Verhaltenstherapie bei ADHS
Hyperkinetische Störungen / Aufmerksamkeitsdefizitstörungen
Verhaltenstherapie als Erstlinientherapie bei Kindern mit ADHS?
Aktuell werden meist Medikamente als Therapie der 1. Wahl (also als First-Line-Therapie) eingesetzt; doch ist dies der bessere Ansatz?
21.02.2016 Forscher der Florida International University haben untersucht, welche Behandlungsform – Verhaltenstherapie oder Methylphenidat (Handesname ist z.B. Ritalin) – wirksamer und kostengünstiger bei der Behandlung von Kindern mit ADHS ist.
Die Ergebnisse zeigen u.a., dass Stimulanzien am wirksamsten als ergänzende oder Second-Line-Behandlung für diejenigen waren, die sie benötigten, und in niedrigeren Dosen als sie normalerweise verschrieben wurden.
Verhaltenstherapeutischer Ansatz vs. Methylphenidat
Die einjährige Studie mit 146 Kindern mit ADHS im Alter zwischen 5 und 12 Jahren wurde von William E. Pelham Jr. geleitet. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt eine niedrige Methylphenidat-Dosis. Die andere Hälfte erhielt kein Medikament, sondern erlernten Techniken zur Verhaltensveränderung (unterstützt von den Eltern) basierend auf einem System von Belohnungen und Konsequenzen aus der Verhaltenstherapie.
Wenn ein Kind nach zwei Monaten keine Verbesserungen zeigte, erhielt es randomisiert eine intensivere Version derselben Behandlung oder eine Zusatzbehandlung, wie eine Tagesdosis Methylphenidat (ein Generikum von Ritalin) zusätzlich zur Verhaltensmodifikation. Die Studie ist die erste ihrer Art, die im Feldversuch die Behandlungsform während der Behandlung änderte, und die Auswirkungen untersuchte.
Abfolge der Behandlungen
Die in der Zeitschrift Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass die Abfolge der Behandlungen einen großen Unterschied bei den Resultaten ausmachte, sagte Pelham. „Die Kinder, die mit Verhaltensmodifikation begannen, zeigten am Ende eine deutlich größere Verbesserung als diejenigen, die gleich mit Methylphenidat anfingen, ganz gleich mit welcher Behandlungskombination sie die Behandlung beendeten.“
Kostenrentabilität der Verhaltensintervention
Die zweite Studie untersuchte die Kostenrentabilität von Verhaltensintervention als First-Line-Therapie bei ADHS. Geleitet von Tim F. Page verglich diese Studie die Kosten der verschiedenen Behandlungsabfolgen: sowohl die Kosten der Behandlung als auch die Zeit, die von Eltern und Ärzten investiert worden ist.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Kosten eines verhaltenstherapeutischen Ansatzes ungefähr um 700 US-Dollar geringer waren als die jährlichen Ausgaben bei einer Medikamentenbehandlung als erste Behandlungsoption.
„Frühere Arbeiten hatten festgestellt, dass Medikation günstiger als Verhaltenstherapie ist“, sagte Page. Jedoch waren diese Studien noch vor der Einführung von Medikamenten mit extended release (verlängerter Freisetzung) – also sehr teuren – Medikamenten durchgeführt worden.
„Unsere Studie zeigt, dass durch die Kosten der neuen Medikamente es nicht mehr stimmt, dass eine Medikation billiger als Verhaltenstherapie ist.“
Wenn größere Studien diese Ergebnisse replizieren können, könnte die Wirksamkeit dieses Ansatzes (Verhaltenstherapie als 1. Wahl) das Standardverfahren revolutionieren, schlossen die Forscher.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Florida International University, Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology; Feb. 2016
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