Narzissten als Führungskräfte (Psychologie)

Narzissten sind schlechte Bosse

Die zu hohe Meinung, die Narzisten (und vor allem Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung) von sich haben, bedeutet, dass sie keine guten Bosse oder politischen Führer sind laut einer neuen psychologischen Studie.

Eigenschaften wie hohes Selbstbewusstsein, Vertrauen und Dominanz helfen Narzissten oft, sich an die Spitze zu kämpfen und sich als Chef zu positionieren, aber sobald sie dort angekommen sind, geraten sich ihr Egozentrismus und ihr Autoritätsanspruch gegenseitig in die Quere, erklärten die Forscher.


Bild: pixabay

Die Studie mit 150 Menschen, die darum gebeten wurden, Entscheidungen in Dreiergruppen zu treffen, zeigte, dass die Selbstzentriertheit der Narzissten den freien und kreativen Ideen-Austausch behindert, welcher ein entscheidender Bestandteil von effektiver Gruppenarbeit und Leistung ist.

In der Studie wurde jede Gruppe darum gebeten, einen Stellenbewerber auszuwählen. Einige Informationen über die Kandidaten waren für alle drei Mitglieder der Gruppe verfügbar, während bestimmte Schlüsselinformationen nur für einen der Teilnehmer verfügbar waren. Danach sollten die Gruppenmitglieder alle Infos über die Kandidaten sammeln, ‚abchecken‘ und die Qualität des Austausches und des Gruppenleiters bewerten.

Falsche Führungsentscheidungen

Obwohl die Gruppen, die von den narzisstischsten Personen geführt wurden, ihre Leiter als die Effektivsten bewerteten, entschieden diese falsch. Die Gruppen mit den narzisstischsten „Chefs“ wählten den schlechtesten Kandidaten.

Die narzisstischen Führungskräfte hatten eine sehr negative psychologische Wirkung auf die Leistung. Sie hemmten aufgrund von Autozentriertheit und Autoritarismus die Kommunikation, sagte Studienautorin Barbora Nevicka, Ph.D. cand. in Organisationspsychologie in Psychological Science.

Am Arbeitsplatz ist Kommunikation – Teilen von Informationen, Perspektiven und Wissen wesentlich, um gute Entscheidungen zu treffen, sagte Nevicka. In Brainstorming-Gruppen, Projektteams, Kabinettsausschüssen bringt jede Person etwas Neues ein. Das ist der Nutzen von Teams. Das ist das, was gute Ergebnisse schafft.
Die Befunde gelten auch für die Politik, fügte sie hinzu.

Narzissten sind sehr überzeugend, sagte sie. Sie werden eher als führende Politiker, Chefs gewählt. Und darin liegt die Gefahr: Dass die Menschen ja nicht so falsch liegen können in der Einschätzung der Psyche anderer / wie andere sich präsentieren. Sie müssen sich also fragen: Sind die Kompetenzen, die sie vorgeben, valide, oder erscheinen sie lediglich so in den Augen des Betrachters?
Quelle: Psychological Science, Sept. 2011

Wie narzisstische Führungskräfte die Kultur ihrer Organisation infizieren

06.10.2020 Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die fairste im ganzen Land? Die Antwort: nicht die von Narzissten geführten Organisationen.

Eine in Academy of Management Discoveries veröffentlichte Forschungsarbeit zeigt nicht nur den tiefgreifenden Einfluss, den narzisstische Führungskräfte auf ihre Organisationen haben, sondern auch den lang anhaltenden Schaden, den sie ihnen zufügen.

Wie Überträger eines Virus „infizieren“ narzisstische Führungspersönlichkeiten, so die Forscher, die Kultur ihrer Organisationen selbst, was zu einem dramatisch niedrigeren Niveau von Zusammenarbeit und Integrität auf allen Ebenen führt – selbst wenn sie nicht mehr da sind.

In früheren Untersuchungen über toxische Führungskräfte fanden Studienautorin Jennifer Chatman und ihre Kollegen heraus, dass narzisstische CEOs eine dunkle Seite haben, die sich mit der Zeit langsam offenbart.

Ausbeuterisches, egozentrisches Verhalten

Ihr ausbeuterisches, egozentrisches Verhalten unterscheidet sie von den charismatischen, „transformatorischen“ Führern, mit denen sie oft verwechselt werden.

Sie werden auch besser bezahlt als ihre nicht-narzisstischen Kollegen, und es besteht eine größere Kluft zwischen ihrer Bezahlung und der anderer Spitzenmanager in ihren Unternehmen, oft weil sie so gut darin sind, unfairerweise die Anerkennung für die Leistungen anderer in Anspruch zu nehmen.

Narzisstische Führungskräfte verwickeln ihre Unternehmen auch in mehr Gerichtsverfahren, wie die Untersuchungen von Chatman und ihren Kollegen ergeben haben.

Laut Chatman haben narzisstische Führungskräfte Persönlichkeiten, die zutiefst grandios, übertrieben selbstbewusst und unehrlich sind, die die Lorbeeren stehlen und die Schuld auf andere abschieben, so Chatman.

Sie beleidigen ihre Untergebenen, halten sich für überlegen, hören nicht auf Experten, schaffen Konflikte und glauben, dass die Regeln für sie einfach nicht gelten. Sie können bei jedem Anzeichen von Unstimmigkeiten oder Illoyalität in Wut geraten. Es gibt immer ein „Ich“ in ihrer Vorstellung vom Team.

Geringere Kooperationsbereitschaft / weniger Moral

In ihrer jüngsten Arbeit führten Chatman und ihre Kollegen eine Reihe von fünf Experimenten an 1.862 Testpersonen sowie eine Feldstudie durch, an der auch CEOs großer Unternehmen teilnahmen, um die Auswirkungen des schlechten Verhaltens von Narzissten zu untersuchen.

Die Ergebnisse zeigen nicht nur, dass Führungskräfte, die auf der Narzissmus-Skala weit oben stehen, weniger kooperativ / ethisch sind, sondern auch, dass die Kulturen der Organisationen, die sie leiten, weniger kooperativ und moralisch weniger integer sind.

Letztlich zeigten die Forscher genau auf, wie Narzissten weniger kooperative und ethische Verhaltensweisen institutionalisieren und die Moral und Leistung der Mitarbeiter nachhaltig schädigen.

„Der Fisch stinkt vom Kopf her“

Es gibt ein schillerndes Sprichwort, das besagt, dass „Der Fisch vom Kopf her stinkt“ – Mitarbeiter sehen, dass sich Führungskräfte wie Idioten verhalten, und sie werden auch zu Idioten, schreiben die Studienautoren.

Aber es geht nicht einfach darum, den Chef nachzuahmen. „Narzissten schaffen keine Narzissten“, sagt Chatman. Es geht nicht darum, das zu tun, was der Chef tut.

Es geht darum, dass der Führer eine Kultur schafft, die Menschen dazu bringt, weniger ethisch und weniger kooperativ zu handeln, als sie es sonst tun würden, ob sie nun Narzissten sind oder nicht.

Wie Narzissten das Unternehmen infizieren

Narzissten infizieren die Kultur durch die Politik und die Praktiken, die sie direkt beeinflussen oder – häufiger – die sie nicht einführen. Sie entscheiden sich oft gegen strenge Richtlinien, die ethisches Verhalten, Interessenkonflikte und Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen regeln, sowie gegen Praktiken, die Teamarbeit fördern und die Menschen dazu ermutigen, andere mit Höflichkeit und Respekt zu behandeln.

Auf der anderen Seite versäumen sie es häufig auch, Mitarbeiter zu sanktionieren, wenn sie gegen diese gemeinsamen Normen verstoßen. Tatsächlich werden Menschen für weniger ethisches, weniger kooperatives Verhalten belohnt, sagt Chatman.

Vermeidung von narzisstischen Führungspersönlichkeiten

Um narzisstische Führungspersönlichkeiten zu vermeiden, ist eine offensichtliche Lösung, sie einfach nicht einzustellen oder sie aufsteigen zu lassen. Organisationen sollten besondere Maßnahmen ergreifen, um nach diesen Persönlichkeitstypen zu suchen, sagt Chatman.

Ein üblicher Ansatz besteht darin, unangenehme Fragen zu stellen, um negative Verhaltensweisen aus einem breiten Spektrum von Referenzen aufzudecken, nicht nur aus denen, die eine Führungskraft bietet.

Narzissten sind jedoch oft klug genug, um zu erkennen, wer ihr Hohelied singen wird und wer nicht, und sie werden eine selektive Liste von Referenzen vorlegen.

In einigen Fällen sollten Personalberatungsfirmen beauftragt werden, über die Referenzen hinauszugehen und zu versuchen, Informationen aufzudecken, die schwieriger zu finden sind.

Dennoch können gerissene Narzissten manchmal der Entdeckung entgehen, bis sie eine Weile in Stellung sind. Die Verwendung von 360-Grad-Beurteilungen eines breiten Spektrums von Mitarbeitern kann dazu beitragen, selbstverliebte Führungskräfte an die Oberfläche zu bringen, bemerkt Chatman.

Die Saat, die gesät wurde

Chatmans Ergebnisse zeigen, dass, nachdem eine narzisstische Führungskraft fest Fuß gefasst hat, ihre Entlassung nur der erste Schritt zur Wiederherstellung der Organisation ist.

Vorstände können nicht davon ausgehen, dass sie allein durch die Entfernung einer Führungskraft in der Lage sein werden, das Verhalten der Menschen in der Organisation zu ändern, sagt sie.

Die von den Führungskräften mitgestaltete Unternehmenskultur wird immer noch in den Richtlinien und Praktiken verankert sein, die Menschen dafür belohnen, dass sie unkooperativem und unethischem Verhalten Vorrang einräumen. Die Umkehrung dieser Art von Kultur wird explizite Anstrengungen und wahrscheinlich viel Zeit erfordern.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Academy of Management Discoveries

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