Mobbing durch Führungskräfte am Arbeitsplatz: Wie Mitarbeitende schlechte Führung belohnen
19.02.2021 Was passiert, wenn Führungskräfte ihre Mitarbeitenden respektlos behandeln? Zu Mobbing am Arbeitsplatz liefert eine Leadership-Studie der Kühne Logistics University (KLU) einen überraschenden Befund: Verbal und psychisch misshandelte Mitarbeitende neigen häufig dazu, sich selbst die Schuld dafür zu geben und den Forderungen von Vorgesetzten nachzugeben. Die Studie zu missbräuchlicher Führung („abusive supervision“) beschreibt Ursachen und Gefahren solch toxischer Beziehungen und was Unternehmen dagegen tun können.
„Angenommen, Ihre Führungskraft ignoriert Ihre Emails, schreit Sie an oder macht Witze auf Ihre Kosten. Was würden Sie tun? Wahrscheinlich würden Sie ihr nicht dabei helfen, ihre nächste Präsentation zu erstellen. Doch genau das ist häufig der Fall, wie unsere Studie mit insgesamt 475 Teilnehmenden zeigt“, sagt einer der beiden Autoren, Christian Tröster, Ph.D., Associate Professor für Führung und Verhalten in Organisationen.
Mobbing durch Führungskräfte kann Schuldgefühle auslösen und so Leistung steigern
Wenn Mitarbeitende die Beziehung zu Chefin oder Chef grundsätzlich als positiv einschätzen, ist es wahrscheinlich, dass ein emotionaler oder verbaler Missbrauch bei ihnen Schuldgefühle auslöst. Dadurch kann der Wunsch entstehen, Forderungen von Vorgesetzten zu erfüllen – selbst wenn diese in verletzender Weise gestellt werden. Die Forschungsergebnisse widersprechen damit auf den ersten Blick der vorherrschenden Theorie, wonach Mobbing am Arbeitsplatz die Leistungsbereitschaft verringert. Entscheidend sei die Qualität der Arbeitsbeziehung, wenn es zu Mobbing durch die Führungskraft komme, betonen die Wissenschaftler. Sowohl in positiv als auch in negativ empfundenen Beziehungen kann Wut entstehen, was zu offener oder verdeckter Leistungsverweigerung führt. Hilfsbereit zeigen sich gemobbte Mitarbeitende aber nur in positiv bewerteten Beziehungen.
Missbräuchliche Führung ist schwer zu erkennen
„Missbräuchliche Führung ist ein großes Problem für Mitarbeitende und Unternehmen. In der konkreten Arbeitssituation ist sie aber oft schwer zu erkennen. Als Führungskraft kann die Wahrnehmung sein: Ich arbeite gut, effektiv und mein Team mag mich. So entsteht ein gefährlicher Kreislauf missbräuchlicher Führung“, warnt Dr. Niels Van Quaquebeke, Professor für Leadership und Verhalten in Organisationen.
Vor allem Organisationen, die Führungskräfte allein auf Basis der Leistungen des geführten Teams beurteilen, übersehen so wichtige Anzeichen für missbräuchliche Führung („abusive supervision“). Die Konsequenzen sind erheblich: Mitarbeitende entwickeln häufig psychische Probleme mit Auswirkungen am Arbeitsplatz, zu Hause und im sozialen Umfeld. Auf Unternehmen kommen Fehlzeiten, Gesundheitsprobleme und möglicherweise kostspielige rechtliche Schritte zu. In 85 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum kommt toxisches Führungsverhalten vor. Jedes fünfte Unternehmen verfügt sogar über ein ausgesprochen giftiges Führungsklima. Das haben die Universitäten Bielefeld, Düsseldorf und Trier und die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin anhand von Daten der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu herausgefunden.
Beförderung? Nur bei respektvoller Kommunikation
Was können Unternehmen tun, um diesen negativen Folgen vorzubeugen und ihre Angestellten zu schützen? Sie sollten Führungskräfte nicht allein auf Basis der Leistung der geführten Teams beurteilen, sondern Mitarbeitende auch den Führungsstil ihrer Vorgesetzten direkt bewerten lassen, raten die Wissenschaftler. Bedingung für jede Beförderung sei im Idealfall immer auch ein respektvoller Umgang. Die Empfehlung für Mitarbeitende ist, sich nicht in eine Spirale aus Mobbing und Schuldgefühlen ziehen zu lassen. Dazu können sie eine Grenze definieren, die die Führungskraft nicht überschreiten darf. Wird die Grenze überschritten, sollten Sie idealerweise direkt mit dem oder der Vorgesetzten darüber sprechen, denn vielen Führungskräften ist den Wissenschaftlern zufolge nicht bewusst, wie sie bei ihren Mitarbeitenden wirken.
Die Untersuchung ist im Academy of Management Journal erschienen. Grundlage sind ein Online-Experiment mit 200 Teilnehmenden und eine Tagebuchstudie mit 275 Personen. Sie verfassten zu zehn Arbeitstagen zweimal täglich einen Eintrag.
Quellenangabe: Kühne Logistics University
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