Das Vortäuschen von Emotionen am Arbeitsplatz schadet mehr als es nützt
18.01.2020 Das Motto „Fake it until you make it“ – die Idee, dass jemand eine positive Einstellung vortäuschen kann, um echte Vorteile zu erlangen – geht laut einer Studie der University of Arizona oft nach hinten los, wenn man es bei Kollegen einsetzt.
Stattdessen scheint es produktiver zu sein, sich zu bemühen, die gefühlten Emotionen auch zu zeigen bzw. umgekehrt, die gezeigten Emotionen auch tatsächlich zu empfinden.
Allison Gabriel vom Eller College of Management leitete ein Team, das zwei Arten der Emotionsregulation analysierte, die Menschen am Arbeitsplatz einsetzen: oberflächliches und tiefgründiges Verhalten.
„Surface Acting“ (oberfläches Agieren)
„Surface Acting“ (oberfläches Agieren) ist das Vortäuschen dessen, was man anderen Menschen zeigt. Im Inneren mag man vielleicht verärgert oder frustriert sein, aber äußerlich versucht man sein Bestes, um sympathisch oder positiv zu wirken, sagte Gabriel.
„Deep acting“ (tiefgründiges Agieren)
Bild: Luis Wilker Perelo (pixabay)
„Deep acting“ (tiefgründiges Agieren) ist der Versuch, die innere Einstellung zu ändern. Wenn man tiefgründig agiert, versucht man seine Gefühle in Einklang mit dem Umgang mit anderen Menschen zu bringen.“
Die Studie befragte berufstätige Erwachsene aus einer Reihe von Branchen, darunter Bildung, Fertigung, Technik und Finanzdienstleistungen.
Die Forscher wollten wissen, ob sich die Menschen für eine Emotionsregulation entscheiden, wenn sie mit ihren Kollegen interagieren, warum sie sich dafür entscheiden, ihre Emotionen zu regulieren, wenn es keine formale Regel gibt, die sie dazu verpflichtet, und welchen Nutzen (wenn überhaupt) sie aus diesem Aufwand ziehen, sagte Gabriel.
Vier Typen
Gabriel sagt, wenn es um die Emotionsregulation mit Mitarbeitern geht, seien aus der Studie vier Typen von Menschen hervorgegangen:
- ‚Nicht-Darsteller‘, oder solche, die sich auf vernachlässigbaren oberflächlichen und tiefgründigen Ebenen bewegen;
- ‚Agierende auf niedrigem Niveau‘, oder solche, die etwas höhere oberflächliche und tiefe Schauspielerei zeigen;
- ‚Tiefgründig Agierende‘, bzw. solche, die die höchsten Stufen des tiefgründigen Agierens und niedrige Stufen des oberflächlichen Agierens aufweisen; und,
- ‚Regulatoren‘, bzw. Personen, die ein hohes Maß an oberflächlichen und tiefgründigen Agierens aufweisen.
Die Nicht-Agierenden bildeten die kleinste Gruppe, wobei die anderen drei Gruppen ähnlich groß waren.
Prosoziales und ‚eindruckhinterlassendes“ Verhalten
Die Forscher identifizierten mehrere Treiber für die Emotionsregulation und ordneten sie in zwei Kategorien ein: prosoziales und ‚eindruckhinterlassendes“ Verhalten.
Zu den prosozialen Motiven gehören der Wunsch, ein guter Mitarbeiter zu sein und positive Beziehungen zu pflegen. Die Motive für das ‚eindruckschindende‘ Verhalten sind eher strategischer Natur und umfassen den Zugang zu Ressourcen oder das gute Ansehen bei Kollegen und Vorgesetzten.
Das Team fand heraus, dass vor allem die ‚Regulatoren‘ von Motiven des Eindruckhinterlassen-Wollens angetrieben werden, während die tiefgründigen Akteure signifikant häufiger durch prosoziale Interessen motiviert sind. Dies bedeutet, dass die tiefgründigen Akteure ihre Emotionen bei den Kollegen regulieren, um positive Arbeitsbeziehungen zu fördern, und nicht durch den Zugang zu mehr Ressourcen motiviert werden.
Vortäuschen versus Fühlen
Der wichtigste Nutzen sei, so Gabriel, dass Akteure, die wirklich versuchen, positiv mit ihren Kollegen umzugehen, dies aus prosozialen Gründen tun und von diesen Bemühungen erheblich profitieren.
Laut den Forschern gehören zu diesen Vorteilen auch deutlich mehr Unterstützung durch die Mitarbeiter, wie Hilfe bei der Arbeitsbelastung und Beratungsangebote. Die Deep-Akteure berichteten auch über signifikant höhere Fortschritte bei ihren Arbeitszielen und über ein höheres Maß an Vertrauen ihrer Mitarbeiter als die anderen drei Gruppen.
Die Daten zeigten auch, dass die Vermischung von hohem oberflächlichen und tiefgründigen Handeln zu physischer und psychischer Belastung führte.
Die Regulatoren litten am meisten unter den psychologischen Markern des Wohlbefindens, einschließlich des verstärkten Gefühls, sich bei der Arbeit emotional erschöpft und unauthentisch zu fühlen, sagte Gabriel.
Überlebenstaktik ‚fake it until you make it‘
Während einige Manager, mit denen Gabriel im Laufe ihrer Forschung sprach, immer noch glauben, dass Emotionen wenig mit dem Arbeitsplatz zu tun haben, legen die Studienergebnisse nahe, dass es einen Nutzen hat, positive Emotionen während der Interaktionen bei der Arbeit zu zeigen, sagte sie.
Sie glaubt, dass die Idee ‚fake it until you make it‘ eine Überlebenstaktik bei der Arbeit suggeriert. Vielleicht sei es kurzfristig einfacher, ein Lächeln aufzusetzen, um einfach aus einer Interaktion herauszukommen, aber langfristig würde es die Bemühungen untergraben, die Gesundheit und die Arbeitsbeziehungen zu verbessern.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Applied Psychology (2019). DOI: 10.1037/apl0000473
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