Introversion
Führungsrolle, Führungskraft
Persönlichkeitspsychologie
Warum Introvertierte oft nicht die Führungsrolle übernehmen
08.10.2017 Es gibt bestimmte Situationen, in denen es für einen Introvertierten (und die Gruppe) von Vorteil ist, Führung und Verantwortung zu übernehmen.
Emergent Leadership
Zum Beispiel, wenn sie besser qualifiziert sind als ihre extrovertierten Kollegen oder größere Besonnenheit und Überlegung gefragt sind. Das Problem ist, dass die meisten Introvertierten eher davor zurückschrecken, informelle Führungsmöglichkeiten zu ergreifen, wenn sie sich ergeben (Psychologen nennen dies emergent leadership oder „emergente Führung“ bzw. spontane Übernahme der Führungsrolle – wenn jemand die Leitung in einem Team ohne formale Hierarchie übernimmt).
Warum ist das so?
Introvertierte nehmen seltener die Rolle der Führungskraft in Anspruch als extravertierte Menschen, gleichwohl die vorhandene Forschungsliteratur wenige Erklärungen für das Warum liefert.
Bild: Gert Altmann
Um die mögliche Ursache dieses charakteristischen Unterschieds zu untersuchen, haben die Psychologen die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion in einer Stichprobe von 184 Wirtschaftsstudenten gemessen und ihr führungsrelevantes Verhalten in einer unstrukturierten Gruppenaufgabe untersucht.
Unangenehme Führungsarbeit?
Sie gingen von einem Modell des vorhergesagten Affekts aus, und nahmen an, dass Introvertierte weniger wahrscheinlich die Führungsrolle übernehmen würden, weil sie der Überzeugung waren, dass es unangenehm / unbefriedigend wäre, sich auf das notwendige extravertierte Verhalten einzulassen (d. h. sie setzen die Führungsaufgaben mit negativeren Auswirkungen auf ihr psychisches Wohlbefinden gleich – im Vergleich zu Extravertierten).
Bevor die Gruppenarbeit begann, gaben die Teilnehmer eine Einschätzung ab, wie aufregend, spaßig oder beängstigend und stressend sie es finden würden. Danach bewerteten sie sich gegenseitig auf Anzeichen einer emergenten Führung während der Aufgabe (z. B. „er / sie beeinflusste Gruppenentscheidungen“ oder „er/sie leitete das Gruppengespräch“).
Antizipation negativer Emotionen und Gefühle
Tatsächlich beobachteten die Psychologen, dass Introvertierte weniger wahrscheinlich die Führungsrolle übernahmen, und diese erwarteten auch viel mehr negative Emotionen und Gefühle während der Gruppenarbeit.
Diese beiden Faktoren schienen miteinander zusammenzuhängen: Wenn man die negativen Erwartungen der Teilnehmer in vollem Umfang berücksichtigt, war Introversion nicht mehr länger mit einer emergenten Führungsrolle verbunden.
Die Befunde legen also nahe, schreiben die Forscher um Andrew Spark von der Queensland University of Technology im Fachblatt Personality and Individual Differences, dass Introvertierte sich nicht so oft wie Extravertierte um die Stelle als Führungskraft bewerben / anstrengen, weil sie sie stärker mit negativen Auswirkungen auf ihre Stimmungslage gleichsetzen, so dass diese Prognosen ihr Führungspotential beeinträchtigen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Queensland University of Technology; Personality and Individual Differences – doi.org/10.1016/j.paid.2017.09.026; Okt. 2017
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