Déjà-vu und die Illusion der Vorahnung
08.04.2018 Die meisten Menschen können sich auf die verstörende und beunruhigende Erfahrung eines Déjà-vus erinnern: Wenn man sich in einer neuen Situation befindet, aber man fühlt sich, als wäre man schon einmal da gewesen.
Für einige bietet dieses unheimliche Gefühl eine zusätzliche Variante: In diesem Moment fühlen sie sich, als wüssten sie, was als nächstes passieren wird.
‚Wissen‘, was als Nächstes passiert
Angenommen, Sie gehen zum ersten Mal eine Treppe hinauf, aber es fühlt sich vertraut an, wie ein Traumzustand – so sehr, dass Sie denken: „Oben auf der Treppe wird links ein Gemälde sein“.
Bild: Sudhir Chechani
Anne Cleary, eine Kognitionspsychologin an der Colorado State Universität, hat einige Jahre damit verbracht, Déjà-vus zu untersuchen und als ein Erinnerungsphänomen zu etablieren – ein Trick des Gehirns, der dem ähnelt, wenn ein Wort auf der Zunge liegt, aber man kann es einfach nicht abrufen.
Vorahnendes Gefühl ist … ein Gefühl
Aufbauend auf früheren Experimenten hat Cleary nun gezeigt, dass das vorahnende Gefühl, das manchmal mit dem Déjà-vu einhergeht, genau das ist – ein Gefühl. Aber es fühlt sich echt an.
Déjà-vu wird in der Psychologie allmählich als Gedächtnisphänomen betrachtet. Trotz neuerer wissenschaftlicher Fortschritte bleibt als Rätsel die vermeintliche Verbindung zwischen Déjà-vu und dem Gefühl der Vorahnung.
Erinnerungsphänomen
Aufbauend auf vorherigen Forschungsergebnissen, die zeigten, dass Déjà-vu von einer nicht abgerufenen Erinnerung an ein vergangenes Erlebnis beeinflusst werden kann, das sich auf die gegenwärtige Situation bezieht, suchten die Psychologen nach Belegen für eine auf dem Gedächtnis basierende Vorhersagefähigkeit während der Déjà-vu-Zustände.
In ihren jüngsten Experimenten schuf Cleary dynamische Videoszenen, in denen der Teilnehmer durch eine Reihe von Richtungswechseln bewegt wurde.
Später wurden sie durch Szenen geleitet, die räumlich den vorhergehenden zugeordnet waren, um das Déjà vu zu erzeugen, aber im letzten Moment wurden sie gefragt, welches die letzte Abzweigung sein würde.
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In diesen Momenten fragten die Forscher die Teilnehmer, ob sie ein Déjà-vu erleben und ob sie das Gefühl hätten, sie wüssten, in welche Richtung die nächste Abbiegung gehen würde.
Kein Einfluss des Déjà-vus auf die Vorhersagefähigkeit
Das Déjà-vu konnte nicht die Fähigkeit verbessern, die nächste Abzweigung in dem Navigationsexperiment vorherzusagen – dem Weg, der einem zuvor gesehenen, aber nicht erinnerten Weg ähnelte (obwohl diese Ähnlichkeit die Berichte über Déjà-vus erhöhte).
Allerdings wurden die Déjà-vu-Zustände von einem zunehmenden Gefühl begleitet, die Richtung der nächsten Abzweigung zu kennen – das Gefühl trügte aber.
Vorahnungsgefühle trügen
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Gefühle der Vorahnung während des Déjà-vus auftreten können – diese aber illusorisch sind. Metakognitive Voreingenommenheit (Bias), die durch diesen Zustand selbst hervorgerufen wird, kann die eigentümliche Verknüpfung zwischen Déjà-vu und dem Gefühl der Vorahnung erklären.
Mit anderen Worten, Teilnehmer, die das Gefühl einer Vorahnung hatten, waren ziemlich zuversichtlich, dass sie Recht hatten – hatten sie aber normalerweise nicht.
Das Fazit der Psychologen: Nein, Déjà-vu hilft uns nicht, die Zukunft vorherzusagen. Aber es kann sich als Gefühl manifestieren, dass wir es könnten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Colorado State Universität; https://doi.org/10.1177/0956797617743018