Soziale Medien und das menschliche Belohnungssystem

Belohnungslernen: Social-Media-Nutzer werden von der Suche nach Belohnungen angetrieben, ähnlich Ratten auf der Suche nach Nahrung

28.02.2021 Das Verhalten vieler Nutzer von sozialen Medien, insbesondere das Bestreben, „Likes“ zu erhalten, folgt einem Muster des „Belohnungslernens“ laut dem Ergebnis einer in Nature Reviews Neuroscience veröffentlichten Studie.

Die Befunde zeigen Parallelen zum Verhalten von Tieren, wie z. B. Ratten, bei der Suche nach Nahrungsbelohnungen.

Diese Ergebnisse belegen, dass das Engagement in sozialen Medien grundlegenden, speziesübergreifenden Prinzipien des Belohnungslernens folgt, erklärt David Amodio von der New York University, einer der Autoren der Studie.

Diese Ergebnisse können uns helfen zu verstehen, warum soziale Medien das tägliche Leben von vielen Menschen dominieren, und sie liefern Hinweise aus der psychologischen Forschung zum Belohnungslernen und zur Sucht, und wie problematisches Online-Engagement angegangen werden kann, sagt er.

Was treibt Menschen tatsächlich dazu an, sich mit anderen in sozialen Medien zu beschäftigen?

Während die Nutzung sozialer Medien ausgiebig erforscht wurde, ist weniger klar, was Menschen tatsächlich dazu antreibt, sich mit anderen in sozialen Medien – manchmal obsessiv – zu beschäftigen.

Um diese Motivationen zu untersuchen, haben die Psychologen direkt getestet, ob die Nutzung sozialer Medien dadurch erklärt werden kann, wie unser Gehirn Belohnungen verarbeitet und daraus lernt.

Dazu analysierten die Autoren mehr als eine Million Social-Media-Posts von über 4.000 Nutzern auf Instagram und anderen Seiten. Sie fanden heraus, dass Menschen ihre Beiträge so platzieren, dass sie möglichst viele „Likes“ bekommen: Sie posten häufiger, wenn sie viele „Likes“ erhalten, und weniger häufig, wenn sie weniger „Likes“ erhalten.

Die Forscher haben dann mit Computermodelle errechnen können, dass dieses Muster eng mit bekannten Mechanismen des Belohnungslernens übereinstimmt, einem seit langem etablierten psychologischen Konzept, das davon ausgeht, dass Verhalten durch Belohnungen gesteuert und verstärkt werden kann.

Verhalten wie Ratten in der Skinner-Box

Genauer gesagt deutet ihre Analyse darauf hin, dass das Engagement in sozialen Medien von ähnlichen Prinzipien angetrieben wird, die nicht-menschliche Tiere, wie z. B. Ratten, dazu veranlassen, ihre Futterbelohnungen in einer Skinner-Box zu maximieren – ein häufig verwendetes Versuchsexperiment, bei dem Tiere (oftmals Ratten), die in einem Raum platziert sind, durch bestimmte Aktionen (z. B. das Drücken eines bestimmten Hebels) an Futter gelangen.

Die Forscher untermauerten dann diese psychologischen Befunde mit einem Online-Experiment, bei dem menschliche Teilnehmer lustige Bilder mit Phrasen oder „Memes“ posten konnten und Likes als Feedback auf einer Instagram-ähnlichen Plattform erhielten. In Übereinstimmung mit der quantitativen Analyse der Studie zeigten die Ergebnisse, dass die Menschen im Durchschnitt häufiger posteten, wenn sie mehr Likes erhielten.

Unsere Ergebnisse können zum besseren Verständnis darüber beitragen, warum soziale Medien den Alltag so vieler Menschen dominieren, und sie können auch Hinweise darauf geben, wie man exzessives Online-Verhalten bekämpfen kann, sagt Studienautor Björn Lindström vom Fachbereich Psychologie der Universität Amsterdam.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Nature Reviews Neuroscience – DOI: 10.1038/s41583-020-0276-4New York University

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