Untreue in der Beziehung (Psychologie)

Untreue in der Beziehung (Psychologie, Psyche)

Psychische Probleme – Beziehungsprobleme

Anzeichen für Untreue und Trennung

13.02.2018 Eine aktuelle psychologische Studie der Florida State Universität untersuchte, welche Anzeichen / Hinweise auf eine mögliche Untreue deuten.

Untreues Verhalten und drohendes Beziehungsende

In der im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichten Forschungsarbeit enthüllen die Psychologen um Jim McNulty Faktoren, die zu Untreue führen bzw. sie verhindern. Sie schreiben, ihre Forschung sei die erste, die Belege für die psychologischen Reaktionen gefunden hätte, die Menschen helfen können, untreues Verhalten und damit drohende Trennungen zu vermeiden.

sich umarmendes Liebespaar
Bild: Emilie Hendryx

Das Forscherteam beobachtete 233 frisch verheiratete Paare bis zu 3 1/2 Jahre lang und dokumentierte intime Details über ihre Beziehungen, einschließlich der Zufriedenheit in der Ehe, des langfristigen Engagements, ob sie sich mit Untreue beschäftigt hatten und ob sie noch zusammen waren.

Attentional Disengagement (bewusstes Abwenden)

Sie testeten zwei psychologische Prozesse, die jeder Mensch auf unterschiedliche Weise erlebt: Attentional Disengagement (bewusster Rückzug, absichtliches Abwenden) und Evaluative Devaluation (Abwertung) von potenziellen romantischen Partnern.

Das Abwenden von möglichen Partnern ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit bewusst von einer attraktiven Person wegzulenken, die als möglicher Liebespartner betrachtet werden könnte.

Evaluative Devaluation (Abwertung)

Die Abwertung möglicher Partner ist eine Tendenz, die Attraktivität einer anderen Person psychisch herabzusetzen, auch wenn sie besonders gut aussieht.

Das Team testete Frischvermählte auf diese psychologischen Prozesse, indem es ihnen Fotos von hochattraktiven und durchschnittlich aussehenden Männern und Frauen zeigte.

Seltener untreu durch Abwenden und Abwerten

Die Psychologen entdeckten, dass Teilnehmer, die ihre Aufmerksamkeit schnell von einer attraktiven Person abwandten, seltener untreu waren. Die Zeit dieser mentalen Reaktion war bemerkenswert: Personen, die nur nach wenigen hundert Millisekunden schneller als der Durchschnitt wegschauten, hatten fast 50 Prozent weniger wahrscheinlich außerhalb der Ehe Sex.

Umgekehrt waren Partner, die deutlich länger brauchten, um von romantischen Alternativen wegzusehen, deutlich anfälliger für untreues Verhalten und ihre Ehen waren eher zum Scheitern verurteilt.

Die Tendenz zur Abwertung oder Herabstufung der Attraktivität potenzieller romantischer Partner senkte ebenfalls das Risiko für Untreue und erhöhte die Wahrscheinlichkeit, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Treue Menschen bewerteten romantische Alternativen viel negativer.

Automatische mentale Prozesse mit Einflussmöglichkeit

Beide psychologische Reaktionen – Rückzug und Abwertung – minimierten das Risiko untreuen Verhaltens und waren folglich Prädiktoren (Hinweise, Anzeichen) für Beziehungen mit einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit.

Diese psychischen Reaktionen laufen laut McNulty typischerweise automatisch ab.

Die Menschen sind sich nicht unbedingt bewusst, was sie tun oder warum sie es tun, sagte McNulty. Diese Prozesse sind weitgehend spontan und mühelos und können durch biologische Mechanismen und/oder frühe Kindheitserfahrungen geprägt sein.

Das Psychologenteam ist der Ansicht, dass diese Erkenntnisse psychologischen Beratern und Psychotherapeuten praktische Anregungen geben könnten, um Menschen dabei zu helfen, sich weiterhin für ihre Partner zu engagieren.

Während die Prozesse bis zu einem gewissen Grad verwurzelt sein können, sagte McNulty, scheint man doch in der Lage zu sein, die psychologische Fähigkeit zu steigern, Abwendung und Abwertung in Situationen der Versuchung besser einsetzen zu können.

Die stärksten Faktoren für Untreue

Die Studie identifizierte auch einige der stärksten Voraussagevariablen für Untreue, einschließlich Alter, eheliche Zufriedenheit, sexuelle Zufriedenheit, Attraktivität und Vorgeschichte bezüglich kurzfristiger Beziehungen.

  • Die Psychologen stellten fest, dass jüngere Menschen und Personen, die mit ihrer Beziehung weniger zufrieden waren, eher untreues Verhalten an den Tag legten.
  • Überraschenderweise waren Menschen, die mit dem Sex in ihrer Beziehung zufrieden waren, eher untreu, was vielleicht darauf hindeutet, dass sie sich positiver in Bezug auf Sex im Allgemeinen fühlen und ihn unabhängig davon suchen, wie sie sich in ihrer derzeitigen Beziehung / Ehe fühlen.
  • Ein weiterer Indikator für Untreue war die Attraktivität. Die eigene Attraktivität einer Person stand negativ mit Untreue bei Frauen in Verbindung, aber nicht bei Männern: Weniger attraktive Frauen hatten eher eine Affäre.
  • Die Attraktivität eines Partners stand negativ mit Untreue bei Männern in Verbindung, aber nicht bei Frauen, d. h. Männer waren eher untreu, wenn ihre Partnerinnen weniger attraktiv waren.
  • Die Sexualvorgeschichte einer Person war ebenfalls ein prognostischer Faktor für Untreue. Männer mit mehr kurzfristigen Sexualbeziehungen vor der Heirat hatten eher Affären, während bei Frauen das Gegenteil der Fall war.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Florida State Universität; Journal of Personality and Social Psychology; Feb. 2018

Wie Frauen und Männer Untreue in der Partnerschaft verzeihen

31.07.2020 Untreue ist einer der häufigsten Gründe für die Trennung heterosexueller Paare. Eine psychologische Studie untersuchte 160 verschiedene Kulturen und konnte feststellen, dass dies weltweit zutrifft.

Männer und Frauen betrachten verschiedene Arten der Untreue jedoch unterschiedlich laut der im Journal of Relationships Research veröffentlichten Forschungsarbeit.

Männer betrachten körperliche Untreue – wenn der Partner mit einer anderen Person Sex hat – in der Regel schwerwiegender als Frauen.

Frauen betrachten emotionale Untreue – wenn der Partner eine enge Beziehung mit einer anderen Person eingeht – als ernster.

Obwohl Männer und Frauen die verschiedenen Arten der Untreue unterschiedlich erleben, sind sie in etwa gleich bereit, ihrem Partner zu verzeihen. Und die neuen Erkenntnisse zeigen, dass der Grad der Vergebung nicht im Zusammenhang mit der Art der Untreue steht.

Eine Forschergruppe um Trond Viggo Grøntvedt vom Fachbereich Psychologie der Norwegian University of Science and Technology rekrutierte 92 Paare für die Studie. Diese Paare füllten unabhängig voneinander einen Fragebogen zu Fragen aus, die in hypothetischen Szenarien beschrieben wurden, in denen der Partner auf verschiedene Weise untreu gewesen war.

Kein Verzeihen untreuen Verhaltens bei den meisten Teilnehmern

Es stellte sich heraus, dass Männer und Frauen die Untreue ihrer Partnerin nahezu identisch verarbeiten. Die meisten Menschen, unabhängig von Geschlecht und Art der Untreue, halten es für unwahrscheinlich, dass sie die Untreue ihres Partners verzeihen würden.

Je bedrohlicher sich die Untreue anfühlt, desto schlechter ist sie für die Beziehung.

Bereitwilligkeit, einander zu verzeihen

Ob die Partner glauben, dass die Beziehung fortgesetzt werden kann, hängt auch von der Bereitwilligkeit ab, einander zu verzeihen – insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung der Distanzierung vom Partner.

Natürlich gibt es große individuelle Unterschiede, auch innerhalb jedes Geschlechts. Menschen reagieren je nach ihrer Persönlichkeit und den Umständen unterschiedlich auf Untreue.

Viele Leute denken vielleicht, dass Paare mit einer starken Bindung Untreue besser tolerieren könnten, aber das legen die Befunde nicht nahe, sagt Professor Mons Bendixen von der Psychologischen Fakultät der NTNU.

Ein anderer Aspekt spielt eine Rolle in Fällen emotionaler Untreue, in denen kein Sex stattgefunden hat. Inwieweit kann der untreue Partner für das Geschehene verantwortlich gemacht werden?

Schuld und Vergebung

Wenn Sie freiwillig Sex mit einer anderen Person haben, spielt es so gut wie keine Rolle, ob Sie das Gefühl haben, es sei Ihre Schuld.

Der Grad der dem Partner zugeschriebenen Schuld hing mit der Bereitschaft zur Vergebung zusammen, sagt Bendixen.

Die Beziehung ist gefährdeter, wenn der Partner einen großen Teil der Verantwortung dafür tragen muss, dass er in eine intime Beziehung mit einer anderen Person gerät.

Körperliche Untreue

Der Schuldfaktor kommt nicht ins Spiel, wenn der Partner körperlich untreu ist, sagt Grøntvedt.

Wenn man willentlich Sex mit einer anderen Person als dem Partner hat, ist es mehr oder weniger irrelevant, ob man glaubt, dass es hauptsächlich die eigene Schuld war oder nicht. Mögliche Vergebung der Untreue hängt nicht davon ab, ob man die Schuld auf sich nimmt.

Emotionale Untreue

Bei emotionaler Untreue war der Grad der Schuldzuweisung mit Vergebung und Trennung verbunden. Der Effekt der Schuldzuweisung bei der Trennung wurde vollständig dadurch vermittelt, dass weniger Distanz gehalten wurde.

Die an diesen Prozessen beteiligten Mechanismen waren bei Frauen und Männern sehr ähnlich.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Relationships Research – DOI: https://doi.org/10.1017/jrr.2020.5

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