Augenbewegungen beim Erinnern
Gedächtnisforschung
Mustervervollständigung: Die Rolle der Augenbewegungen beim Erinnern
05.03.2020 Eine in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie hat festgestellt, dass Menschen ihre Augen bewegen, um Erinnerungen besser abrufen zu können, und dass ihre Augenbewegungsmuster Fehler des Gedächtnis vorhersagen konnten.
Diese Ergebnisse erzielten sie mit Hilfe einer von ihnen entwickelten innovativen Eye-Tracking-Technik.
Die Teilnehmer der Studie sollten sich 30 Bilder einprägen. Dann sahen sie sich eine weitere Serie von Bildern an, die diesmal sowohl einige der zuvor gesehenen Bilder als auch einige neue, aber ähnliche Bilder enthielt. Sie sollten dann angeben, ob sie sich an eines der Bilder erinnerten.
Ihre Augenbewegungen wurden während beider Phasen verfolgt. Jedes Bild wurde kurz gezeigt, zwischen 250 Millisekunden und 750 Millisekunden, bevor die Teilnehmer angewiesen wurden, es zu visualisieren, während sie auf einen leeren Bildschirm schauten.
Augenbewegungen halfen bei der Erinnerung
Bild: pixabay
Die Teilnehmer erinnerten sich an zuvor gesehene Bilder mit hoher Genauigkeit und erzielten fast 90% der Punkte. Sie waren eher korrekt, wenn ihre Augenbewegungen die gleichen waren wie beim ersten Anblick des Bildes.
Auf der anderen Seite waren sie mit 70% Wahrscheinlichkeit weniger treffsicher, wenn sie mit einem neuen, aber ähnlichen Bild konfrontiert wurden.
Augenbewegungen störten Abgleich mit Erinnertem
Im letzteren Fall war es umso wahrscheinlicher, dass die Teilnehmer das Bild fälschlicherweise als bereits gesehen identifizierten, je mehr sie ihr anfängliches Sehmuster (Muster der Augenbewegungen) wiederholten, anstatt sich auf die verschiedenen Aspekte des Bildes zu konzentrieren.
Um reale Situationen zu simulieren, in denen keine vollständigen Informationen zur Verfügung stehen, verwendeten die Forscher auch unvollständige oder „verschlechterte“ Versionen der Bilder. Diese reichten von 0 bis zu einer 80%igen Verschlechterung in Form von grauen Quadraten, die Teile des Bildes bedeckten.
Augenbewegungen unterstützen die Mustervervollständigung
Bemerkenswerterweise war die Leistung selbst bei einer 80-prozentigen Verschlechterung des Bildes viel besser als bei einer reinen Schätzung, was die Stärke der Mustervervollständigung widerspiegelt.
Wenn wir jemanden in der Ferne sehen oder wenn sein Gesicht teilweise durch Äste verdeckt ist, vergleicht unser Gehirn die Merkmale, die für ein mentales Bild sichtbar sind, um festzustellen, ob wir diese Person kennen, sagt Studienautorin Jordana Wynn von der Harvard University.
Dieses Phänomen wird als „Mustervervollständigung“ (pattern completion) bezeichnet. Wenn es schief geht, kann es passieren, dass wir am Ende irrtümlich einem Fremden zuwinken, wenn er oder sie ähnliche Haare oder eine ähnliche Nase hat wie jemand, den wir kennen.
Diese Ergebnisse liefern einen Beleg dafür, dass das Abrufen von kodierten Gedächtnisrepräsentationen (d.h. einer Mustervervollständigung) bei ähnlichen Objekten zu Fehlalarmen führen kann, schließen die Wissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Proceedings of the National Academy of Sciences – https://doi.org/10.1073/pnas.1917586117
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