Kreativität (Kognitive Fähigkeit, Kontrolle)
Kreative Menschen und die kognitive Kontrolle
03.06.2018 Eine neue im Fachblatt Neuropsychologia veröffentlichte Studie untersuchte die Verbindung zwischen Kreativität und kognitiver Kontrolle – d.h., die Fähigkeit des Geistes, Impulse zu kontrollieren und Entscheidungen zu treffen, die eher auf Zielen statt auf Gewohnheiten oder Reaktionen basieren.
Bild: Bridgesward
Die psychologische Studie zeigt, dass kreativere Menschen nicht mehr oder weniger kognitive Kontrolle ausüben als weniger kreative Menschen.
Dies steht im Widerspruch zu früheren Forschungsarbeiten, die sich bei der Messung der Kreativität auf Labortests und nicht auf reale Leistungen stützten.
Assistenz-Professorin für Psychologie Darya Zabelina und Co-Autor Giorgio Ganis von der Universität Plymouth machten sich daran, die kognitiven Prozesse von Menschen, die in ihrem Leben kreative Erfolge erzielt haben, mit denen von Personen zu vergleichen, die bei Labortests zur Kreativität gut abgeschnitten haben.
Divergentes Denken
Im Laborexperiment maßen die Forscher bei 15 Teilnehmer das „divergente Denken“ anhand einer Aufgabe, bei der die Probanden möglichst viele Probleme aufzählen sollten, die sich daraus ergeben könnten, wenn sie in der Lage wären, in / auf der Luft zu gehen oder zu fliegen, ohne in einem Flugzeug zu sitzen.
Nach der Teilnahme an diesem Test absolvierten die Teilnehmer eine Aufgabe, in der die kognitive Kontrolle oder die Fähigkeit, den Fokus ihrer Aufmerksamkeit zu verlagern, gemessen wurde.
Bessere kognitive Kontrolle
Die Psychologen fanden heraus, dass Teilnehmer, die beim divergenten Denktest eine höhere Punktzahl erzielten, auch eine bessere kognitive Kontrolle aufwiesen, gemessen an ihren Reaktionszeiten und den EEG-Daten.
In einer zweiten Studie ließen die Forscher 39 Teilnehmer den obigen divergenten Denktest machen und erfassten zusätzlich die reale Kreativität.
Die Teilnehmer sollten ihre realen Leistungen in 10 kreativen Bereichen angeben: Bildende Kunst, Musik, Tanz, Architekturdesign, Schreiben, Humor, Erfindungen, wissenschaftliche Entdeckungen, Theater und Film sowie kulinarische Künste.
Dann maßen die Forscher die kognitive Kontrolle auf die gleiche Weise wie im ersten Experiment.
In der zweiten Studie stellten die Psychologen fest, dass Teilnehmer, die auf dem divergenten Denktest gut abgeschnitten hatten, erneut eine größere kognitive Kontrolle aufwiesen.
Verschiedene kognitive Prozesse
Andererseits schnitten Probanden mit höheren kreativen Leistungen in der realen Welt beim Test auf divergentes Denken nicht unbedingt gut ab, und sie wiesen auch keine größere kognitive Kontrolle auf.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Labortests der Kreativität und kreative Leistung in der Praxis mit verschiedenen kognitiven Prozessen in Zusammenhang stehen.
Löchriger Aufmerksamkeitsfilter
In ihrer früheren Arbeit fand die Psychologie-Professorin heraus, dass kreative Menschen in der realen Welt einen „löchrigen“ Aufmerksamkeitsfilter haben, was bedeutet, dass ihr Gehirn mehr sensorische Informationen herein lässt als das Gehirn weniger kreativer Menschen.
Es ist wie ein zweischneidiges Schwert, sagt sie. Viele Informationen können überwältigend und ablenkend sein. Andererseits hilft es kreativen Menschen, Dinge zu bemerken, die andere nicht wahrnehmen.
Zabelina machte deutlich, dass diese Ergebnisse nicht dazu benutzt werden sollten, Kreativität zu pathologisieren. Die kreativen Teilnehmer waren nicht schlecht im Test zur kognitiven Kontrolle, erklärt sie. Vielleicht sind sie einfach besser darin, wenn die Aufgabe interessant ist oder wenn sie mit der Aufgabe zu tun haben.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Neuropsychologia (2018). DOI: 10.1016/j.neuropsychologia.2018.02.014
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