Wohlwollender / ‚positiver‘ Sexismus
Sexualpsychologie / Sozialspsychologie
Galante Ritterlichkeit: Kinder mit ‚wohlwollenden‘ sexistischen Ansichten haben wahrscheinlich auch negative sexistische Ansichten
23.04.2020 Eine in der Zeitschrift Sex Roles veröffentlichte Studie hat festgestellt, dass Kinder mit scheinbar positiven / „wohlwollenden“ Ansichten (wohlwollender Sexismus) über Frauen wahrscheinlich auch negative haben.
Ihre Ergebnisse zeigen auch Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen dahingehend, wie sich diese sexistischen Ansichten im Laufe der Zeit verändern:
„Feindselige“ sexistische Wahrnehmungen nehmen sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen mit zunehmendem Alter ab, „wohlwollende“ sexistische nehmen hingegen nur bei Mädchen ab.
Galante Ritterlichkeit
Es mag niedlich erscheinen, wenn sich ein Junge gegenüber Mädchen ritterlich verhält oder wenn ein Mädchen vorgibt, eine Prinzessin zu sein, die darauf wartet, dass ein Prinz sie rettet, schreiben die Studienautoren Matthew D. Hammond und Andrei Cimpian, außerordentlicher Professor am Fachbereich Psychologie der New York University.
Oftmals sei dies nur ein Spiel ohne tiefere Bedeutung. Aber diese Verhaltensweisen – auch wenn sie harmlos erscheinen mögen – können ein Zeichen dafür sein, dass Kinder Frauen in einem negativen Licht sehen: als schwach, inkompetent und unfähig, ohne die Hilfe eines Mannes zu überleben oder sich zu entwickeln.
Definition: Wohlwollender Sexismus
Viele verstehen unter dem Begriff „Sexismus“ eine offenkundig negative Haltung gegenüber Frauen, sagen die Psychologen. Dazu könnte die Wahrnehmung gehören, dass Frauen schwach, inkompetent oder übermäßig emotional sind.
Sie stellen jedoch fest, dass es einen anderen Aspekt des Sexismus gibt, der oft übersehen wird – das, was Forscher, insbesondere Susan Fiske und Peter Glick, als „wohlwollenden Sexismus“ bezeichnen.
Dabei handelt es sich um Haltungen, die positiv erscheinen mögen, die aber immer noch Frauen schwächen und bevormunden – zum Beispiel, dass Frauen warm, fürsorglich und rein sein sollten und es verdienen, auf ein Podest gestellt zu werden.
Bild: John Hain
Erwachsene mit sexistischen Ansichten
Frühere Studien haben gezeigt, dass Erwachsene mit sexistischen feindseligen bzw. negativen Ansichten auch solche haben, die wohlwollend bzw. positiv sind.
Weniger klar ist jedoch, ob auch Kinder diese sexistischen Ansichten gleichzeitig vertreten – und ob sich diese Ansichten im Laufe der Kindheit ändern oder nicht.
Kinder mit sexistischen Ansichten
Um dies zu klären, untersuchten die Forscher die Einstellungen von mehr als 200 Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren an zwei Orten: New York City und Urbana-Champaign, Ill. Sie wurden gefragt, ob eine Reihe von Aussagen „richtig“ oder „falsch“ seien.
Die Aussagen umfassten sowohl wohlwollende Ansichten (z.B. „Männer müssen Frauen vor Gefahren schützen“) als auch negative (z.B. „Frauen regen sich über kleine Dinge mehr auf als Männer“).
Bei der Analyse der Zustimmung und Nichtübereinstimmung der Kinder mit diesen Aussagen stellten die Forscher fest, dass Kinder statistisch gesehen unterschiedliche Antwortmuster auf die Aussagen gaben, die feindliche und wohlwollende Ansichten über Frauen ausdrückten.
Wichtig war jedoch, dass sie auch einen Zusammenhang zwischen diesen Arten von Ansichten fanden: D.h., wenn ein Kind einer feindseligen sexistischen Äußerung zustimmte, dann stimmte es wahrscheinlich auch einer wohlwollenden Äußerung zu.
Wenn die Kinder älter werden
Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, dass der feindselige Sexismus bei Kindern sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen mit zunehmendem Alter abnahm.
Der wohlwollende Sexismus nahm jedoch nur bei Mädchen – und nicht bei Jungen – mit zunehmendem Alter ab.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Hammond, M.D., Cimpian, A. Wonderful but Weak: Childrens Ambivalent Attitudes Toward Women. Sex Roles (2020). https://doi.org/10.1007/s11199-020-01150-0
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