Paranoide Gedanken

Paranoide Gedanken sind relativ weit verbreitet

Eine neuartige Studie aus dem Vereinigten Königreich verwendete eine Realitätssimulation, um das Ausmaß zu bestimmen, wie häufig Paranoia (Verfolgungswahn – siehe auch paranoide Schizophrenie) in der Bevölkerung auftritt. Die Forschung demonstrierte, dass paranoide Gedanken viel üblicher in der allgemeinen Bevölkerung sind, als zuvor gedacht wurde, und dass sie fast so verbreitet wie Angst und Depression sind.

Paranoia testen in Computersimulation

Bis heute waren Forscher in Laboreinrichtungen außerstande gewesen, Paranoia zu untersuchen, (übertriebene Ängste hinsichtlich Bedrohungen durch andere) und haben stattdessen Fragebogen verwendet, die fehlerhaft sein können.

Eine von Dr. Daniel Freeman geführte Zusammenarbeit mit Forschern im Institut für Psychiatrie, King’s College London, hat eine Computer-Simulation entwickelt, um paranoide Gedanken zu untersuchen.

Paranoia durch mehrdeutige Ereignisse ausgelöst

Paranoide Gedanken werden oft durch mehrdeutige Ereignisse ausgelöst, wie: Menschen, die einem nachsehen, oder Gelächter von anderen, sagt Dr. Freeman.

Realitätssimulation erlaubt uns, zu schauen wie verschiedene Leute genau dieselbe soziale Situation interpretieren. Es ist eine mächtige Methode, etwas wahrzunehmen, was wahrscheinlich andere Personen fehlinterpretieren werden.
In der Realitätssimulation trugen die 200 Freiwilligen Headsets, und fuhren in einem Gefährt in einem virtuellen London vier Minuten lang herum. Die Bahn enthielt neutrale Computerpersonen (Avatare), die atmeten, sich umsahen und dem Blick der Teilnehmer manchmal begegneten. Ein Avatar las eine Zeitung; ein anderer lächelte gelegentlich, wenn er angesehen wurde. Eine Tonspur einer Bahn wurde abgespielt.

Dr. Freeman und Kollegen stellten fest, dass die Teilnehmer dieselben Computercharaktere sehr unterschiedlich interpretierten. Die häufigste Reaktion war, die Charaktere der Realitätssimulation freundlich oder neutral zu emfinden, aber fast 40% der Teilnehmer hatten mindestens einen paranoiden Gedanken. Die Teilnehmer wurden ausgiebig beurteilt vor dem Antritt der Fahrt, und sie wurden bewertet hinsichtlich Ängstlichkeit, Sorgen, Selbstbewusstsein und paranoide Gedanken. Die Ergebnisse der Studie sind im British Journal of Psychiatry herausgegeben worden.

Kommentare über die Charaktere der Realitätssimulation der Teilnehmer, die paranoide Gedanken erfuhren, waren z.B.:

„Es gab einen Typen, der starrte mich dauernd an – ich versuchte, von ihm weg zu kommen. Mochte sein Gesicht nicht. Ich bin sicher, dass er mich mehr als nötig ansah.“

„Ein Mädchen bewegte dauernd ihre Hand. Sah wie eine Taschendiebin aus.“

„Fühlte mich gefangen zwischen zwei Männern im Eingang. Als Frau bin ich Männern gegenüber misstrauischer. Mochte die große Nähe zu den Männern nicht. Der Typ gegenüber hätte sexuelle Absichten haben können.“

„Dort ist etwas komisch an einem Typ. Als ob er im Begriff sei, jemanden anzugreifen, eine Bombe zu legen, mir etwas nicht Nettes sagen, aggressiv zu sein.“

„In der Vergangenheit wurde angenommen, dass nur jene mit einer schwerwiegenden Geisteskrankheit paranoide Gedanken hätten, aber jetzt wissen wir, dass dies einfach nicht der Fall ist“, sagt Dr. Freeman.

Verfolgungsgedanken relativ üblich

Etwa ein Drittel der allgemeinen Bevölkerung erfährt regelmäßig Verfolgungsgedanken. Dies sollte nicht überraschend sein. Im Kern aller sozialen Interaktionen ist es ein wichtiges Urteil, ob man vertraut oder misstraut, aber es ist ein Urteil, das fehleranfällig ist. Wir machen wahrscheinlicher paranoide Fehler, wenn wir ängstlich sind, schlechte Erfahrungen von anderen in der Vergangenheit wiederkäuen und hatten, sagte er.

Dr. Freeman glaubt, dass paranoide Gedanken sich wahrscheinlicher entwickeln, wenn man das öffentliche Transportwesen benutzt, wo die Leute sich eingeschlossen und beobachtet fühlen können, nicht hören können was andere sagen. Personen, die Terrorismus in der U-Bahn fürchten, tendierten dazu, über mehr paranoide Gedanken im virtuellen Zug zu berichten; dies sind wahrscheinlich Nachwirkungen der Londoner Bombenanschläge des 7. Juli, 2005. Jedoch fanden die Forscher auch, dass Personen, die regelmäßig mit der Bahn fuhren, weniger von paranoiden Gedanken im virtuellen Zug begleitet wurden.

„Paranoides Denken ist ein Thema in der nationalen Diskussion, das die Publizität auf Bedrohungen wie den Terrorismus steigert“, sagt Dr. Freeman. „Es scheint manchmal, als ob das Eine, das die unterschiedlichen Völker der Welt vereinigt, unsere Furcht voreinander ist. Angst vor Anderen ist so üblich, dass sie eine Notwendigkeit zu sein scheint, wenn auch unwillkommen, so doch ein Teil dessen, menschlich zu sein.“

Paranoia wird zunehmend mit Hilfe der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. Dr. Freeman glaubt, dass Realitätssimulation zukünftig als Werkzeug in der klinischen Diagnose verwendet werden und in der kognitiven Verhaltenstherapie der Paranoia integriert werden kann, um Patienten hinsichtlich ihrer Ängste in virtuellen Welten testen zu können.
Quelle: Wellcome Trust – 2008

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