Muskeln / Muskularität als Schönheitsideal
Psychologie-Lexikon
Nicht alle Männer verherrlichen westliche Ideale der Muskulösität
04.04.2020 Eine in Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie untersuchte Einstellungen und Verhalten von Männern in Bezug auf die Muskularität in drei Ländern und stellte fest, dass nicht-westliche Männer im Allgemeinen weniger an ihrem Körperbild und ihrem muskulösen Körperbau interessiert waren als westliche Männer.
Männliche Schönheitsideale in den westlichen Medien
Die meisten Forschungsarbeiten über soziokulturelle Einflüsse, wie z.B. die Darstellung in den Medien, die männliche Schönheitsideale und Verhaltensweisen in Bezug auf Muskulosität und Männlichkeit prägen, haben sich auf die so genannten WEIRD-Bevölkerungen (Western, Educated, Industrialized, Rich, Democratic) fokussiert.
Das bedeutet, dass viele der Schlussfolgerungen in Bezug auf den Antrieb zur Muskulosität und deren negatives Verhalten, wie z.B. der Gebrauch von anabolen Steroiden und ungesunde Ernährung, sehr westlich geprägt sind, schreiben die Wissenschaftler um Tracey Thornborrow vom Fachbereich Psychologie der University of Lincoln, United Kingdom.
Schönheitsideale in Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Normen
Die Psychologen wollten herausfinden, ob diese Einstellungen bzw. Schönheitsideale auf Länder mit unterschiedlichen kulturellen Normen übertragbar sind, also verglichen sie eine Kohorte britischer Männer mit ugandischen und nicaraguanischen Männern.
Bild: Lukasz Dylka
In der Studie wurde eine Reihe von Parametern aus jeder Gruppe gesammelt und bewertet, die von der Demographie und dem Body-Mass-Index (BMI) bis zu den Emotionen durch Medieneinflüsse und dem Druck Gleichaltriger auf das Erreichen eines idealisierten Erscheinungsbildes bis hin zu persönlichen Körperzielen reichten.
Die Teilnehmer bewerteten auch den wahrgenommenen Grad der Muskulosität ihres derzeitigen und idealen Körpers auf der Skala für Male Adiposity and Muscularity (MAMS).
Die Forscher benutzten weiterhin eine Form von künstlicher Intelligenz, um in diesen Daten Muster zu finden, die vorhersagen könnten, welche ethnischen Gruppen zu mehr Muskelaufbau bewegt werden – unabhängig vom Herkunftsland.
Damit konnte gut festgestellt werden, welche soziokulturellen Faktoren – wie Medien und Ethnizität – und der Wunsch nach Muskeln, es wahrscheinlicher machen, dass Männer ihren Körper aktiv verändern wollen, sagte Mitautor Tochukwu Onwuegbusi.
Sollte ein Mann muskulös sein?
Die Daten aus der aktuellen Studie legen beispielsweise nahe, dass Weiße in Großbritannien oder Miskitu-Männer in Nicaragua eher glauben, dass ein Mann muskulös sein sollte. Diese Männer waren eher zu muskelaufbauenden Aktivitäten wie Bodybuilding, Trinken von Proteinshakes oder der Einnahme von anabolen Steroiden bereit.
Ugandische Männer hatten im Vergleich zu Männern im Vereinigten Königreich den geringsten Wunsch nach Muskulosität.
Motivation hinter dem Streben nach Muskularität
Die Motivation hinter dem Streben nach Muskularität kann komplex sein, so Thornborrow. Männer aus bestimmten ethnischen Gruppen in Nicaragua berichteten beispielsweise, dass sie weniger auf ihr körperliches Aussehen achten; trotzdem versuchten sie eher, ihre Muskelmasse zu vergrößern.
Diese nicht-medial beeinflussten Motivationen könnten lokale Vorstellungen über Männlichkeit beinhalten, und ein muskulöser Körper ist ein visueller Indikator für einen arbeitenden Mann, nicht für einen faulen Mann, erklärte Thornborrow. Im ländlichen Nicaragua verrichten viele Männer körperliche Arbeit, z.B. in der Landwirtschaft, beim Fischen und auf dem Bau, so dass ein muskulöser Körper mit einem hart arbeitenden Mann verknüpft wird.
Während es immer mehr Anzeichen dafür gibt, dass Männer in westlichen Ländern ähnlich wie Frauen unter großem Druck stehen, stereotypen Schönheitsidealen bzw. Körperidealen zu entsprechen, ist das Bild, das sich in Nicht-WEIRD-Populationen abzeichnet, weniger klar.
Es ist mehr Forschung erforderlich, um die Folgen dieser anderen kulturellen Einstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf das Körperbild besser zu verstehen, schließen die Psycholen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Frontiers in Psychology – DOI: 10.3389/fpsyg.2020.00495
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