Studie identifiziert 27 emotionale Zustände
09.09.2017 Eine neue Studie der Universität California (Berkeley) hinterfragt eine seit langem in der Psychologie verbreitete Annahme, dass die meisten menschlichen Emotionen in die universellen Kategorien Fröhlichkeit, Traurigkeit, Wut, Erstaunen, Angst und Ekel fallen.
Anhand neuartiger statistischer Modelle zur Analyse der Reaktionen von mehr als 800 Männern und Frauen auf über 2.000 emotional bewegende Videoclips haben die Forscher vom Fachbereich für Psychologie 27 verschiedene Kategorien von Emotionen identifiziert und eine mehrdimensionale, interaktive Karte erstellt, um zu zeigen, wie sie miteinander verbunden sind. (s. interaktive Karte)
Emotionale Dimensionen sind keine Inseln
Die Psychologen stellten 27 verschiedene emotionale Dimensionen fest – nicht nur sechs – die nötig waren, um zu erklären, wie Hunderte Menschen zuverlässig die berichteten Gefühle in Reaktion auf jedes Video angeben konnten, sagte Studienleiter und Psychologie-Professor Dacher Keltner.
Bild: Lenalensen (pixabay)
Außerdem fanden sie – im Gegensatz zu der Vorstellung, dass jeder emotionale Zustand eine Insel sei, dass es Gefühlsverläufe zwischen z.B. Scheu und Friedfertigkeit, Horror und Traurigkeit sowie Vergnügen und Anbetung gibt, sagte Keltner.
Sie fanden keine endlichen Bündel von Emotionen in der Karte, weil alles miteinander verbunden ist, schreiben die Psychologen im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences. Emotionale Erfahrungen sind viel reichhaltiger und nuancierter als vorher angenommen.
Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Erkenntnisse anderen Forschern dabei helfen werden, die emotionalen Zustände, die unseren Stimmungen, unserer Hirnaktivität und gezeigten Signalen zugrundeliegen, genauer zu erfassen, was zu verbesserten psychiatrischen Behandlungen, und einem besseren Verständnis der neuronalen Grundlagen der Emotionen und unseren emotionalen Bedürfnisse führt, fügten sie hinzu.
Liste der emotionalen Kategorien
Drei verschiedene Gruppen von Studienteilnehmern sahen sich Videosequenzen an und erstellten nach dem Betrachten jedes einzelnen Clips einen Bericht. Die erste Gruppe berichtete frei über ihre emotionalen Reaktionen auf jeden der 30 Videoclips.
Die zweite Gruppe ordnete jedes Video entsprechend ein, wie sehr es sie Bewunderung, Verehrung, ästhetische Wertschätzung, Amüsement, Wut / Ärger, Angst, Ehrfurcht, Unbehagen, Langeweile, Gelassenheit / Entspannung, Verwirrung, Versuchung, Begierde / Verlangen, Ekel, empathische Schmerzen, Verzückung / Verzauberung, Aufregung / Erregung, Furcht, Schrecken / Horror, Interesse, Freude, Nostalgie, Erleichterung, Romantik / Verliebtheit, Traurigkeit, Zufriedenheit, sexuelles Verlangen, Überraschung, Sympathie, Neid, Stolz und Triumph fühlen ließ.
Die Experimentatoren stellten dabei fest, dass die Teilnehmer ähnliche Reaktionen demonstrierten, wobei mehr als die Hälfte der Teilnehmer für jedes Video die gleiche Emotionskategorie angaben.
Die abschließende Kohorte bewertete ihre emotionalen Reaktionen auf einer Skala von 1 bis 9 zu jedem eines Dutzend Videos, die auf solchen Gegensätzen wie positiv versus negativ, Aufregung versus Gelassenheit und Dominanz versus Unterwerfung basierten.
Die Forscher konnten vorhersagen, wie die Teilnehmer die Videos bewerten würden, basierend darauf, wie die vorherigen Teilnehmer die Emotionen der Videos bewertet hatten.
Farben der Emotionen
Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass die Studienteilnehmer im Allgemeinen die gleichen oder ähnliche emotionale Reaktionen auf jedes der Videos teilten und so eine Fülle von Daten lieferten, die es den Forschern erlaubten, 27 verschiedene Kategorien von Emotionen zu identifizieren.
Mittels statistischer Modellierungs- und Visualisierungstechniken organisierten die Forscher die emotionalen Reaktionen auf jedes Video in einem semantischen Atlas menschlicher Emotionen. Auf der Karte entspricht jede der 27 verschiedenen Emotionskategorien einer bestimmten Farbe.
„Wir wollten Licht in die volle Palette der Emotionen bringen, die unsere innere Welt ausmachen“, sagte Studienautor Alan Cowen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität California (Berkeley); Proceedings of the National Academy of Sciences – DOI: 10.1073/pnas.1702247114; Sept. 2017
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