Psychologie: Stress und die Psyche

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Diagnose: Wer wird stärker unter Stress leiden?

05.10.2014 Obwohl Stress (insbesondere chronischer) das Risiko für psychische und physische Probleme erhöhen kann, ist nicht jeder davon betroffen. Einige kommen besser damit zurecht, andere weniger gut. Wie kann man frühzeitig herausfinden, wer schlecht mit Stress klarkommt und darunter am meisten leidet?

Stressdiagnose
Bild: Gerd Altmann (pixabay)

Forscher haben nun eine Methode entwickelt, um diejenigen zu identifizieren, die für Stress am anfälligsten sind. Sie erhalten dadurch die Möglichkeit, frühzeitig zu intervenieren, bevor es außer Kontrolle gerät.

Psychologie-Professor Dr. Jean-Philippe Gouin von der Concordia University, Kanada, beobachtete 76 Studenten in Zeiten niedrigeren (am Anfang des Semesters) und höheren Stresses (während der Prüfungszeit).

Er stellte fest: obwohl alle Studenten ähnliche Herausforderungen während der Abschlussprüfungen erbringen müssen, entwickeln nur einige bedeutenden Distress (negativen Stress).

Variabilität des Herzschlags

Mit der Hilfe seiner Kollegen zeichnete Gouin die Veränderungen der Herzfrequenz der Teilnehmer auf, während sie entspannt waren und während sie über Dinge nachdachten, die ihnen am meisten Sorgen bereiteten. Die Forscher hielten auch die Stimmungen der Teilnehmer zu Zeiten niedrigen und hohen Stresses fest.

Teilnehmer mit einem weniger variablen Herzschlag (während sie anfingen sich Gedanken über die Dinge zu machen, die sie sorgten) zeigten mit größerer Wahrscheinlichkeit bei den Abschlussprüfungen eine hohe Stressanfälligkeit.

Gouin schreibt in der Zeitschrift Stress: „Im Ruhezustand ist ein variablerer Herzschlag eine gute Sache. Er zeigt, dass Ihr parasympatisches Nervensystem hart am Arbeiten ist. Dies ist das System, das für den ‚ruhen-und-verdauen‘ Zustand (oder Regenerationsmodus; engl.: rest-and-digest) verantwortlich ist (das Gegenteil von ‚Kampf-oder-Flucht‘; engl.: fight-or-flight). Die Ruhe-und-Verdauen Phase versetzt Sie in einen ruhigen Zustand, der es Ihnen ermöglicht, Ihre Energie zu bewahren und aufzufüllen.“

„Wenn Sie mit einer realen Bedrohung konfrontiert werden, hilft Ihnen ein regelmäßiger Herzschlag mit der Situation umzugehen. Wenn Sie auf einen Löwen im Dschungel stoßen, wollen Sie, dass Ihr Herzschlag auf einem dauerhaft hohen Niveau bleibt, damit Sie so schnell wie möglich davonlaufen können“, sagte er.

„Aber, wenn Ihr Körper dieselbe Reaktion zeigt, wenn Sie sich um etwas sorgen, das möglicherweise eintreten könnte (oder vielleicht auch nicht) – wie durch eine Prüfung zu fallen – dann könnten Sie empfänglicher/anfälliger für Stress sein.“

„Wenn wir diejenigen herausfinden, die sehr anfällig gegenüber Stress sind, können wir Hilfe anbieten, bevor die Belastungsgrenze überschritten wird; und wir verhindern hoffentlich so die negativen Folgen des Stresses. Deshalb ist es so wichtig, ein objektives Diagnosewerkzeug wie dieses zu haben.“

© PSYLEX.de – Quelle: Concordia Universität / Journal Stress, Oktober 2014

Stress verstärkt Begierde, aber intensiviert nicht den Genuss

04.01.2015 Eine neue Studie sagt, dass Stress einen zu großen Anstrengungen verleiten kann, um ein Verlangen nach einem Getränk oder Süßigkeiten zu befriedigen, aber man genießt es nicht mehr als jemand, der nicht gestresst ist.

Objekt der Begierde
Bild: Stefan Schweihofer (pixabay)

Die meisten von uns haben schon Stress kennengelernt, der unser Verlangen nach Belohnungen wie einer Tafel Schokolade steigert, und er kann uns dazu bringen, beträchtliche Anstrengungen zu unternehmern, um das Objekt unserer Begierde zu erlangen, sagte die Studienautorin Eva Pool von der Universität Genf. „Aber, während Stress unseren Wunsch nach der Belohnung steigert, erhöht er nicht unbedingt den Genuss.“

Die Forscher stellten fest, dass Stress Schokoladenliebhaber in einem Experiment dazu veranlasste, dreimal soviel Anstrengungen auf sich zu nehmen wie nicht gestresste Schokoladenliebhaber, aber beide Gruppen berichteten über den gleichen Genuss.

Experiment mit Schokoladengeruch

Dafür versetzten die Forscher die Versuchsteilnehmer unter Stress und entnahmen vor und nach der Aufgabe Speichelproben um das Niveau des Stresshormons Cortisol zu messen. Die Teilnehmer sollten in einer Aufgabe bei Erscheinen eines bestimmten Symbols einen Handgriff drücken, um die Möglichkeit zu bekommen, den Geruch von Schokolade riechen zu können. Die Forscher maßen den Kraftaufwand, den die Teilnehmer aufbrachten, um an den Geruch von Schokolade zu kommen.

Stress und psychische Störungen

Stress spielt eine wichtige Rolle bei vielen psychischen Störungen und ist einer der wichtigsten Faktoren, die bestimmen, ob man bei Sucht, pathologischem Spiel und Binge Eating einen Rückfall erleidet“, sagte Koautor Tobias Brosch.

Objekt der Begierde

Stress scheint einen Schalter umzulegen: Wenn eine gestresste Person auf eine Abbildung oder ein Geräusch stößt, welche mit einem verführerischen Objekt verbunden sind, kann ihre Begierde so stark werden, dass sie immense Anstrengungen auf sich nimmt, um diese Gier zu befriedigen, sagen die Wissenschaftler.

Frühere Forschungsarbeiten mit Laborratten stützten die Idee, dass Wollen und Mögen von zwei unterschiedlichen Neuronennetzen im Gehirn abhängen, die unabhängig voneinander aktiviert werden können.

Obwohl die Befunde durch die Nagetierstudie eine neuartige Erklärung für die stressinduzierte Zunahme des Belohnungsstrebens liefern, wurden sie unseres Wissens nach noch nicht beim Menschen demonstriert, sagten die Forscher.

© PSYLEX.de – Quellen: Journal of Experimental Psychology: Animal Learning and Cognition, Universität Genf; Dezember 2014

Auch leichter Stress ist ungesund

Sogar leichter Stress kann langfristige Beeinträchtigungen verursachen, die die Betroffenen von der Arbeit abhalten können laut einer neuen Forschungsstudie.

Auch leichter Stress sollte ernst genommen werden

Während es schon länger bekannt ist, dass psychische Störungen eine Ursache für Beeinträchtigungen sein können, zeigen die neuen Befunde an, dass die Wirkungen von leichteren Formen des Stresses ernster genommen werden sollten laut Dheeraj Rai und Kollegen von der Universität von Bristol im Vereinigten Königreich.

Die Studie bezog über 17.000 erwerbstätige Erwachsene in Stockholm, Schweden ein. Am Anfang der Studie im Jahr 2002 füllten die Teilnehmer einen Fragebogen aus, der dafür entworfen wurde, ihre psychische Verfassung und Stress-Niveau zu beurteilen und die Forscher verfolgten ihre Gesundheit bis 2007.

Psychische Verfassungsprobleme und physische Gesundheitsprobleme

Während der Nachtestzeit begannen 649 der Teilnehmer Interventionen wegen ihrer Belastungen in Anspruch zu nehmen – 203 wegen psychischer Störungen und der Rest wegen körperlicher Gesundheitsprobleme, fanden die Forscher heraus.

Teilnehmer der Studien, die anfangs ein höheres Stress-Niveau verspürten, begannen mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit langfristige Hilfen wegen Beeinträchtigungen in Anspruch zu nehmen während der Nachtestzeit, zeigten die Befunde.

Nachdem andere Faktoren, die die Ergebnisse hätten beeinflussen können, berücksichtigt wurden, fand das Team heraus, dass selbst eine leichte Stressbelastung das Risiko anhob, Hilfe aufgrund psychischer Probleme einzuholen (um bis zu 70 Prozent) laut dem online am 23. März im Journal of Epidemiology and Community Health veröffentlichten Bericht.

Leichter psychologischer Stress kann mit einer langfristig höheren Beeinträchtigung als zuvor angenommen verbunden sein, und die Wichtigkeit für die öffentliche Gesundheit könnte unterschätzt worden sein, schlossen Rai und Kollegen.
Quelle: Journal of Epidemiology and Community Health, März 2011

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