Neuronales Netzwerk, Netz (Gehirn)
Hirnforschung – Anatomie
In der Neurowissenschaft ist ein biologisches neuronales Netzwerk eine Reihe von miteinander verbundenen Neuronen, deren Aktivierung einen erkennbaren linearen Weg definiert.
Die Konnektomik versucht auf verschiedenen Ebenen die Verbindung zwischen den Neuronen zu erforschen.
Die Schnittstelle, durch die Neuronen mit ihren Nachbarn interagieren, besteht in der Regel aus mehreren Axonterminals, die über Synapsen mit Dendriten mit anderen Neuronen verbunden sind. Wenn die Summe der Eingangssignale in ein Neuron eine bestimmte Schwelle überschreitet, sendet das Neuron ein Aktionspotential (AP) am Axonhügel und überträgt dieses elektrische Signal entlang des Axons.
Biologische neuronale Netze haben das Design künstlicher neuronaler Netze inspiriert.
Forscher entdecken multidimensionales Universum in den Gehirnnetzwerken
10.07.2017 Für die meisten Menschen ist es eine Herausforderung, die Welt in ihren vier Dimensionen zu begreifen, aber nun hat eine neue Studie Strukturen im Gehirn mit bis zu elf Dimensionen entdeckt – eine bahnbrechende Forschungsarbeit hat begonnen, die tiefsten architektonischen Geheimnisse des Gehirns zu enthüllen.
Mit algebraischer Topologie hat ein Team aus dem Blue Brain Project ein Universum von mehrdimensionalen geometrischen Strukturen und Räumen innerhalb der Netzwerke des Gehirns aufgedeckt.
Geometrische Objekte
Die in Frontiers in Computational Neuroscience veröffentlichte Forschung zeigt, dass diese Strukturen entstehen, wenn eine Gruppe von Neuronen eine ‚Clique‘ bilden: Jedes Neuron verbindet sich mit jedem anderen Neuron in der Gruppe in einer ganz bestimmten Weise, die ein präzises geometrisches Objekt erzeugt.
Bild: Gerd Altmann
Je mehr Neuronen dort in einer Clique sind, desto höher ist die Dimension des geometrischen Objekts.
Das Team hat eine Welt entdeckt, die es sich nie vorgestellt hat, sagte Neurowissenschaftler Henry Markram, Direktor des Blue Brain Project und Professor des École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL). Es gibt viele Millionen dieser Objekte selbst in einem kleinen Körnchen des Gehirns. In einigen Netzwerken haben die Wissenschaftler sogar Strukturen mit bis zu elf Dimensionen gefunden.
Dies könne erklären, warum es so schwer ist, das Gehirn zu verstehen. Die Mathematik, die gewöhnlich angewendet wird, um Netzwerke zu studieren, kann die hochdimensionalen Strukturen und Räume, die wir jetzt deutlich sehen, nicht erkennen, sagte Markram.
Algebraische Topologie
Wenn 4D-Welten unsere Vorstellungskraft ausreizen, sind Welten mit 5, 6 oder mehr Dimensionen zu komplex für die meisten von uns, um sie zu verstehen, sagt er. Hier kommt die algebraische Topologie ins Spiel: ein Zweig der Mathematik, der Systeme mit beliebig vielen Dimensionen beschreiben kann.
Die Mathematiker, die zum ersten Mal die algebraische Topologie zum Studium der Gehirnnetze in das Blue Brain Project brachten, waren Kathryn Hess vom EPFL und Ran Levi von der Aberdeen Universität.
Algebraische Topologie ist wie ein Teleskop und ein Mikroskop gleichzeitig, es kann in Netzwerke zoomen, um versteckte Strukturen zu finden – die Bäume im Wald – und die leeren Räume – die Lichtungen – alles zur gleichen Zeit, erklärt Hess.
Virtuelle Netzwerke
Im Jahr 2015 veröffentlichte Blue Brain die erste digitale Kopie eines Stückes des Neocortex – der am weitesten entwickelte Teil des Gehirns und der Sitz unserer Empfindungen, Handlungen und des Bewusstseins, schreiben die Neuroforscher.
In dieser neuesten Studie wurden mit Hilfe der algebraischen Topologie mehrere Tests auf virtuellem Hirngewebe durchgeführt, um zu zeigen, dass die entdeckten mehrdimensionalen Hirnstrukturen nicht durch Zufall generiert worden sein konnten.
Experimente wurden dann mit echtem Hirngewebe im Nasslabor von Blue Brain durchgeführt, die bestätigten, dass die früheren Entdeckungen im virtuellen Gewebe biologisch relevant sind und auch darauf hindeuten, dass das Gehirn sich während der Entwicklung ständig neu ‚verdrahtet‘, um ein Netzwerk mit so vielen hochdimensionalen Strukturen wie möglich zu bauen.
Mehrdimensionale Sandburgen
Als die Forscher das virtuelle Hirngewebe mit einem Stimulus reizten, schlossen sich Cliquen von schrittweise höheren Dimensionen kurzfristig zusammen, um hochdimensionale Löcher zu umschließen, die die Forscher als Hohlräume bezeichnen.
Das Auftreten von hochdimensionalen Hohlräumen, wenn das Gehirn Informationen verarbeitet, bedeutet, dass die Neuronen im Netzwerk auf Stimuli in einer extrem organisierten Weise reagieren, sagt Levi.
Es ist, als ob das Gehirn auf einen Stimulus reagiert, indem es einen Turm aus mehrdimensionalen Blöcken aufbaut und dann schleift, beginnend mit Stäben (1D), dann Brettern (2D), dann Würfeln (3D) und dann komplexere Geometrien mit 4D, 5D etc. Die Progression der Aktivität durch das Gehirn ähnelt einer mehrdimensionalen Sandburg, die sich aus dem Sand materialisiert und dann zerfällt.
Die große Frage, die die Forscher sich jetzt stellen, ist, ob die Kompliziertheit der Aufgaben, die wir durchführen können, von der Komplexität der mehrdimensionalen „Sandburgen“ abhängt, die das Gehirn bauen kann. Die Neurowissenschaft fragt sich auch fortwährend, wo das Gehirn seine Erinnerungen speichert. Sie könnten sich in hochdimensionalen Hohlräumen verstecken, spekuliert Markram.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: EPFL, Frontiers in Computational Neuroscience – DOI: 10.3389/fncom.2017.00048; Juni 2017
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