Ekel vor Löchern

Aversion gegenüber löchrigen Strukturen beruht auf Ekel und nicht auf Angst

05.01.2018 Trypophobie, allgemein bekannt als „Angst vor Löchern“, ist mit einer physiologischen Reaktion verbunden, die eher mit Ekel als mit Angst verbunden ist, sagt eine neue in PeerJ veröffentlichte Studie des Fachbereichs Psychologie der Emory Universität.

Trypophobie

Trypophobie ist nicht offiziell als psychische Störung anerkannt im American Psychiatric Association’s Diagnostic and Statistical Manuel of Mental Disorders (DSM). Viele Menschen berichten jedoch, dass sie eine starke Abneigung gegen einer Ansammlung von Löchern empfinden – wie z.B. bei einer Honigwabe, einer Lotus-Samenschote oder gar einer Luft-Schokolade.

Löcher im Schwamm
Bild: Löcher im Schwamm – Robfoto (pixabay)

Manche Menschen fühlen sich so sehr vom Anblick dieser Objekte angeekelt bzw. gestört, dass sie es nicht ertragen können, in deren Nähe zu sein, sagt Psychologin Stella Lourenco. Das Phänomen, das wahrscheinlich eine evolutionäre Basis hat, kann häufiger auftreten, als wir annehmen. (Mehr zu dieser Phobie)

Evolutionäre Grundlage

Frühere Forschungsarbeiten verknüpften Trypophobie-Reaktionen mit einigen der gleichen visuellen Eigenschaften, die auch Bilder von evolutionär bedrohlichen Tieren wie Schlangen und Spinnen aufweisen. Das sich wiederholende Muster mit hohem Kontrast, das z.B. in löchrigen Strukturen zu sehen ist, ähnelt dem Muster auf der Haut vieler Schlangen und dem Muster der dunklen Beine einer Spinne vor einem helleren Hintergrund.

Hyperarousal als Angstreaktion auch bei löchrigen Strukturen?

Es ist allgemein bekannt, dass das Betrachten von Bildern bedrohlicher Tiere bei den Beobachtern in der Regel eine Angstreaktion hervorruft, die mit dem sympathischen Nervensystem in Zusammenhang steht. Die Herz- und Atemfrequenz steigt und die Pupillen weiten sich. Diese Hyperarousal (Übererregung) auf potentielle Gefahren wird als Kampf-oder-Flucht-Reaktion bezeichnet.

Die Forscher wollten nun testen, ob diese physiologische Reaktion mit scheinbar harmlosen Bildern von Löchern in Verbindung gebracht wird.

Sie benutzten eine Eyetracking-Technologie, die Veränderungen der Pupillengröße misst, um die Reaktionen der Probanden auf Bilder von Löcher-Ansammlungen, bedrohlichen Tieren und neutrale Bilder zu unterscheiden.

Unterschiedliche Pupillenreaktion

Im Gegensatz zu Schlangen- und Spinnenbildern lösten Löcher eine stärkere Verengung der Pupillen aus – eine Reaktion, die mit dem parasympathischen Nervensystem und Ekelgefühlen verbunden ist.

Oberflächlich lösen Bilder von bedrohlichen Tieren und Ansammlungen von Löchern eine aversive Reaktion aus, sagt Koautor Vladislav Ayzenberg. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass die physiologischen Grundlagen für diese Reaktionen unterschiedlich sind, auch wenn die allgemeine Aversion auf gemeinsame visuell-spektrale Eigenschaften beruht.

Parasympathische Reaktion auf löchrige Oberflächen

Im Gegensatz zu einer Kampf-oder-Flucht-Reaktion, bei der der Körper auf eine Aktion vorbereitet wird, verlangsamt eine parasympathische Reaktion die Herzfrequenz und Atmung und verengt die Pupillen.

Diese visuellen Hinweise signalisieren dem Körper, vorsichtig zu sein, während er gleichzeitig den Körper abschottet, als ob er seine Exposition gegenüber etwas potentiell Schädlichem begrenzen würde, sagen die Psychologen.

Angst vor Kontamination u. Krankheiten

Die Autoren gehen davon aus, dass Cluster von Löchern evolutionär auf Kontamination und krankheitsbedingte visuelle Hinweise für verfaulte oder verschimmelte Lebensmittel oder durch eine Infektion befallene Haut hinweisen können.

Die an den Experimenten beteiligten Personen waren Studenten, die nicht unter einer Trypophobie litten. Die Tatsache, dass die Psychologen Effekte in dieser Population gefunden haben, deutet auf einen recht primitiven und allgegenwärtigen visuellen Mechanismus hin, der einer Abneigung bzw. Ekel gegen Löcher zugrunde liegt, sagt Lourenco.

Seit Darwin diskutieren Wissenschaftler über die Beziehung zwischen Angst und Ekel. Der aktuelle Forschungsbericht unterstützt die aktuellen Belege, dass – obwohl die beiden Emotionen auf einem Kontinuum liegen und sich gelegentlich überschneiden – sie unterschiedliche neuronale und physiologische Grundlagen haben.

Unsere Erkenntnisse verbessern nicht nur unser Verständnis des visuellen Systems, sondern auch, wie die visuelle Verarbeitung zu einer Reihe anderer phobischer Reaktionen beitragen kann, sagt Ayzenberg.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Emory Universität; PeerJ – DOI: 10.7717/peerj.4185; Jan. 2018

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