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Börsenpsychologie

Psychologie-Lexikon – Wirtschaftspsychologie

Definition: Die Börsenpsychologie ist ein Teilbereich der Wirtschaftspsychologie. Sie erforscht und untersucht Erleben, Wahrnehmung und Verhalten des Menschen im Umgang mit Aktien, Anlagewerten etc an der Börse.

Zusammenhang zwischen Testosteron und Börsenstabilität

20.10.2017 In den USA sind heute die meisten professionellen Börsenhändler junge Männer und neue biopsychologische Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Hormone deren Psyche an der Börse stark beeinflussen.

Laut einer in der Zeitschrift Management Science veröffentlichten psychologischen Studie könnte dies einen signifikanten Beitrag zur Erklärung von Marktschwankungen leisten, da ein hoher Testosteronspiegel dazu führen kann, dass diese Händler zukünftige Aktienkurse überschätzen und ihr Handelsverhalten verändern, was zu gefährlichen Preisblasen und anschließenden Börsencrashs führen kann.

Die Doppelblindstudie bestand aus 140 jungen Männern, die jeweils ein topisches Gel mit Testosteron oder Placebo erhielten, bevor sie an einem experimentellen Kapitalmarkt teilnahmen, auf dem sie Geld- und Briefkurse verbuchen konnten, sowie finanzielle Vermögenswerte kauften und verkauften, um echtes Geld zu verdienen.

Ungünstige Marktschwankungen

Die Wissenschaftler stellten fest, dass in den Gruppen, in denen die Teilnehmer Testosteron erhalten hatten

  • größere Preisblasen entstanden,
  • falsche Preisfestsetzungen länger anhielten,
  • die Marktdynamik sich aufgrund des steigenden Angebots- und Verkaufsvolumens änderte und
  • sich die Wahrnehmung des Kurswertes bei den Börsenteilnehmern änderte, obwohl er während der gesamten Studie angezeigt wurde.

Während die Händler, die das Placebo erhielten, das Verhalten „niedrig kaufen, um hoch zu verkaufen“ zeigten, befolgten diejenigen, die Testosteron erhalten hatten, das Motto „hoch kaufen, um höher zu verkaufen“.

Biopsychologische Faktoren und die Entscheidungsfindung

Diese Forschungsergebnisse legen nahe, dass hormonelle Einflüsse auf die Entscheidungsfindung im beruflichen Umfeld berücksichtigt werden müssen, da biopsychologische Faktoren das Kapitalrisiko verschärfen können, sagt Amos Nadler von der University of Western Ontario.

Empfehlung / Rat

Vielleicht ist die einfachste Empfehlung Cool-Down-Zeiten einzuführen, um außergewöhnlich positive Rückkopplungszyklen zu unterbrechen und den Fokus auf die fundamentalen Bewertungen der Vermögenswerte zu lenken, um die Möglichkeit voreingenommener Entscheidungen zu verringern, schreiben die Wissenschaftler.

Gestützt auf ihre Erkenntnisse raten sie: Professionelle Händler, Anlageberater und Hedgefonds sollten das Risiko junger männlicher Händler begrenzen, so Nadler weiter.

Dies ist die erste Studie, die gezeigt hat, dass Testosteron die Art und Weise verändert, wie das Gehirn den Wert und die Renditen an der Börse berechnet; und infolge veranlasst der neurologische Einfluss des Testosterons Händler dazu, suboptimale Entscheidungen zu treffen, es sei denn, Systeme verhindern, dass sie auftreten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Western Ontario; Management Science – DOI: 10.1287/mnsc.2017.2836; Okt. 2017

Wollen Sie mit Aktien Geld verdienen? Hören Sie niemals auf die Analysten!

09.01.2018 Investoren erwarten an der Börse eher, dass es sich für sie mehr auszahlen würde, wenn sie den Empfehlungen von Aktienanalysten folgen – als wenn sie das genaue Gegenteil tun würden.

Dennoch zeigt die jüngste psychologische Untersuchung von Nicola Gennaioli von der Bocconi Universität und Kollegen, dass der beste Weg für die Erzielung von Börsengewinnen darin besteht, in Aktien zu investieren, die von den Analysten am wenigsten bevorzugt werden.

Analystenmeinung als Kontraindikator

Sie berechneten, dass während der letzten 35 Jahre die Investitionen in die 10% der US-Aktien, die die Analysten am meisten ‚hochgejubelt‘ haben, im Durchschnitt nur 3% pro Jahr Rendite erbracht haben. Im Gegensatz dazu erbrachte die Investition in die 10% der Aktien, die die Analysten am pessimistischsten sahen, sehr viel mehr: Diese erwirtschafteten jedes Jahr erstaunliche 15%.

Gennaioli und Kollegen beleuchten dieses Rätsel mit Hilfe der Kognitionswissenschaften und insbesondere mit Hilfe von Kahneman und Tverskys Konzept der Repräsentativität.

Repräsentativität

Entscheider übergewichten nach dieser Auffassung die repräsentativen Merkmale einer Gruppe oder eines Phänomens. Diese sind definiert als die Merkmale, die in dieser Gruppe häufiger vorkommen als in einer Referenzgruppe an der Basislinie.

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Bild: Gerd Altmann

Nach der Beobachtung eines starken Gewinnwachstums – so die Erklärung – gehen Analysten davon aus, dass das Unternehmen das nächste „Google-Unternehmen“ sein könnte.

„Googles“ sind in der Tat häufiger bei Unternehmen mit starkem Wachstum anzutreffen, was sie repräsentativ macht. Das Problem ist, dass „Googles“ absolut gesehen sehr selten sind. Dies führt dazu, dass die Erwartungen zu optimistisch werden und die zukünftige Performance enttäuscht.

Ein Modell von Aktienkursen, bei dem die psychologischen Überzeugungen der Anleger dieser Logik folgen, kann sowohl qualitativ als auch quantitativ die Überzeugungen der Analysten und die Dynamik der Aktienrenditen an der Börse berücksichtigen.

In ähnlichen Studien zeigten die Autoren bereits, dass dasselbe Modell für Hochkonjunkturen (Boom) und Fehlschläge im Bereich der Kredit- und Zinsspannen verantwortlich ist.

Diese börsenpsychologische Arbeit ist Teil eines vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Forschungsprojektes, dessen Ziel es ist, fundierte Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften zu gewinnen und in ökonomische Modelle zu integrieren. Kahneman und Tverskys Konzept der Repräsentativität steht im Mittelpunkt dieser Bemühungen.

Iren sind rothaarig

In einem klassischen Beispiel neigen wir dazu, die Iren als Rothaarige zu betrachten, weil rote Haare bei den Iren viel häufiger vorkommen als beim Rest der Weltbevölkerung, sagt Prof. Gennaioli. Dennoch sind nur 10% der Iren Rothaarige.

In ihrer psychologischen Arbeit entwickeln sie Modelle der Glaubensentstehung bzw. Entwicklung von Annahmen, die diese Logik verkörpern und untersuchen die Implikation dieser wichtigen psychologischen Kraft in verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel in der Finanzwelt bzw. an der Börse, schreiben sie im Journal of Finance.

Repräsentativität hilft, Erwartungen und Verhalten in verschiedenen Bereichen zu beschreiben, nicht nur auf den Finanzmärkten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Bocconi Universität; Journal of Finance; Jan. 2018

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