Soziale Angst, Phobie und Kritik

Menschen mit sozialer Angststörung reagieren auf Kritik besonders empfindlich

17.03.2018 Menschen mit einer sozialen Angststörung (Fachausdruck: Soziale Phobie) internalisieren Kritik eher als Menschen ohne diese Angsterkrankung laut einer im Fachblatt Emotion veröffentlichten Studie.

Verinnerlichung von negativem Feedback

Die Psychologen um Leonie Koban von der Universität Colorado Boulder fanden heraus: Während „gesunde“ Erwachsene eher eine „positive Voreingenommenheit“ zeigten (sie verinnerlichten eher positives Feedback), demonstrierten Menschen mit sozialer Phobie eher eine „negative Neigung“ (sie internalisierten eher negatives Feedback).

viele augen blicke
Bild: Gerd Altmann

Darüber hinaus beeinflussten positive und negative Verzerrungen die Selbstwahrnehmung der Menschen noch Monate nach der ursprünglichen Kritik.

Psychologen wissen, dass Menschen mit sozialen Ängsten negatives Feedback eher aufnehmen als positives, und sie wollten nun herausfinden, warum das so ist.

Beeinflussung des Selbstwertgefühls

Die Studie konzentrierte sich in erster Linie auf die Frage, wie soziale Ängste das Selbstwertgefühl beeinflussen. Selbstwertgefühl, erklärt Koban, ist das, was wir im Moment im Hinblick auf uns selbst empfinden. Es kann sich mit der Zeit ändern, wenn wir positives und negatives Feedback erhalten.

Menschen mit sozialer Angststörung fürchten soziale Interaktionen, z.B. öffentliche Reden halten oder auch Gespräche in kleineren Gruppen (mit Unbekannten) führen. Menschen, die unter sozialer Angst leiden, neigen dazu, ein geringes Selbstwertgefühl und wenig Selbstvertrauen zu haben.

In der Studie haben 56 Erwachsene – 21 von ihnen litten unter sozialer Phobie – eine kurze Rede vor einer Jury gehalten. Jeder Proband erhielt Feedback zur Rede und bewertete anschließend sich selbst.

Positivitäts-Verzerrung zur Eigenwahrnehmung

Die Positivitäts-Bias (positive Verzerrung der Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten und des eigenen Ansehens) konnte schon früher bei Menschen festgestellt werden, erklärt Koban. Die meisten Menschen denken, dass sie bessere Fahrer sind als der Durchschnitt, oder dass sie länger als der Durchschnitt leben werden, aber die Psychologen konnten zeigen, wie dies das Selbstwertgefühl gesunder Menschen verbessert.

Die Studie stützt damit die Hypothese der Forscher, dass Menschen mit sozialer Phobie ihre selbstgelenkten Gefühle und ihre Selbstwahrnehmung im größeren Umfang aktualisieren, wenn sie auf negative statt auf positive Kritik reagieren, wohingegen gesunde Erwachsene die entgegengesetzte Tendenz zur Aktualisierung zeigen würden.

Die sozial Ängstlichen können aus dem Feedback lernen und ihr Selbstwertgefühl aufbauen, aber negative Kritik schadet ihrem Selbstbild weitaus deutlicher.

Selbstvertrauen-Interventionen

Zukünftige Forschung könnte untersuchen, ob die negativ verzerrte Wahrnehmungstendenz ein Effekt sozialer Angst ist. Koban deutet darauf hin, dass Menschen mit anderen Formen der Angst auch ähnliche Ergebnisse zeigen könnten. Das Psychologen-Team hat noch nicht abschließend untersucht, wie man negative Vorurteile umkehren kann. Sie arbeiten auch daran, was sie „Selbstvertrauen-Interventionen“ nennen, aber sie haben die Daten noch nicht analysiert.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Colorado Boulder; Emotion – http://dx.doi.org/10.1037/emo0000296

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