im Gesicht der angestarrten Person sahen – Deformationen, die zu einem Morphing (Verwandlung) führten, in vielen Fällen sogar zu Bildern eines Monsters, ihr eigenes Gesicht oder das eines Verwandten.

Caputo kann nicht erklären, warum die Halluzinationen auftraten, aber er könnte sich vorstellen, dass es durch eine Art sensorische Deprivation verursacht wurde. Er hält es für möglich, dass sie auftreten, weil das deprivierte Gehirn unterbewusste Gedanken auf das Gesicht der anderen Person projiziert.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Urbino, Psychiatry Research; August 2015

Wie Halluzinationen entstehen, wenn man versucht, eine Bedeutung in einer mehrdeutigen Welt zu erkennen

Eine Studie der Universitäten Cardiff und Cambridge untersuchte die Idee, dass sich Halluzinationen durch eine Verbesserung unserer normalen Fähigkeit ergeben könnten, die Welt um uns herum zu interpretieren, indem wir Informationen und Prognosen nutzen.

Dazu arbeiteten die Forscher mit 18 Personen, die von sehr frühen Zeichen einer Psychose betroffen waren, und 16 Kontrollpersonen. Sie untersuchten die Fähigkeiten dieser beiden Gruppen, Voraussagen zu benutzen, um mehrdeutige, unvollständige schwarzweiße Abbildungen zu vervollständigen.

Interpretation unvollständiger Bilder

Die Freiwilligen wurden darum gebeten, sich eine Reihe dieser Schwarzweiß-Bilder anzusehen, von denen manche eine Person enthielten. Sie sollten dann angeben, ob sie eine Person erkennen. Wegen der mehrdeutigen Natur der Abbildungen, war die Aufgabe zunächst sehr schwierig. Den Teilnehmern wurden dann aber die Original-Bilder mit ihren Farben gezeigt, aus denen die unvollständigen Schwarzweiß-Bilder entstanden waren: diese Information konnte nun genutzt werden, um die Fähigkeit des Gehirns zu verbessern, die Bedeutung der mehrdeutigen Abbildungen zu erfassen.

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Meine Augen zur Zeit der Erscheinungen von August Natterer

Die Welt erklären

Die Forscher unter Leitung von Dr. Christoph Teufel argumentieren: Da Halluzinationen durch den größeren Wunsch herrühren können, mit den eigenen Voraussagen die Welt zu ‚erklären‘, sollten für Halluzinationen anfällige Menschen besser diese Informationen einsetzen können, denn bei dieser Aufgabe wäre solch eine Strategie vorteilhaft.

Tatsächlich fanden die Forscher eine stärkere Leistungsverbesserung bei der Gruppe mit sehr frühen Anzeichen einer Psychose – im Vergleich mit der gesunden Kontrollgruppe. Dies legt nahe, dass die Personen aus der klinischen Gruppe sich wirklich stärker auf die Informationen stützten, die sie bekamen, um die mehrdeutigen Bilder zu deuten.

Als die Forscher die Bilder in einem anschließenden Experiment einer Gruppe von 40 gesunden Personen zeigten, fanden sie einen graduellen Übergang bei der gezeigten Performance, wobei die erreichten Punkte der Teilnehmer bei der Bilder-Aufgabe mit den erreichten Werten bei Tests auf Psychoseneigung in Beziehung standen.

Mit anderen Worten: Die Änderung in der Informationsverarbeitung, die ein vorheriges Wissen gegenüber dem sensorischen Input während der Wahrnehmung favorisiert, kann selbst vor dem Beginn früher psychotischer Symptome erkannt werden.

Normale Gehirnfunktionen

Naresh Subramaniam vom Fachbereich für Psychiatrie an der Universität Cambridge schreibt in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences, dass diese Befunde wichtig sind. Denn sie sagen uns nicht nur, dass die Entstehung der Schlüsselsymptome einiger psychischer Erkrankungen als ins Ungleichgewicht geratene normale Hirnfunktionen verstanden werden kann.

Sie legen auch nahe, dass diese Symptome und Erfahrungen nicht ein ‚kaputtes‘ Hirn reflektieren, sondern eher eines, das auf eine sehr natürliche Weise bestrebt ist, eingehenden uneindeutigen Daten Bedeutung zu geben, sagte er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Cardiff, Universität Cambridge, Proceedings of the National Academy of Sciences; Okt. 2015

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News aus der Forschung

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