Corona und Depressivität

Symptombelastung bei Depressivität verfünffacht während Corona-Kontaktbeschränkungen

Die Maßnahmen zur Beschränkung des gesellschaftlichen Lebens während der COVID-19-Pandemie haben bei Depressivität die schweren Symptombelastungen verfünffacht. Darauf weisen die vorläufigen Ergebnisse eines neuen internationalen Forschungsprojekts der PFH Private Hochschule Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. Youssef Shiban hin.

„Aktuelle empirische Untersuchungen zeigen, dass Quarantänemaßnahmen von psychologischen Auffälligkeiten wie Depressivität und Stressreaktionen begleitet werden können. Die zur Eindämmung von Covid-19 eingeführten Maßnahmen könnten somit mit erheblichen Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden verbunden sein, die höchstwahrscheinlich weit über die akute Krise hinweg bestehen bleiben werden“, erklärt Dr. Youssef Shiban, Professor für Klinische Psychologie an der PFH.

Ein internationales Forscherteam unter seiner Leitung untersucht deshalb die Auswirkungen der Beschränkungsmaßnahmen. „Ziel unserer Studie ist es, das Befinden der Bevölkerung während der Einschnitte durch die Covid-19-Pandemie in das gesellschaftliche Leben zu dokumentieren, die belastenden Faktoren zu untersuchen sowie den Einfluss von Resilienzfaktoren, wie z. B. hilfreichen Emotionsregulationsstrategien zu erforschen“, sagt Shiban.

Bedeutender Anstieg der Symptombelastung

Bis dato nahmen rund 2.000 Personen an dem Test teil. Eine erste Analyse der erhobenen Daten lässt bereits einen deutlichen Trend erkennen: Im Vergleich zu einer Normierungsstichprobe ergaben sich deutliche Veränderungen bei der Symptombelastung der befragten Personen.

Insbesondere für die Depressivität ist in den vorläufigen Daten ein deutlicher Unterschied im Vergleich mit den Stichproben zu finden, die zur vor der Pandemie zu Normierung der Fragebögen herangezogen wurden, zu erkennen.

Es ergibt sich eine Verfünffachung des Anteils an schwerer Symptombelastung im Vergleich zur Norm. Ein ähnlicher Trend zeichnet sich auch für die anderen erhobenen Störungen ab. So ist bei Essstörungen ein deutlicher Zuwachs bei einer mittleren und schweren Symptombelastung zu erkennen.
„Zu Beginn der Pandemie haben wir mit einem Anstieg psychischer Belastung durch die Beschränkungsmaßnahmen gerechnet. Jetzt deutet sich an, dass diese erheblich sein könnten. Zur Einordnung kann man auf die Datenlage zu dem SARS-Ausbruch 2003 in Kanada schauen. In einer Studie von Hawryluck et al. (2004) zeigten sich bei 30 Prozent der von Quarantäne-Maßnahmen betroffenen Studien-Teilnehmer Symptome von Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen“, so Shiban.

Die Studie führt sowohl einen innerdeutschen Vergleich zwischen den verschiedenen Bundesländern als auch einen internationalen Vergleich mit den Ländern Kanada und Norwegen durch. Es bestehen Kooperationen mit der Universität Regensburg (Deutschland), der Inland Norway University of Applied Sciences (Norwegen) und der Carleton University (Kanada).

Das Projekt wird im Rahmen des vom norwegischen Forschungsrat initiierten „BEDREHELSE“-Programms gefördert. Das internationale Forscherteam um Shiban erhebt Daten, die die Grundlage für weitere quantitative und qualitative Untersuchungen bilden sollen. Dabei werden belastende und schützende Faktoren herausgearbeitet, um psychologische Handlungsstrategien für den Umgang mit der Pandemie abzuleiten.
„Da es sich um eine laufende Studie und somit um vorläufige Daten handelt, sind die Ergebnisse vorerst als Trend zu interpretieren. Wir streben eine baldige Veröffentlichung der Ergebnisse an, um Entscheidungsträgern einen frühestmöglichen Datenzugriff und auf deren Basis die Entwicklung geeigneter Strategien zu ermöglichen“, sagt Shiban.

Quellenangabe: PFH Private Hochschule Göttingen

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