Selbstwertgefühl des Kindes

Selbstwertgefühl, Selbstwert des Kindes

Persönlichkeitspsychologie

Forschung und News, die sich mit dem Selbstwertgefühl, der Selbstwertschätzung bzw. Selbstachtung von Kindern auseinandersetzen.

Selbstwertgefühl des Kindes hängt vom dominierenden Elternteil ab

09.10.2015 Eine aktuelle Studie der University of Sussex legt nahe, dass das Selbstwertgefühl eines Kindes mit dem Verhalten des dominierenderen Elternteils innerhalb der Familie verbunden ist.

Die Forscher untersuchten 125 englische und indische Familien, die in West London lebten. Es ist die erste Studie, die die Auswirkungen der Machtverhältnisstrukturen in der Familie in unterschiedlichen Kulturen auf das kindliche Wohlbefinden (im Alter zwischen 7 und knapp 10 Jahren) zeigt.

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Bild: Gerd Altmann

Unterschiedliche Machtstrukturen

Sie stellten fest, dass englische Kinder eine geringere Selbstachtung hatten, deren Mütter mehr negative Erziehungsmerkmale zeigten – wie Distanziertheit, intrusives Verhalten, laxe Durchsetzung der Disziplin und kontrollierendes Verhalten.

Aber für indische Kinder hatte das Benehmen des Vaters eine größere Bedeutung. Die Kinder in diesen Familien hatten eine geringere Selbstachtung, wenn der Vater negatives Erziehungsverhalten zeigt. Der Zusammenhang war leicht stärker ausgeprägt als in den englischen Familien.

In der oft traditionelleren indischen Kultur haben Mütter eine geringere Position als die Väter sowohl innerhalb als auch außerhalb des Haushalts. Der Vater ist das Oberhaupt der Familie hinsichtlich der Machtverhältnisse und der Durchsetzung der Disziplin.

Diese Unterschiede bleiben oftmals trotz der Immigration erhalten.

In westlichen Kulturen dagegen – obwohl immer noch ein wenig patriarchalisch – spielen Mütter zuhause eine größere Rolle als die Väter und sind oft für häusliche Versorgung und Disziplin verantwortlich.

Studienautorin Dr. Alison Pike vom Fachbereich für Psychologie an der Universität Sussex sagte in der Zeitschrift Journal of Cross-Cultural Psychology, dass Mütter und Väter unterschiedliche Rollen in den verschiedenen Kulturen spielen – die Befunde heben die Wichtigkeit dieser geschlechtsbasierten Machtstrukturen auf den Selbstwert eines Kindes hervor.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Sussex, Journal of Cross-Cultural Psychology; Okt. 2015

Selbstwertgefühl des Kindes: eher durch warmherzige Erziehung als durch überschwängliches Lob

30.09.2017 Kinder entwickeln ein größeres Selbstwertgefühl, wenn ihre Eltern sie warmherzig behandeln. Aber sie entwickeln einen geringeren Selbstwert, wenn ihre Eltern sie mit übertriebenem Lob überschütten.

Diese und weitere Ergebnisse wurden von Eddie Brummelman (Universität Amsterdam) und Sander Thomaes (Universität Utrecht) herausgegeben und werden demnächst in der Zeitschrift Child Development veröffentlicht. In einer Reihe von Artikeln, die jetzt online in der frühen Ansicht verfügbar sind, teilen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Forschungsergebnisse zu den Ursprüngen des Selbstkonzepts bei Kindern.

Ursprünge des Selbstkonzepts bei Kindern

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Bild: Allen Ramos

Wer bin ich und was ist mein Platz in der Welt? Kinder kommen ohne eine Antwort auf diese drängenden Fragen auf die Welt. Wenn sie jedoch aufwachsen, beginnen sie scheinbar mühelos Antworten zu formulieren, schreiben die Forscher.

Innerhalb weniger Jahre erkennen sie sich im Spiegel, beziehen sie ihren eigenen Namen auf sich selbst, sehen sich selbst mit den Augen anderer und begreifen ihre Position in einer sozialen Gruppe.

Das ICH und das Selbst

Untersuchungen von Christina Starmans von der University of Toronto zeigen, dass auch Kleinkinder eine Vorstellung davon haben, was es bedeutet, ein ‚Ich‘ zu haben.

Kleine Kinder sehen das ICH bzw. SELBST als etwas, das einzigartig für eine Person ist, getrennt vom Körper, stabil im Verlauf der Zeit und befindlich innerhalb des Kopfes, hinter den Augen.

Untersuchungen von Andrei Cimpian (New York University) und seinen Kollegen zeigen, dass auch Kleinkinder die kognitive Fähigkeit besitzen, Selbstwertschätzung zu entwickeln (d. h. wie zufrieden sie mit sich selbst als Individuen sind).

Soziale Beziehungen

Im Laufe der Zeit entstehen im Selbstverständnis von Kindern ausgeprägte individuelle Unterschiede. Einige Kinder mögen sich selbst, andere empfinden sich selbst gegenüber negative Gefühle. Einige Kinder sehen sich als überlegen und möchten eine Sonderbehandlung, während andere sich als gleichberechtigt mit anderen betrachten.

Einige Kinder glauben, dass sie wachsen und ihre Fähigkeiten entwickeln können, während andere glauben, dass ihre Fähigkeiten starr und unveränderlich sind.

Woher kommen diese individuellen Unterschiede? Was führt Kinder dazu, sich selbst so zu sehen, wie sie es tun? Überraschenderweise ist über die Ursprünge des Selbstkonzepts von Kindern wenig bekannt, sagte Brummelman.

Es ist wichtig, dass wir mehr Licht in dieses wichtige Thema bringen. Mit dieser Sammlung von Artikeln möchten die Psychologen und Soziologen die neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Thema vorstellen.

Diese Artikel zeigen, dass Kinder ihr Selbstkonzept entwickeln, zumindest teilweise auf der Grundlage ihrer sozialen Beziehungen, so Brummelman weiter.

Wärme

Zum Beispiel zeigen Untersuchungen von Michelle Harris (University of California) und ihrem Team, dass Kinder ein höheres Selbstwertgefühl entwickeln, wenn sie von ihren Eltern Wärme erhalten.

Warmherzige Eltern zeigen Interesse an den Aktivitäten ihrer Kinder und teilen die Freude mit ihnen.

Übertriebenes Lob

Brummelmans eigene Forschungen zeigen, dass Kinder ein geringeres Selbstwertgefühl und manchmal sogar Narzissmus entwickeln können, wenn ihre Eltern ihnen extrem viel positives, übertriebenes Lob aussprechen, wie zum Beispiel „Wow, das hast du unglaublich gut gemacht!“

Derart überschwängliches Loben kann den Kindern ein Gefühl von Grandiosität geben, gleichzeitig aber auch Sorge und Ängste schüren, die in sie gesetzten Standards nicht erfüllen zu können.

Förderung

Frühere Forschungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, eine Wachstumsorientierung zu fördern – die Überzeugung, dass man seine Fähigkeiten durch Anstrengung und Lernen entwickeln kann. Kinder mit einer wachstumsorientierten Grundhaltung sind bereit, Herausforderungen anzunehmen, wenn es hart auf hart kommt und sehen Scheitern als Wachstumschance, schreiben die Studienautoren.

In einem theoretischen Artikel beschreiben Kyla Haimovitz und Carol Dweck (Stanford University), dass Eltern eine Wachstumshaltung fördern können, indem sie Kinder für Anstrengungen statt Fähigkeiten loben (z.B.: „Du hast so hart gearbeitet!“), und indem sie Kindern beibringen, dass Versagen nicht schlimm ist, sondern tatsächlich dem Lernen und Wachstum dient.

Eltern können Kinder ermutigen, sich zu fragen: Warum habe ich eine so schlechte Note bekommen und was kann ich in Zukunft anders machen?

Alle 10 Artikel im Spezialteil untersuchen verschiedene Dimensionen des Selbstkonzeptes von Kindern, einschließlich Selbstwertgefühl, Selbstmitgefühl, Mentalität und Selbstwahrnehmung. Diese Artikel zeigen, dass Kinder ihr Selbstkonzept auf der Grundlage der sozialen Beziehungen, des Feedbacks, der sozialen Vergleiche und der kulturellen Werte, die sie unterstützen, entwickeln. Das unterstreicht die zutiefst soziale Natur des Selbstverständnisses von Kindern, sagt Brummelman.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Amsterdam, Universität Utrecht; Child Development – doi.org/10.1111/cdev.12961; Sept. 2017

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