Kampf-oder-Flucht-Reaktion im Gehirn

Definition

Die Kampf-oder-Flucht-Reaktion (auch Hyperarousal oder akute Stressreaktion genannt; engl.: flight-or-fight) ist eine physiologische Reaktion, die als Reaktion auf ein wahrgenommenes bedrohendes Ereignis, Angriff oder Überlebensbedrohung auftritt.

Es wurde zuerst von Walter Bradford Cannon beschrieben. Seine Theorie besagt, dass Tiere (also auch Menschen) auf Bedrohungen mit einer allgemeinen Entlastung des sympathischen Nervensystems reagieren und sich zum Kämpfen oder Fliehen vorbereiten.

Genauer gesagt produziert die adrenale Medulla eine hormonelle Kaskade, die zur Sekretion von Katecholaminen, insbesondere von Norepinephrin und Epinephrin, führt. Die Hormone Östrogen, Testosteron und Cortisol sowie die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin beeinflussen ebenfalls, wie Organismen auf Stress reagieren.

Die Fight-or-Flight-Reaktionen des Gehirns bei sozialen Bedrohungen

27.06.2017 Eine in eNeuro veröffentlichte Studie der Universität Lübeck untersuchte die neuronalen Korrelate der „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion (Definition) – also die Manifestation der Fight-or-Flight-Reaktion im Gehirn – und stellte fest, dass sich für die Flucht entscheidende Menschen eine größere Bedrohung wahrnehmen, wodurch sie sich psychisch und in ihrem Verhalten von der Situation abwenden.

Vermeiden oder kämpfen?

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Bild: Reimund Bertrams

Der Psychologe Macià Buades-Rotger und Kollegen entwarfen ein Lord-of-the-Rings-Thema Experiment, bei dem 36 weibliche Teilnehmerinnen als Frodo gegen zwei Verbündete (als Sauron und Saruman) in einer Reaktionszeitaufgabe spielten. Die Probandinnen konnten sich entscheiden, eine begrenzte Anzahl von Begegnungen mit ihren Gegnern zu vermeiden, indem sie den Ring überstreiften.

Wenn sie sich entschieden zu bleiben und zu kämpfen, mussten sie die Intensität eines Klanges (Vergeltungsschlag) auswählen, der auf ihren Gegner gerichtet würde, wenn die Teilnehmerin die Aufgabe durch eine schnellere Reaktionszeit gewann.

Die Aufgabe war so eingestellt, dass die Teilnehmerinnen zwei Drittel der Versuche verloren, und jeder Gegner verpasste entweder einen starken oder schwachen „Klangschlag“, schreibt der Psychologe.

Bedrohungswahrnehmung

Gehirnregionen, die mit dem Nachdenken über den psychischen Zustand anderer verbunden sind, wurden bei der Entscheidung zu fliehen aktiviert, zeigten die Befunde. Allerdings war die „Flucht-Reaktion“ mit einer reduzierten Aktivität in diesen Regionen und einer erhöhten Aktivität in der Amygdala verbunden, wenn die Teilnehmerinnen dem stark provozierenden Gegner gegenüberstanden – was auf eine erhöhte Bedrohungswahrnehmung hindeutet.

Mit anderen Worten: Bei der Vermeidung des aggressiven Gegners (Flucht bzw. flight) erhöhte sich die Aktivität in der Amygdala und sie verringerte sich in Hirnregionen, die aktiviert werden, wenn man über die Emotionen und Absichten anderer nachdenkt.

Dieses Muster deutet darauf hin, dass Vermeidung mit einer verbesserten Bedrohungserkennung und einer schlechteren Perspektiven-Übernahme (verschlechterte Fähigkeit zur Empathie) verbunden ist, schreiben die Wissenschaftler.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Lübeck, eNeuro – DOI: doi.org/10.1523/ENEURO.0337-16.2017; Juni 2017

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