Depression und das Gedächtnis

Optimismus, Pessimismus und depressive Symptome:
Das Arbeitsgedächtnis spielt eine wichtige Rolle

28.11.2016 Das Arbeitsgedächtnis – die Fähigkeit des Gedächtnisses, Informationen gleichzeitig mit der Speicherung zu bearbeiten – kann eine wichtige Rolle beim Umgang mit negativen Lebensereignissen spielen laut einer im Journal of Applied Cognitive Psychology veröffentlichten Studie der University of North Florida.

Die Forschungsarbeit von Dr. Tracy Alloway und John Horton vom Fachbereich für Psychologie ist eine der ersten, die die Rolle des Arbeitsgedächtnisses im Zusammenhang mit Depression und der Disposition zum Optimismus bzw. Pessimismus untersucht.

Funktion bei der Emotionsregulation

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Bild: Gerd Altmann

Frühere Forschungsarbeiten, die die Funktion des Arbeitsgedächtnisses bei der Emotionsregulation untersuchten, haben herausgefunden, dass Menschen mit klinischer Depression Probleme haben, irrelevante negative Informationen zu unterdrücken, während diejenigen mit einem guten Arbeitsgedächtnis in der Lage sind, negative Emotionen zu ignorieren, sagte Alloway.

In der aktuellen Studie wollten die Forscher untersuchen, ob es ein ähnliches Muster bei gesunden Erwachsenen im Laufe des Lebens gibt.

Die Psychologen befragten dazu mehr als 2.000 nicht-klinische Freiwillige im Alter zwischen 16 und 79 Jahren aus einem breiteren demografischen Bereich. Sie erfassten über Tests die Ausprägung des Arbeitsgedächtnisses, und den dispositionellen Optimismus, um herauszufinden, ob sie normalerweise optimistisch sind, eine positive Einstellung gegenüber zukünftigen Ereignissen hätten, oder normalerweise eher pessimistischer waren und von fatalistischeren Resultaten ausgingen.

Einflussfaktoren

Es gab drei Hauptergebnisse.

  1. Das Alter ist eine der wichtigen Vorhersage-Variablen, wie pessimistisch wir sind. Jüngere Teilnehmer (späteres Teenageralter und 20er Jahre) hatten höhere Pessimismus-Werte im Vergleich zu den älteren Teilnehmern. Fast 20 Prozent der individuellen Unterschiede bei pessimistischen Aussichten wurden durch das Alter erklärt.
  2. Eine pessimistische Sichtweise sagte Depression vorher. Fast 85 Prozent derjenigen, die sich depressiv fühlten, hatten negative Ansichten über die Zukunft. Sie glaubten, dass, „Wenn etwas für mich schief gehen könnte, dann wird es das auch“, und „Ich erwarte fast nie, dass etwas klappt.“
  3. Ein starkes Arbeitsgedächtnis kann die Aufmerksamkeit auf ein positives Resultat refokussieren. Das Arbeitsgedächtnis sagte die Disposition zum Optimismus der Teilnehmer voraus. Ein starkes Arbeitsgedächtnis kann einer pessimistischen Auffassung entgegentreten und sich auf eine optimistische Perspektive konzentrieren.

Disposition zum Optimismus/Pessimismus

Die Ergebnisse zeigen, dass die Disposition zum Optimismus unsere Perspektive bestimmt, und ob wir depressiven Symptomen erliegen, fassten die Psychologen zusammen. Teilnehmer, die pessimistischer waren, berichteten über eine stärkere Depressivität.

Menschliches Verhalten ist Ziel-orientiert, und wenn wir einem Hindernis begegnen, das uns daran hindert, unser Ziel zu erreichen, können wir entweder mit einer pessimistischen Einstellung oder mit einer optimistischeren reagieren, bemerkte Alloway.

‚Negativity Bias‘ – Negativitätsneigung

Gemäß der ‚Negativity Bias‘ (Negativitätsneigung bzw. Verzerrung: also Sensitivität für negative Stimuli) richtet der Default-Mode seine Aufmerksamkeit auf negative Reize, weil es das Überleben sichern will.

Zum Beispiel, wenn sich die Stimuli einer Schlange und einer Blume auf dem Boden befinden, kümmert man sich um die Schlange, und nicht um die Blume, um eine potenziell lebensbedrohende Situation zu vermeiden.

Laut Alloway kann ein starkes Arbeitsgedächtnis die Aufmerksamkeit auf ein positives Ergebnis wiedereinstellen (refokussieren) – die Ergebnisse zeigen, dass diese Gedächtnis-Art den dispositionellen Optimismus der Teilnehmer voraussagte.

Ein gutes Arbeitsgedächtnis kann einer pessimistischen Einstellung entgegentreten, sagte sie. Das sind gute Nachrichten – besonders für jüngere Personen, die mit höheren Pessimismus-Werten aufwarten, schloss sie.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of North Florida, Journal of Applied Cognitive Psychology – DOI: 10.1002/acp.3272; Nov. 2016

Schlechtere Gedächtnisfunktionen in der Lebensmitte durch mehrere depressive Episoden

29.03.2019 Eine Längsschnittstudie von Psychologen der Universität Sussex hat einen klaren Zusammenhang zwischen Depressionen und Ängsten bei Erwachsenen in den 20er, 30er und 40er Jahren und einer Abnahme der Gedächtnisfunktionen bis zum Alter in den 50er Jahren festgestellt.

Die im British Journal of Psychiatry publizierte Forschungsarbeit analysierte die Daten von über 18.000 Babys (geboren 1958) und verfolgte die Teilnehmer von der Geburt über die Kindheit bis zum Erwachsenenalter. Die Psychologen fanden heraus, dass Depressionssymptome in den drei Jahrzehnten einen starken Indikator für eine lineare Abnahme des Gedächtnisses bis zum Alter von fünfzig Jahren lieferte.

Die Wissenschaftler um Amber John fanden heraus, dass eine Episode von Depression oder Angst wenig Einfluss auf die Gedächtnisfunktion von Erwachsenen in der Lebensmitte hatte, unabhängig vom Jahrzehnt. Aber erhöhten sich die depressiven Episoden im Laufe der drei Jahrzehnte auf zwei oder drei, prognostizierte dies einen stetigen Rückgang der Gedächtnisfähigkeit bis zum Alter von ca. 50 Jahren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: British Journal of Psychiatry – https://doi.org/10.1192/bjp.2019.24

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