Empathie ist zum Teil genetisch bedingt
12.03.2018 Eine neue im Fachblatt Translational Psychiatry veröffentlichte Studie legt nahe, dass Empathie nicht nur ein Ergebnis unserer Erziehung und unserer Erfahrungen ist, sondern auch zum Teil ein Ergebnis unserer Gene – also genetisch bedingt ist.
Kognitive u. affektive Empathie und der EQ
Empathie hat zwei Komponenten: die Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle einer anderen Person zu erkennen, und die Fähigkeit, mit einer angemessenen Emotion auf die Gedanken und Gefühle einer anderen Person zu reagieren. Der erste Teil heißt „kognitive Empathie“ und der zweite „affektive Empathie“.
Bild: Gerd Altmann
Vor fünfzehn Jahren entwickelte ein Team von Wissenschaftlern an der Universität Cambridge den Empathie-Quotienten (EQ), erfasst durch einen kurzen Fragebogen zur Erfassung des Empathievermögens. Der EQ misst beide Teile des Einfühlungsvermögens.
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass einige von uns empathischer sind als andere, und dass Frauen im Durchschnitt etwas empathischer sind als Männer. Es zeigte sich auch, dass autistische Menschen im Durchschnitt beim EQ schlechter abschneiden, und zwar deshalb, weil sie mit kognitiver Empathie Probleme haben, auch wenn ihre affektive Empathie intakt ist, schreiben die Forscher.
In der aktuellen Studie arbeiteten Varun Warrier und Kollegen von der Cambridge Universität zusammen mit dem Genetikunternehmen 23andMe und einem Team internationaler Wissenschaftler an der größten genetischen Studie zur Empathie unter Verwendung der Daten von mehr als 46.000 23andMe Kunden. Alle Kunden absolvierten den EQ online und stellten eine Speichelprobe für die genetische Analyse zur Verfügung.
Ein Zehntel ist genetisch bedingt
Drei wichtige Ergebnisse zeigte die Studie:
Erstens fand sie heraus, dass unser Einfühlungsvermögen zum Teil auf die Gene zurückzuführen ist. Tatsächlich ist ein Zehntel dieser Variation auf genetische Faktoren zurückzuführen, schreiben die Wissenschaftler.
Dies bestätigt bisherige Forschungsarbeiten, die Empathie bei eineiigen und nicht-eineiigen Zwillingen untersuchten.
Frauen einfühlsamer als Männer
Zweitens bestätigte die neue Studie, dass Frauen im Durchschnitt einfühlsamer sind als Männer. Dieser Unterschied ist jedoch nicht auf unsere DNS zurückzuführen, da sich keine Unterschiede in den Genen zeigten, die zur Empathie bei Männern und Frauen beitragen.
Das bedeutet, dass der geschlechtsspezifische Unterschied bei der Empathie das Ergebnis anderer nicht-genetischer biologischer Faktoren ist, wie z.B. pränatale hormonelle Einflüsse oder nicht-biologische Faktoren wie die Sozialisation, die sich auch zwischen den Geschlechtern unterscheiden.
Autismus, Schizophrenie, Anorexie, Extraversion
Schließlich fand die neue Studie heraus, dass genetische Varianten, die mit einer geringeren Empathie verknüpft sind, auch mit einem höheren Risiko für Autismus verbunden sind.
Dagegen zeigten sich positive Zusammenhänge mit Schizophrenie, Anorexie (Magersucht) und der Persönlichkeitseigenschaft Extraversion.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Cambridge Universität; Translational Psychiatry (2018). DOI: 10.1038/s41398-017-0082-6