Intrusive Gedanken, Intrusionen

Definition

Ein intrusiver Gedanke bzw. eine Intrusion ist ein unwillkommener, unfreiwilliger bzw. aufdringlicher Gedanke, ein Bild oder eine unangenehme Idee, die zu einer Besessenheit werden kann, verärgert oder beunruhigend ist und sich schwer zu kontrollieren oder beseitigen lässt.

Wenn solche Gedanken mit einer Zwangsstörung, Depression, einer Körperbildstörung (Dysmorphischen Störung des Körpers) und manchmal einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in Verbindung gebracht werden, können die Gedanken lähmend, ängstigend oder hartnäckig werden.

Intrusionen können auch mit episodischem Gedächtnis, unerwünschten Sorgen oder Erinnerungen von Zwangserkrankungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, anderen Angststörungen, Essstörungen oder Psychosen verknüpft sein.

Intrusive Gedanken, Zwänge und Bilder enthalten häufig unangemessene Dinge zu unpassenden Zeiten und haben im Allgemeinen aggressive, sexuelle oder blasphemische Themen zum Inhalt.

Mechanismus im Gehirn, um intrusive (unerwünschte) Gedanken zu stoppen?

03.11.2017 Wissenschaftler haben eine Schlüsselchemikalie in der ‚Gedächtnis‘-Region des Gehirns identifiziert, die es uns erlaubt, intrusive (unerwünschte, aufdringliche) Gedanken – oder auch Intrusionen genannt – zu unterdrücken, und zu erklären, warum Menschen, die an Erkrankungen wie Angststörungen, Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), Depressionen und Schizophrenie leiden, häufig anhaltende aufdringliche Gedanken erleben, wenn diese Netzwerke fehlgehen.

Gedanken an unangenehme Erlebnisse

Manchmal werden wir mit Erinnerungen an ungewollte Gedanken konfrontiert – Gedanken an unangenehme Erlebnisse, Bilder oder Sorgen. Wenn dies geschieht, kann der Gedanke möglicherweise wieder abgerufen werden, so dass wir wieder darüber nachdenken, auch wenn wir es lieber nicht möchten.

Dies mag vielleicht kein Problem sein, wenn wir auf diese Weise an positive Erlebnisse erinnert werden. Aber wenn das Thema unangenehm oder traumatisch ist, können unsere Gedanken sehr negativ werden, uns Sorgen machen oder uns darüber grübeln lassen, was geschehen ist, und uns zurück zum Ereignis führen.

Kontrolle der Gedanken

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Bild: Gerd Altmann

Unsere Fähigkeit, unsere Gedanken zu kontrollieren, ist für unser psychologisches Wohlbefinden von grundlegender Bedeutung, erklärt Professor Michael Anderson von der Medical Research Council Cognition and Brain Sciences Unit der Universität Cambridge.

Wenn diese Fähigkeit ausfällt, verursacht sie einige der belastendsten Symptome psychiatrischer Erkrankungen: intrusive Erinnerungen, Bilder, Halluzinationen, Grübeln, krankhafte und anhaltende Sorgen. Das sind alles Schlüsselsymptome psychischer Erkrankungen wie PTBS, Schizophrenie, Depression und Angststörungen, Zwangsstörung.

Präfrontaler Cortex – das Kontrollzentrum

Eine Region im vorderen Teil des Gehirns, der sogenannte präfrontale Cortex, spielt bekanntlich eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle unserer Handlungen und hat in jüngster Zeit in der Forschung eine ähnlich wichtige Rolle dabei gespielt, unsere Gedanken zu stoppen.

Der präfrontale Cortex fungiert als Master-Regulator und steuert andere Hirnregionen – den motorischen Cortex für Aktionen und den Hippocampus für Erinnerungen.

In der aktuellen in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Forschungsarbeit nutzte ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Dr. Taylor Schmitz und Professor Anderson eine Aufgabe, die als Think / No-Think Verfahren bekannt ist, um einen signifikanten neuen Gehirnprozess zu identifizieren, der es dem präfrontalen Cortex ermöglicht, unsere Gedanken erfolgreich zu hemmen.

Was im Gehirn bei der Gedankenunterdrückung passiert

In der Aufgabe lernten die Teilnehmer, eine Reihe von Wörtern mit einem paarigen, aber ansonsten unzusammenhängenden Wort zu verbinden. Im nächsten Schritt sollten die Teilnehmer das zugehörige Wort erinnern, wenn das Signal grün ist oder es unterdrücken, wenn das Signal rot zeigt; mit anderen Worten, wenn ‚rot‘ angezeigt wurde, sollten sie das Wort angucken, aber nicht mehr über das damit verbundene Wort nachdenken.

Mit Hilfe einer Kombination aus funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) und Magnetresonanzspektroskopie konnten die Forscher beobachten, was in den Schlüsselregionen des Gehirns passiert, während die Teilnehmer versuchten, ihre Gedanken zu hemmen.

Mit Hilfe der Spektroskopie konnten die Forscher nicht nur die Hirnaktivität messen, wie es in bildgebenden Studien üblich ist, sondern auch die Hirnchemie.

GABA-Konzentrationen im Hippocampus

Professor Anderson, Dr. Schmitz und Kollegen zeigten, dass die Fähigkeit, intrusive Gedanken zu hemmen, auf einen Neurotransmitter angewiesen ist – eine Chemikalie im Gehirn, die es erlaubt, Nachrichten zwischen Nervenzellen weiterzuleiten – bekannt als GABA.

GABA ist der wichtigste „hemmende“ Neurotransmitter im Gehirn, und seine Freisetzung durch eine Nervenzelle kann die Aktivität in anderen Zellen, mit denen sie verbunden ist, unterdrücken.

Anderson und Kollegen entdeckten, dass GABA-Konzentrationen im Hippocampus – einem Schlüsselbereich des Gehirns, der beim Gedächtnis involviert ist – die Fähigkeit des Menschen vorhersagen, den Abrufungsprozess zu blockieren, und Gedanken und Erinnerungen daran zu hindern, zurückzukehren.

Das Aufregende daran ist, dass wir jetzt sehr konkret werden, erklärt er. Früher konnten wir nur sagen, dass dieser Teil des Gehirns auf jenen wirkt, aber jetzt können wir zeigen, welche Neurotransmitter wahrscheinlich wichtig sind – und als Folge daraus schließen wir auf die Rolle hemmender Neuronen – die es uns ermöglichen, unerwünschte, aufdringliche Gedanken zu stoppen, sagte er.

Während sich die bisherigen Forschungen auf den präfrontalen Cortex – die Kommandozentrale – konzentrierten, haben wir gezeigt, dass es sich um ein unvollständiges Bild handelt, schreibt er weiter. Intrusionen zu hemmen, ist genauso an die Zellen im Hippocampus (den „Fußsoldaten“) gekoppelt, die Befehle vom präfrontalen Cortex empfangen.

Weniger GABA im Hippocampus, schlechtere Hemmung der Intrusionen

Wenn die „Fußsoldaten einer Armee“ schlecht ausgerüstet sind, können die Befehle ihrer Kommandeure nicht gut ausgeführt werden, schreiben die Neurowissenschaftler.

Die Forscher fanden heraus, dass selbst in ihrer Stichprobe gesunder junger Erwachsener Menschen mit weniger hippocampalem GABA (weniger effektiven Fußsoldaten) weniger gut in der Lage waren, die Hippocampus-Aktivität durch den präfrontalen Cortex zu unterdrücken – und infolgedessen viel schlechter waren, intrusive Gedanken zu hemmen.

Hyperaktive Hippocampi bei Schizophrenie

Die Entdeckung könnte eine der seit langem bestehenden Fragen zur Schizophrenie beantworten. Die Forschung hat gezeigt, dass von Schizophrenie betroffene Menschen hyperaktive Hippocampi haben, die mit intrusiven Symptomen wie Halluzinationen korrelieren.

Post mortem Studien haben ergeben, dass die hemmenden Neuronen (die GABA benutzen) in den Hippocampi dieser Menschen kompromittiert sind, was es für den präfrontalen Cortex möglicherweise schwieriger macht, die Aktivität in dieser Struktur zu regulieren.

Dies deutet darauf hin, dass der Hippocampus nicht in der Lage ist, fehlgeleitete Gedanken und Erinnerungen zu hemmen, die sich möglicherweise als Halluzinationen manifestieren.

Umwelt- und genetische Einflüsse

Laut Dr. Schmitz könnten die Umwelt- und genetischen Einflüsse, die im Hippocampus zur Hyperaktivität führen, einer Reihe von Störungen mit aufdringlichen Gedanken als gemeinsames Symptom zugrunde liegen.

Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass erhöhte Aktivität im Hippocampus bei einer Reihe von psychischen Krankheitsbildern wie PTBS, Angsterkrankungen und chronischen Depressionen beobachtet wird, die alle eine pathologische Unfähigkeit zur Kontrolle von Gedanken beinhalten – wie etwa exzessives Sorgen oder Grübeln.

Behandlung

Während die Studie keine unmittelbaren Behandlungsmöglichkeiten untersuchte, glaubt Professor Anderson, dass sie einen neuen Ansatz bieten könnte, um intrusive Gedanken bei diesen psychischen Störungen zu bekämpfen.

Der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Funktionsweise des präfrontalen Cortex, sagte er, aber die Studienbefunde legen nahe, dass, wenn man die GABA-Aktivität im Hippocampus verbessern könnte, dies den Menschen helfen könnte, unerwünschte und aufdringliche Gedanken zu stoppen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Cambridge; Nature Communications – DOI: 10.1038/s41467-017-00956-z; Nov. 2017

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