Moralpsychologie IV

Moralpsychologie

News/Forschung zum Bereich der Psychologie, der sich mit den moralischen Wertvorstellungen von Menschen beschäftigt.

Moralische Verfehlungen wiegen schwerer

13.07.2016 Eine in der Zeitschrift Social Cognition veröffentlichte Studie der Universität Chicago hat herausgefunden, dass Menschen mehr ‚Beweise‘ für eine moralische Besserung fordern, bis sie jemandem wieder ‚vertrauen‘; Menschen werden jedoch sehr viel schneller zum ‚Sünder‘ in den Augen anderer, wenn sie Missetaten begehen.

Die Forscher Ed O’Brien und Nadav Klein versuchten zu bestimmen, wo Menschen den moralischen Wendepunkt bei der Beurteilung anderer setzen. Wie viele Handlungen muss eine Person begehen bzw. nicht mehr zeigen, damit andere ihren moralischen Charakter als grundlegend verändert sehen?

In einer Reihe von Experimenten lasen die Teilnehmer Geschichten über bestimmte Charaktere und deren tägliches Verhalten, das zuweilen moralisch oder amoralisch gezeigt wurde.

‚Sünder‘ werden ist leichter

Die Forscher konnten über alle Experimente hinweg demonstrieren, dass die Teilnehmer schneller bei der Beurteilung eines moralischen Verfalls, aber langsamer bei der Diagnose einer moralischen Besserung waren – obwohl sie dieselbe Anzahl an Handlungen in beiden Fällen beobachteten. Mit anderen Worten: Es ist leichter, ein Sünder zu werden als ein Heiliger.

Legten die beobachteten Charaktere ein ’schlechtes‘ Verhalten an den Tag, wurden sie schon nach wenigen Vorfällen als Menschen mit einem schlechteren Charakter eingestuft; stellten sie aber ihr gemeines Verhalten ein und versuchten sich zu bessern, benötigten sie sehr viel mehr ‚gute Taten‘, um von den Teilnehmern als ‚gebesserter Charakter‘ eingestuft zu werden.

Die Implikationen der Studie gehen weit über die Eindrücke von Bürokollegen hinaus, und zeigen, warum Menschen, die sich ein negatives Bild von jemandem machen, diesem erstmal keine zweite Chance geben. Die Ergebnisse werfen Fragen für Richter und Politiker hinsichtlich von Verurteilungen und Richtlinien für das Strafmaß auf.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Chicago, Social Cognition – DOI: 10.1521/soco.2016.34.2.149; Juli 2016

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