Ergebnisse einer Metastudie legen nahe, dass die meisten Schulungen zu impliziter Voreingenommenheit für Gesundheitsdienstleister methodisch mangelhaft sind

22.08.2024 Ein kleines Team von Psychologen und Fachleuten des öffentlichen Gesundheitswesens von der University of Virginia, der Virginia Commonwealth University, der Old Dominion University und der University of Wisconsin-Madison hat durch die Analyse von Daten aus mehreren Studien herausgefunden, dass die meisten Schulungsmaßnahmen zu impliziter Voreingenommenheit methodische Mängel und Lücken in der Umsetzung aufweisen, die ihre Integrität beeinträchtigen.
In ihrer in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichten Arbeit stellt die Gruppe fest, dass es kaum wissenschaftliche Belege dafür gibt, dass solche Trainingsprogramme zu einer Verringerung der Voreingenommenheit führen.
Implizite Voreingenommenheit ist definiert als eine Art erlerntes Stereotyp, das für eine bestimmte Person automatisch, in der Regel assoziativ, unbeabsichtigt und normalerweise tief verwurzelt ist.
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass ein implizites Vorurteil das Verhalten beeinflussen kann, z. B. dass man schwarzen schwangeren Frauen in Gesundheitseinrichtungen weniger Aufmerksamkeit schenkt, weil man unbewusst und stereotyp davon ausgeht, dass schwarze Frauen eher dazu neigen, sich zu beschweren, wenn sie „normale“ Probleme haben. Es hat sich gezeigt, dass solche Verhaltensvorurteile bei schwarzen Frauen zu einem höheren Prozentsatz an ungünstigen Ergebnissen während der Schwangerschaft und der Geburt führen als bei weißen Frauen.
In den letzten Jahrzehnten hat die Gesundheitsbranche implizite Voreingenommenheit untersucht und als problematisch eingestuft. Daher hat sie versucht, Voreingenommenheit in der Gesundheitsversorgung durch sogenannte „implizite Voreingenommenheitstrainings“ zu bekämpfen.
In dieser neuen Studie fand das Forscherteam Hinweise darauf, dass viele dieser Trainingsprogramme Techniken verwenden, die keine wissenschaftliche Grundlage haben, ein Ergebnis, das laut den Forschern darauf schließen lässt, dass viele Institutionen oder Einrichtungen des Gesundheitswesens das Problem nur mit Lippenbekenntnissen ansprechen, anstatt zu versuchen, es zu lösen.
Die Forscher analysierten 77 Studien, die zwischen Januar 2003 und September 2022 durchgeführt wurden und sich mit der Schulung von Mitarbeitern im Gesundheitswesen zu impliziten Vorurteilen befassten. Dabei untersuchten sie, wie die Voreingenommenheitstrainings konzipiert und durchgeführt wurden, ob es Lücken in der Wissensübersetzung gab und wenn ja, ob diese die Zuverlässigkeit und/oder die Gültigkeit des Trainings beeinträchtigten.
Die Ergebnisse zeigten, dass es in den Studien kaum wissenschaftliche Belege für derartige Bemühungen gab. Sie fanden auch wenig Anhaltspunkte dafür, dass solche Schulungsmaßnahmen irgendeine sinnvolle Auswirkung auf die geschulten Personen haben – sie fanden keine messbaren Auswirkungen auf die Verhaltensänderungen von Personen, die an impliziten Schulungsprogrammen teilgenommen hatten.
© Psylex.de – Quellenangabe: Science Advances (2024). DOI: 10.1126/sciadv.ado5957